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# taz.de -- Autorin über Selbstversuch: "100 Prozent Bio trotz Hartz IV"
> Die Autorin Rosa Wolff schildert in ihrem Buch "Arm aber Bio!", wie sie
> einen Monat lang nur 4,50 Euro täglich für Lebensmittel ausgab - und
> trotzdem komplett Öko aß.
Bild: "Eben alles, was gerade saisonmäßig da ist": Bio-Äpfel.
taz: Frau Wolff, viele Durchschnittsverdiener meinen, sie könnten sich zu
100 Prozent Lebensmittel aus ökologischem Anbau nicht leisten. Was sagen
Sie dazu?
Rosa Wolff: Ich habe einen Monat lang nur so viel fürs Essen ausgegeben,
wie Hartz-IV-Empfängern für die Ernährung zugebilligt wird: etwa 4,50 Euro
am Tag. Trotzdem konnte ich zu 100 Prozent Bio essen. Und das im teuren
München. Wenn man es mit dem wenigen Geld schafft, hat ein Normalverdiener
keinen Grund mehr zu sagen, dass er sich Bio nicht leisten könne. Man fragt
sich dann wirklich, warum die Leute mit ihren teuren Autos vor Aldi stehen.
Wie war es denn, mit so wenig Geld sein Bioessen kaufen zu müssen?
Sehr mühsam. Es ist kein Spaß. Man muss immer die gerade günstigsten
Zutaten suchen und viel selber kochen. Besonders schwierig ist es, wenn man
auch noch gesund essen will, also nicht nur Sattmacher wie Spaghetti mit
Tomatensauce. Denn Obst und Gemüse kosten, tragen aber kalorienmäßig wenig
bei. Aber es muss ja nun keiner, der mehr Geld zur Verfügung hat, so streng
sein, wie ich es in meinem Selbstversuch war.
Worauf muss man achten, um die Kosten zu senken?
Basisgemüse wie Kohl, Kartoffeln und Zwiebeln sind immer bezahlbar. Im
Sommer zum Beispiel Zucchini - eben alles, was gerade saisonmäßig da ist.
Auch Bananen und Orangen sind günstig. Aber exotischere Sachen wie Oliven,
spezielle Kräuter oder ein Gläschen Kapern sind jenseits von Gut und Böse.
Und man muss schon geschickt sein beim Kochen, damit es nicht immer das
Gleiche zu essen gibt.
Worauf mussten sie als Erstes verzichten?
Fleisch und Wurst kann man sich am wenigsten leisten. Aber das ist nicht
wirklich schlimm, weil der Konsum an tierischen Produkten ja generell zu
hoch ist in unseren reichen Ländern. Weniger Fleisch und Wurst tut in der
Regel den meisten gut. Auch der Umwelt und der globalen
Verteilungsgerechtigkeit.
Sind Sie immer satt geworden?
Überessen kann man sich wirklich nicht auf die Art, aber man muss auch
nicht hungern.
Haben Sie Billigbio vom Discounter gekauft?
Ich habe keine Lust, mein bisschen Geld bei den Milliardären Albrecht, also
bei Aldi abzuliefern. Aber es lohnt auch nicht, wenn man allein lebt. Ich
war nur einmal bei Lidl und habe ein Kilo Karotten gekauft, davon sind mir
zwei Stück vergammelt. Dadurch war es unterm Strich teurer als im Bioladen,
wo man sich die Sachen einzeln raussuchen kann.
Ihr Einkaufsexperiment hat einen Monat gedauert. Reicht das, um zu sagen,
dass man langfristig von so wenig Geld 100 Prozent Bio essen kann?
Ein Monat ist schon Lebenszeit. