# taz.de -- Opposition spricht von "Giftliste": Bayern will bei Lehrern sparen | |
> Worüber Roland Koch nachdenkt, wird in Bayern umgesetzt. Bildungsminister | |
> Spaenle kündigt Einsparungen bei neuen Lehrern an – und fühlt sich falsch | |
> verstanden. | |
Bild: Fühlt sich missverstanden: Ludwig Spaenle. | |
MÜNCHEN taz | Kaum hatte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) | |
vorgeschlagen, auch bei Kinderbetreuung und Bildung hart zu sparen, schon | |
prasselte die Kritik aus der eigenen Partei auf ihn ein. | |
Kanzleramtsminister Ronald Pofalla und Familienministerin Kristina Schröder | |
wiesen den Vorschlag zurück. Besonders heftig kamen wie gewohnt die Schüsse | |
aus dem Süden. CSU-Vize-Generalsekretärin Dorothee Bär warnte, man dürfe | |
die Fehler der Vergangenheit nicht auf die Kinder abschieben. Bayerns | |
Familienministerin Christine Haderthauer sagte, sie sei "entsetzt bis | |
enttäuscht über die Wortmeldung von Herrn Koch", und verglich ihn mit einem | |
"gedanklichen Dinosaurier". Und der bayerische Bildungsminister Ludwig | |
Spaenle meinte empört: "Wer nicht in Bildung investiert, verschläft die | |
Zukunft." | |
Doch was die CSUler nicht sagten: Worüber Koch noch laut nachdenkt, das | |
wird in Bayern offenbar bereits in die Tat umgesetzt. Im Koalitionsvertrag | |
hatte sich die CSU-FDP-Regierung festgelegt, jedes Jahr 1.000 neue Stellen | |
für Lehrer zu schaffen. Bayerns Schulen leiden seit Jahren an zu großen | |
Klassen. Es fehlt nicht an ausgebildeten Lehrern, sondern an Stellen. Doch | |
an deren Ausbau will die CSU im nächsten bayerischen Doppelhaushalt | |
anscheinend sparen. | |
Wenige Stunden nach seiner Kritik an Roland Koch sagte Bildungsminister | |
Ludwig Spaenle dem Bayerischen Rundfunk: "Diese Zielsetzung von 1.000 | |
zusätzlichen Lehrerplanstellen wird im Doppelhaushalt nicht mehr avisiert. | |
Davon müssen wir im Moment ausgehen, dass es einen solchen | |
Planstellenzuwachs nicht mehr geben wird." | |
Die Entscheidung, bei den Lehrern zu sparen, sei bereits im vergangenen | |
November bei einer Kabinettsklausur zwischen CSU und FDP getroffen worden, | |
behauptet die SPD. Dort sei eine "Giftliste" mit weiteren harten | |
Einsparungen im Bildungsbereich beschlossen worden, so der Vorsitzende des | |
Bildungsausschusses im Landtag, Hans-Ulrich Pfaffmann. "Das ist ein | |
massiver Wortbruch gegenüber den Wählerinnen und Wählern", meint | |
Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause. Selbst beim Koalitionspartner FDP | |
war man von Spaenles Aussagen wenig begeistert. "Mit der FDP-Fraktion | |
wurden bisher keine derartigen Schritte vereinbart", sagte | |
FDP-Bildungssprecherin Renate Will. "Dies scheint eine CSU-interne | |
Diskussion zu sein." | |
Angesichts der massiven Kritik ruderte Spaenle am Mittwochabend erst mal | |
zurück. "Ich bin missverstanden worden", erklärte er in einer Mitteilung. | |
In den vergangenen Jahren seien bereits 2.700 neue Lehrerstellen geschaffen | |
worden, so Spaenle. "Auf diesem Kurs wollen wir bleiben." Ob die Regierung | |
den Kurs am Ende auch umsetzen kann oder doch auf härtere Sparpläne | |
zurückgreifen muss, lässt Spaenle unbeantwortet. Konkrete Festlegungen | |
könnten erst im November nach der Steuerschätzung getroffen werden. | |
Wie ein dann wahrscheinliches Sparprogramm aussehen könnte, hat | |
Ministerpräsident Horst Seehofer am Mittwoch schon einmal in einem | |
Interview mit der Passauer Neuen Presse angedeutet: "Ich habe da eine klare | |
Neigung zur sogenannten Rasenmäher-Methode." Gespart werden solle | |
gleichmäßig in allen Bereichen, nur Familien, Bildung und Innovation | |
sollten privilegiert behandelt werden, so Seehofer. Wie ernst es Seehofer | |
mit der Bildung meint, soll er nun dem Landtag beantworten. Die Opposition | |
fordert eine Regierungserklärung. | |
14 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Hübner | |
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