# taz.de -- Zum Rücktritt Mixas ++korrigiert++: Er schleicht sich | |
> "Gebärmaschine", "Kindergeld", "68er" - Bischof Mixa hielt mit seiner | |
> Meinung selten hinterm Berg. Jetzt verabschiedet sich der größte Polterer | |
> der katholischen Kirche fast still. | |
Bild: Demut hat er nicht oft bewiesen. | |
++++++KORREKTUR+++++In diesem Artikel wurde der Münchner Erzbischof | |
Reinhard Marx falsch zitiert. Die taz zitierte Reinhard Marx mit den | |
Worten: "Es ist eine Erleichterung für die katholische Kirche in | |
Deutschland." Marx hat diesen Satz jedoch nie gesagt, er stammt von dem | |
CSU-Politiker Alois Glück. Stattdessen sagte Marx auf die Frage hin, ob er | |
über den angebotenen Rücktritt von Mixa erleichtert sei: "Erleichterung ist | |
nicht das richtige Wort. Es geht um einen Mitbruder im Bischofsamt, der | |
Vorgang schmerzt. Mehrere Bischöfe haben in den letzten Tagen und Wochen | |
versucht, Bischof Mixa zu raten, sich doch aus der Öffentlichkeit | |
zurückzuziehen, bis die Dinge geklärt sind. Jetzt hat er die Entscheidung | |
gefällt, seinen Rücktritt dem Papst anzubieten. Insofern geht es jetzt | |
darum, mit dem Bistum einen guten gemeinsamen Weg zu finden. Deshalb hoffe | |
ich, dass das Bistum Schritt für Schritt auf einen guten weiteren Weg | |
geht." Die taz entschuldigt sich bei Herrn Marx ausdrücklich für den | |
Fehler.++++++++ | |
So kraftvoll Walter Mixa gerne auftrat, so laut und erbarmungslos er auf | |
seine Gegner losging, so leise wirken die knappen Zeilen, mit denen sich | |
der Augsburger Bischof in der Nacht auf Donnerstag aus seinem Amt | |
verabschiedete: "Alle, zu denen ich ungerecht gewesen sein mag, und alle, | |
denen ich Kummer bereitet habe, bitte ich heute noch einmal um Verzeihung." | |
Dem Papst schickte er einen Brief, in dem er seinen Rücktritt vom Amt des | |
Augsburger Bischofs und des Militärbischofs der Bundeswehr anbot. Mixa ließ | |
alle öffentlichen Termine absagen. Dann verabschiedete er sich in den | |
Urlaub. Jetzt muss der Papst entscheiden, ob er den Rücktritt annimmt. | |
Man könnte meinen, das abrupte Ende einer so prominenten katholischen | |
Karriere würde in Kirche und Politik Bedauern auslösen. Doch wer sich am | |
Donnerstag auch zu Mixas Rücktritt äußerte, besonders nachzuweinen scheint | |
dem schwäbischen Kirchenfürsten kaum jemand. | |
"Es ist immer ein schmerzlicher Vorgang, das ist klar", sagt der Münchner | |
Erzbischof Reinhard Marx über den Rücktritt. "Insofern ist Erleichterung | |
sicher nicht das richtige Wort", stellt er im Gespräch mit der taz fest. | |
Und beschreibt dann noch einmal den Druck, den auch er gegen Mixa aufgebaut | |
hatte: "Mehrere Bischöfe haben in den letzten Tagen und Wochen versucht, | |
ihm zu raten, sich doch aus der Öffentlichkeit zurückziehen, bis die Dinge | |
geklärt sind." Jetzt gehe es darum, mit dem Bistum einen guten gemeinsamen | |
Weg zu finden. Bedauern klingt anders. | |
"Es ist eine Erleichterung für die katholische Kirche in Deutschland", | |
meinte gar der Vorsitzende des Zentralkomitees der Katholiken, Alois Glück. | |
CSU-Politiker Thomas Goppel, Sprecher der christsozialen Katholiken, nannte | |
den Rücktritt "spät". "Dieser schwere Schritt verdient Respekt", erklärte | |
immerhin der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch. | |
Dass ein einzelner Bischof es schafft, sich bei seinen eigenen Leuten | |
derart unbeliebt zu machen, ist einigermaßen beispiellos. An seinen | |
