# taz.de -- Feldbesetzung: Protest gegen Gen-Rüben | |
> Umweltschützer aus Hessen blockieren einen Aussaatversuch des | |
> Pflanzenzuchtkonzerns KWS - bis die Polizei die angeketteten Besetzer | |
> losschneidet. | |
Bild: Erfahrene Blockierer: Die Gentechnikgegner aus Witzenhausen kämpfen gege… | |
Die Besetzer kommen vor dem Morgengrauen. Gegen vier Uhr entern rund 20 | |
junge Leute mit Wasserkanistern, Lebensmitteln, Feuerholz ein Versuchsfeld | |
für gentechnisch manipulierte Rüben bei Wetze im niedersächsischen Kreis | |
Northeim. Mit Beton gefüllte Fässer werden auf den Acker gerollt. Die | |
Demonstranten sind Agrarstudenten, Bio-Landwirte und Gärtner aus dem | |
nordhessischen Witzenhausen - sie kämpfen seit Jahren gegen | |
Gentechnik-Experimente des Pflanzenzuchtkonzerns KWS Saat AG aus Einbeck. | |
Nur anderthalb Stunden nach Beginn der Besetzung beginnen KWS-Mitarbeiter | |
auf einem anderen Teil des etwa 50 Hektar großen Geländes mit der Aussaat | |
der gentechnisch veränderten Rüben. Die Umweltschützer rennen über den | |
Acker und formieren sich zu einer Sitzblockade vor dem Trecker, der eine | |
Sähmaschine zieht. Einige klettern auf das Fahrzeug. "Wir waren und sind | |
fest entschlossen die Gentechnikversuche der KWS Saat AG zu verhindern", | |
ruft Gemüsegärtner Daniel Brand vom Dach eines Treckers. | |
Doch die Gegenseite ist logistisch gut gerüstet. Bereits um sieben Uhr hat | |
die KWS eine zweite Drillmaschine vor Ort, eingetroffene Polizisten sichern | |
die Aussaat. Andere Beamte holen die Besetzer von der blockierten Maschine | |
und stellen ihre Personalien fest. Ihnen drohen nun Verfahren wegen | |
Nötigung. "Es gab keine Gewalt, alles verläuft friedlich", sagt Northeims | |
Polizeisprecher Uwe Falkenhain. | |
Am späten Vormittag meldet KWS-Sprecherin Sabine Michalek: "Der Versuch ist | |
komplett ausgesät." Das Versuchsfeld sei eingezäunt und werde von der | |
Polizei bewacht. "Eine kleine Gruppe Witzenhäuser Studenten hat versucht, | |
die Aussaat zu behindern." Trotz einer Aufforderung, das KWS-Areal zu | |
verlassen, wollen die Gentechnik-Gegner aber nicht weichen. | |
Bereits in den vergangenen Jahren hat es in der Region immer wieder | |
Proteste gegen die Aussaat gentechnisch veränderter Rüben gegeben. Vor zwei | |
Jahren hielten Witzenhäuser 17 Tage lang ein Versuchsfeld besetzt. Eine | |
Besetzung im Jahr 2009 wurde von der Polizei am selben Tag beendet. Seit | |
2009 halten die Agrarwissenschaftler Aktien der KWS. Sie nutzen ihr | |
Stimmrecht in den Hauptversammlungen dazu, unangenehme Fragen an den | |
Vorstand zu richten. | |
"Als Gemüsegärtner sehe ich mich durch Gentechnik-Versuche in meiner | |
Existenz bedroht", sagt Brand. Aus seiner Sicht bringt die so genannte | |
Grüne Gentechnik keinerlei Nutzen für Mensch und Natur. Und sie zerstöre | |
die Artenvielfalt und zwinge Landwirte in die Abhängigkeit von | |
Gentechnik-Konzernen. | |
Die KWS, eines der weltweit führenden Unternehmen in der konventionellen | |
wie gentechnischen Pflanzenzüchtung, sieht das anders. Firmensprecherin | |
Michalek bezeichnet den Versuch als "Forschung zum Anbauverhalten von | |
herbizidtoleranten Zuckerrüben unter praxisnahen Bedingungen". Die Züchtung | |
neuer Sorten dauere 10 bis 15 Jahre. "Was heute nicht erforscht wird, steht | |
den Märkten von morgen nicht zur Verfügung." | |
Am späten Vormittag beschließen die Gentechnikgegner, dass der Acker trotz | |
der erfolgten Aussaat besetzt bleiben soll. Vier Umweltschützer ketten sich | |
an die Tonnen mit Beton. Erst nach Stunden trifft ein Technik-Zug der | |
Polizei ein. Die Beamten wollen die Besetzer losschneiden. | |
9 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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