# taz.de -- Terror-Alarm am Flughafen Berlin-Tegel: Wer entführen will, soll s… | |
> Eine Passagierin meldet eine drohende Flugzeugentführung. Die Maschine | |
> wird angehalten, zwei Männer stundenlang verhört. Dann stellt sich alles | |
> als Missverständnis heraus. | |
Bild: Drama am Flughafen Tegel | |
Ein Fachgespräch unter zwei Piloten reichte am Mittwoch aus, um auf dem | |
Flughafen Tegel Alarm wegen einer vermeintlich geplanten Flugzeugentführung | |
auszulösen. In der Abfertigungsschlange eines Air Berlin-Flugs nach Moskau | |
wurde eine Passagierin Ohrenzeugin eines Gesprächs zweier Männer, die sich | |
auf russisch über eine mögliche Entführung des Flugzeugs unterhielten. Sie | |
informierte die Bundespolizei am Flughafen. Daraufhin nahmen Beamte den | |
49-Jährigen und den 26-Jährigen fest, Spezialisten des Landeskriminalamts | |
räumten und durchsuchten das Flugzeug. Die Männer entpuppten sich | |
schließlich als Piloten der russischen Fluglinie Orenair, die auf dem | |
Rückweg von einem Sicherheitstraining in Schönefeld waren. | |
Die Zeugin hatte das Gespräch offenbar als Entführungsabsicht | |
missinterpretiert. Die Berliner Polizei hat sich mittlerweile bei den | |
Piloten entschuldigt. Diese hätten weder einen schlechten Witz gemacht, | |
noch seien sie betrunken gewesen, betonte die staatliche russische | |
Nachrichtenagentur Ria Nowosti am Donnerstag in einer Stellungnahme. | |
Polizeisprecher Frank Millert bezeichnete am Donnerstag das Vorgehen aller | |
Beteiligten als richtig. "Aus dem, was die Frau gehört hatte, konnte schon | |
der Eindruck gewonnen werden, dass die beiden das Flugzeug entführen | |
wollen", so Millert. Die Frau habe richtig gehandelt, als sie die Polizei | |
informierte. "Man muss ihr dafür danken - es hätte ja auch anders sein | |
können." | |
Eine Sprecherin von Air Berlin erklärte am Donnerstag, die | |
Informationskette habe funktioniert. "An diesem Fall sieht man, dass | |
Sicherheit vorgeht". Für die restlichen 132 Passagiere des Moskauflugs | |
startete eine Ersatzmaschine mit erheblicher Verspätung am Abend, für die | |
Zeugin und die Verdächtigen verzögerte sich die Reise um einen Tag. | |
Nach der Vernehmung durch die Bundespolizei übernahm der Staatsschutz der | |
Berliner Polizei die Ermittlungen. Elf Stunden später, gegen Mitternacht, | |
wurden die Piloten freigelassen. Beide Männer waren im Besitz gültiger | |
Pilotenausweise und hatten nachweislich an dem Sicherheitstraining | |
teilgenommen. "Elf Stunden, das ist nicht lange", erklärte ein | |
Polizeisprecher mit Hinweis darauf, dass in dieser Zeit die Zeugin und die | |
Beschuldigten vernommen sowie Flugzeug und Gepäck einer umfangreichen | |
kriminaltechnischen Untersuchung unterzogen werden mussten. | |
Auch Eberhard Schönberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), | |
verteidigte das Vorgehen. "Solchen Verdachtsmomenten muss man nachgehen". | |
Ein Fall dieser Art lasse sich nicht in zehn Minuten aufklären. | |
Johannes Honecker vom Republikanischen Anwaltsverein RAV kritisiert dagegen | |
ein um sich greifendes Klima der Angst. Eine "Verpolizeilichung des | |
Denkens" habe die Menschen erfasst. Getrieben von der Angst vor | |
potenziellen Anschlägen werde jeder alleinstehende Koffer zu einer | |
Bedrohung, die der Polizei umgehend gemeldet werde. "Das ist eine ganz | |
unangenehme Entwicklung", erklärte Honecker. Verantwortlich macht er dafür | |
Polizei, Politik, Publizistik und private Sicherheitsunternehmen. | |
GdP-Chef Schönberg begrüßt dagegen die zunehmende Sensibilisierung. Man | |
scherze nicht über eine Flugzeugentführung oder ein Messer im Schuh - schon | |
gar nicht auf einem Flughafen. "Wer das tut, fliegt nicht. Zumindest nicht | |
mit dem nächsten Flugzeug". | |
13 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Nina Apin | |
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