Ansichten dürfte es kaum gelegen haben. Mixa gab sich stets papsttreu, war | |
kritisch gegenüber innerkirchlichen Reformen und ein entschiedener Gegner | |
der Abtreibung. Damit predigte er ziemlich genau das nach, was der Vatikan | |
vorschrieb. Doch Mixa beließ es nie beim Predigen. | |
Am liebsten verbreitete er das, woran er glaubte, in Interviews und | |
Talkshows. Andere konservative Spitzenkatholiken, wie etwa der umstrittene | |
Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, wettern gerne gegen die Medien. | |
Mixa dagegen spielt mir der medialen Sensationslust. Er lieferte | |
wohlkalkulierte Zuspitzungen und wurde zu Deutschlands führendem | |
Talkshow-Bischof. | |
Als die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen sich für mehr | |
Kindertagesstätten einsetzte, polterte Mixa, sie degradiere Frauen zu | |
"Gebärmaschinen". Mixa wurde zu "Sabine Christiansen" eingeladen und | |
erklärte dort, das Wort "Gebärmaschine" sei aus dem Zusammenhang gerissen. | |
Robert Zollitsch, der deutsche Oberbischof, wollte an der Abtreibungskritik | |
nichts Schlimmes finden. | |
Ende März wandten sich frühere Heimkinder aus dem Jugendhilfezentrum St. | |
Josef im bayerischen Schrobenhausen an die Öffentlichkeit. Mixa war in den | |
70er und 80er Jahren als Pfarrer in Schrobenhausen für das Jugendheim | |
zuständig gewesen. Die heute erwachsenen Heimkinder berichteten, Mixa habe | |
sie geschlagen - mit der Hand, einem Stock, sogar einem Teppichklopfer. | |
Mixa reagierte wie immer: Er ging in die Offensive und schaltete die Medien | |
ein. Er drohte den Opfern mit rechtlichen Schritten und ließ mitteilen, die | |
Vorwürfe seien "unwahr und offenbar in der Absicht erfunden, den Bischof | |
persönlich zu diffamieren". In einem Interview mit der Bild am Sonntag | |
sagte Mixa, er habe ein "reines Herz". Das war am 4.April. Keine zwei | |
Wochen später gab er zu, er könne die "ein oder andere Watschn vor zwanzig | |
Jahren natürlich nicht ausschließen." | |
Währenddessen stieß ein Sonderermittler der für das Jugendheim zuständigen | |
Waisenhausstiftung auf merkwürdige Abrechnungen aus Mixas Zeit als | |
Stadtpfarrer: Offenbar hatte Mixa zehntausende Euro aus der Kasse der | |
Stiftung abgezweigt, um davon Kunstwerke, Teppiche oder Wein zu kaufen. | |
Allein für einen Kupferstich soll Mixa 43.000 Mark aus dem Waisenhaus-Etat | |
ausgegeben haben. Mixas Sprecher erklärte, der Bischof habe nicht unrecht | |
gehandelt. Da hatte die Kirche die Geduld schon verloren. Vor allem der | |
Münchner Erzbischof Marx drängt nach den Missbrauchsskandalen auf Offenheit | |
und Aufklärung. | |
Sieht er die Rücktrittserklärung nun als einen Befreiungsschlag? "Das ist | |
ja eine grundsätzliche Frage", sagt Marx. "Da sind wir in der Aufarbeitung | |
noch drin. Auch was das, als Bischof gesagt, für den Weg der Kirche | |
bedeutet oder welchen Anruf, welche geistliche Herausforderung da drin | |
steckt. Das hängt nicht an dieser Personalie." Die Diskussion werde weiter | |
gehen - "insgesamt in der Gesellschaft, aber wir müssen unsere Hausaufgaben | |
auch machen." Er ist zuversichtlich, dass die Kirche aus der Aufklärung | |
solcher Skandale gestärkt hervorgehen kann, wenn sie sich stellt: "Das ist | |
natürlich meine Hoffnung immer." | |
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23 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
B. Hübner | |
P. Gessler | |
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