# taz.de -- Klimaschutz bei Vattenfall: Hunger nach Holz | |
> Der Stromkonzern will statt Kohle zunehmend Holz in seinen Kraftwerken | |
> verfeuern - mehr als die Wälder Brandenburgs hergeben. Jetzt plant | |
> Vattenfall eigene Plantagen im Umland und Importe aus Liberia. | |
Bild: Wald | |
Vattenfall muss auf Holz aus anderen Staaten zurückgreifen, um die Strom- | |
und Wärmeversorgung Berlins zu sichern. Entwicklungs- und | |
Umweltorganisationen fordern, dass der Konzern dabei Umwelt- und | |
Sozialstandards einhält. Diese Kriterien werden allerdings gerade erst | |
erarbeitet, sagte Unternehmenssprecher Hannes Hönemann der taz. Michael | |
Schäfer (Grüne) fordert: "Vattenfall darf keine weiteren Holzverträge | |
abschließen, bevor es solche Kriterien gibt." | |
Vattenfall verursacht in Berlin rund 7,5 Millionen Tonnen des Klimakillers | |
CO2 pro Jahr, das ist etwa ein Drittel des Gesamt-CO2-Ausstoßes in der | |
Stadt. Im vergangenen Jahr hatte der Stromkonzern entschieden, auf den | |
Neubau eines klimaschädlichen Kohlekraftwerks an der Rummelsburger Bucht in | |
Lichtenberg zu verzichten und stattdessen klimafreundlichere Biomasse zu | |
verbrennen. Anders als zunächst angedacht kann das Unternehmen dabei nicht | |
auf Holz aus einem Umkreis von 200 Kilometern zurückgreifen. Vattenfall | |
wollte Baumkronen, Stümpfe oder Äste verfeuern - Restholz, das für andere | |
Zwecke nicht gebraucht wird. | |
Doch davon gibt es in der Region laut groben Schätzungen 100.000 Tonnen pro | |
Jahr. Der Konzern benötigt ab 2016 aber insgesamt 1 Million Tonnen. Denn | |
auch in zwei Kraftwerken in Spandau sowie in Moabit will Vattenfall einen | |
Teil der verfeuerten Kohle durch Holz ersetzen. | |
Daher sollen in der Region auch Plantagen mit schnell wachsenden | |
Energiewäldern entstehen - zum Beispiel auf ehemaligen Tagebauen oder | |
brachliegenden Feldern. Den Rest will das Unternehmen auf dem | |
internationalen Markt einkaufen. Mit dem liberianischen Unternehmen | |
Buchanan Renewables Fuel wurde über die Lieferung von 1 Million Tonnen Holz | |
über den Zeitraum von fünf Jahren vereinbart. Die Bäume der | |
Gummibaumplantagen "wurden bisher als Abfall angesehen und auf den Feldern | |
verbrannt", sagt Göran Lundgren, Leiter der Biomasse-Abteilung des Konzerns | |
in Stockholm. Noch wird dieses Holz nicht nach Berlin geliefert, das ist | |
zur Deckung der bisherigen Kapazitäten nicht nötig. | |
Für den Holzeinkauf gibt es - anders als bei flüssiger Biomasse für | |
Biodiesel - noch keine von der EU vorgegebenen Umweltkriterien. Michael | |
Schäfer, klimaschutzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, meint: "Wir | |
wollen, dass die Nutzung von Biomasse eine Erfolgsgeschichte für Vattenfall | |
und für Berlin wird." Deshalb dürfe das Unternehmen die Akzeptanz des | |
klimafreundlicheren Energieträgers Holz nicht durch zu lasche | |
Einkaufskriterien gefährden. Umwelt- und entwicklungspolitische Verbände | |
müssten bei der Entwicklung der Kriterien einbezogen werden. Bis dahin | |
solle das Unternehmen keine neuen Verträge mehr abschließen. | |
Vattenfall-Sprecher Hönemann sagte der taz, das Unternehmen wolle beim | |
Holzeinkauf "keine Kritik auf sich ziehen". Die Kriterien würden jetzt erst | |
erstellt, da das Unternehmen bisher noch keine großen Holzmengen eingekauft | |
habe. Das Ziel: Der Regenwald soll geschont, Ausbeutung verhindert und der | |
CO2-Ausstoß verringert werden. Neue Holzplantagen sollen nicht auf Flächen | |
entstehen, auf denen bisher Nahrung angebaut wird. | |
"Wir werden das kritisch verfolgen", kündigt László Maráz an, Koordinator | |
der Plattform Nachhaltige Biomasse, eines Verbandes von rund 20 Umwelt- und | |
Entwicklungsorganisationen. Noch wichtiger sei es, dass die EU verbindliche | |
Kriterien entwickelt, die dann für alle größeren Holzverbrenner | |
verpflichtend sind. | |
12 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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