# taz.de -- Kurssprünge nach oben: Börsen freuen sich über frisches Geld | |
> Die Rettungsmilliarden der Europäischen Union und des Internationalen | |
> Währungsonds treiben die Kurse nach oben. Vor allem Banktitel legen zu. | |
Bild: Das Rettungsfond treibt die Börsenkurse an. | |
BERLIN taz | Nach dem "Großangriff der Spekulanten auf den Euro" sei ein | |
"sehr sehr starkes Signal" nötig gewesen, um die Märkte zu beruhigen, sagte | |
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm auf der Pressekonferenz der | |
Bundesregierung zum Wochenbeginn. Zumindest am ersten Tag hat das 750 | |
Milliarden Euro teure Paket diese Aufgabe auch erfüllt, das EU und | |
Internationaler Währungsfonds verabschiedet haben, um den Euro zu schützen | |
- zumal auch die Zentral- und Notenbanken intervenierten: Finanzgeschäfte, | |
die auf Staatspleiten wetteten, gingen am Montag zurück, der Euro kletterte | |
wieder auf über 1,30 US-Dollar, nachdem er in der vergangenen Woche | |
zeitweise unter 1,25 US-Dollar gefallen war, die Börsenkurse rasten | |
weltweit nach oben. | |
Während die Börse in Tokio als Erste noch mit einem nur leichten Plus von | |
1,6 Prozent geschlossen hatte, verzeichneten die Finanzplätze in Europa im | |
Laufe des Tages deutlich höhere Zuwächse: Zeitweise gewann der spanische | |
Index Ibex 35 12,6 Prozent, der portugiesische PSI 20 legte 9,35 Prozent | |
zu, der deutsche Aktienindex DAX notierte 4,6 Prozent im Plus. | |
Die ganz dicken Gewinner waren die Banken, allen voran die Großbanken | |
Société Genérale und BNP Paribas. Sie zogen zwischenzeitlich um 21,88 und | |
19,90 Prozent an. Die französischen Banken sind mit rund 51 Milliarden Euro | |
in Griechenland engagiert, die SocGen hält zudem einen Mehrheitsanteil an | |
der griechischen Bank Geniki. | |
Auch deutsche Finanzinstitute holten die Verluste der Vorwoche wieder auf. | |
Die Deutsche Bank gewann zeitweise 12,49 Prozent, die Commerzbank, die | |
insgesamt 26,5 Milliarden Euro bei Schuldnern in Griechenland, Irland, | |
Italien, Portugal und Spanien ausstehen hat, 9,34 Prozent. | |
Dass die Kehrtwende an den Finanzmärkten so rasch kam, lag vor allem an den | |
flankierenden Maßnahmen der Notenbanken zu dem gigantischen | |
Rettungsprogramm. Kaum hatte die Europäische Zentralbank (EZB) angekündigt, | |
erstmals in ihrer Geschichte auch Staatsanleihen aufzukaufen, deckten sich | |
die nationalen Notenbanken mit Staatstiteln der Länder mit den größten | |
Schwierigkeiten ein. | |
Die Risikoaufschläge für zehnjährige griechische Anleihen sanken auf rund | |
7,6 Prozent, nachdem sie zuletzt auf mehr als 16 Prozent gestiegen waren. | |
Für portugiesische Bonds mit zehnjähriger Laufzeit gab es rund 5,1 Prozent | |
Rendite, für spanische Papiere knapp 4 Prozent. | |
Die EZB nähert sich damit immer mehr der Politik der Zentralbanken in den | |
angelsächsischen Ländern an. Während sie sich bislang in der Tradition der | |
deutschen Bundesbank praktisch ausschließlich der Geldwertstabilität, also | |
der Inflationsbeherrschung, verschrieben hatte und dabei auf politische | |
Unabhängigkeit setzte, zählt die US-Notenbank Fed auch Wachstum und | |
Beschäftigungssicherung zu ihren Zielen. Deshalb agiert diese oft | |
unkonventioneller. | |
So kaufte sie wie die Bank of England bereits in den letzten anderthalb | |
Jahren Staatsanleihen auf, um die Märkte zu stützen. Die EZB dagegen hatte | |
in der vergangenen Woche erstmals angekündigt, Staatsanleihen mit | |
Ramschstatus immerhin als Sicherheit zu akzeptieren, wenn Banken sich bei | |
ihr Geld leihen wollen - und sich damit unabhängiger vom Urteil der | |
umstrittenen Ratingagenturen gemacht. | |
Bis dato hatte sie ausschließlich Papiere angenommen, die diese mit | |
mindestens befriedigend bewertet hatten. Die Agenturen Standard & Poors und | |
Co hatten mit ihren Abwertungen erst griechischer, dann spanischer und | |
portugiesischer Titel die Spekulationen der letzten Wochen auf | |
Staatsbankrotte begünstigt. | |
Zusätzlich will die EZB den Banken in Europa bereits in dieser Woche für | |
die nächsten sechs Monate so viel Geld leihen, wie sie wollen, um die | |
Liquidität in der Eurozone zu gewährleisten. | |
Die Fed, die Bank of England und die Notenbanken der Schweiz, Kanadas und | |
Japans unterstützen diese Maßnahme, indem sie sogenannte Swaplines | |
einrichten, mit denen sie untereinander Devisen tauschen. Damit soll es vor | |
allem einfacher sein, US-Dollar zu besorgen, die für manche Geschäfte | |
gebraucht werden. | |
Kritiker wie Thomas Straubhaar vom Hamburger Weltwirtschaftsinstitut | |
befürchten nun, dass das und die Ankaufaktionen die Preise nach oben | |
treiben könnten. Ohnehin tobt seit der weltweiten Lockerung der | |
Geldpolitik, mit der die Zentralbanken die Auswirkungen der Finanzkrise | |
bekämpften, ein Streit darüber, ob die zusätzliche Liquidität auf den | |
Märkten hilft, Engpässe zu überwinden - oder nur zur Geldentwertung führt. | |
In der Eurozone lag die Inflationsrate im April im Jahresvergleich | |
allerdings mit 1,5 Prozent deutlich unter dem Inflationsziel der EZB von 2 | |
Prozent, auch in den USA betrug die Preissteigerung zuletzt nur 1,8 | |
Prozent. | |
11 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Beate Willms | |
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