# taz.de -- Unternehmer in Italien verhaftet: Ein Schlag gegen die Ausbeuter | |
> Im Rahmen der Operation "Migrantes" nehmen Carabinieri im | |
> süditalienischen Rosarno 31 Personen wegen Sklavenarbeit fest. | |
Bild: Januar 2010: Immigranten verlassen Rosarno. | |
ROM taz | In den frühen Morgenstunden wurden im süditalienischen Rosarno am | |
Montag 31 Personen verhaftet, denen vorgeworfen wird, hunderte | |
Schwarzafrikaner unter sklavenähnlichen Bedingungen ausgebeutet zu haben. | |
Zugleich wurden 20 Landwirtschaftsbetriebe sowie 200 Grundstücke im Wert | |
von 10 Millionen Euro in der Gegend um den kleinen Ort Rosarno an der | |
Westküste nördlich von Reggio Calabria beschlagnahmt. | |
Italiens Justiz reagiert damit auf die schweren Zusammenstöße zwischen | |
Immigranten und einheimischer Bevölkerung, die Anfang Januar Rosarno | |
erschüttert hatten. Damals waren Schwarzafrikaner auf die Straße gegangen, | |
hatten Barrikaden errichtet, Autos und Schaufenster demoliert. | |
Ihr Zornausbruch war die Folge brutaler Attacken einiger junger Männer aus | |
der kalabrischen Kleinstadt auf Immigranten: Aus dem Auto heraus hatten die | |
kalabrischen Jugendlichen mit Luftgewehren auf einige Afrikaner gefeuert | |
und dabei zwei von ihnen schwer verletzt. | |
Solche Überfälle hatten sich schon ein Jahr vorher ereignet und damals zu | |
friedlichen Demonstrationen der Einwanderer geführt. Im Januar 2010 dagegen | |
schlug ihr Protest in Gewalt um, explodierte ihre Verbitterung über die | |
unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen, denen sie in Rosarno | |
ausgesetzt waren. | |
Im Winter steigt dort die Zahl der 15.000 Einwohner um etwa 3.000 | |
Erntehelfer, die auf den Orangenplantagen 12 bis 14 Stunden für einen | |
Tageslohn von 20 bis 25 Euro schuften müssen. Als Unterkünfte standen den | |
Afrikanern stillgelegte Fabriken oder verfallene Bauernhöfe zur Verfügung, | |
ohne Heizung, Strom oder fließendes Wasser. Viele von ihnen ernährten sich | |
von morgens bis abends ausschließlich von Orangen. | |
Auf die Ausschreitungen der Afrikaner antwortete die einheimische | |
Bevölkerung im Januar mit einem wahren Pogrom, der auf die völlige | |
Vertreibung der Immigranten aus der Stadt zielte. Mit Eisenstangen, | |
Baseballschlägern und auch Schusswaffen Bewaffnete veranstalteten | |
seinerzeit eine wahre Hetzjagd; die Polizei schaffte schließlich alle | |
Afrikaner raus aus Rosarno - womit der Pogrom von einem vollen Erfolg | |
gekrönt war. | |
Bloß ein einziges Mitglied der lokalen Mafia, der 'Ndrangheta, kam damals | |
in Haft, weil er direkt vor einigen Polizisten und vor laufenden Kameras | |
auf Immigranten losgegangen war. | |
Doch die Staatsanwälte begaben sich sofort in die Notaufnahmelager von Bari | |
und Crotone, in die die Afrikaner geschafft worden waren, und sie nahmen | |
dort detaillierte Aussagen über das lokale Ausbeutungsregime zu Protokoll. | |
Unter dem Codenamen "Migrantes" schlugen jetzt Polizei und Carabinieri zu | |
und verhafteten die beteiligten Unternehmer und einige Immigranten, die als | |
Vermittler tätig waren, die Erntehelfer anheuerten und dafür einen Teil | |
ihres miserablen Lohns einbehielten. | |
Bildung einer kriminellen Vereinigung wird allen zur Last gelegt, dazu | |
illegale Beschäftigung, Hinterziehung von Sozialabgaben und Steuern, | |
außerdem Betrug. Denn neben der Ausbeutung der Afrikaner hatten die | |
örtlichen Unternehmer die EU-Agrartöpfe als Geldquelle entdeckt. | |
26 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |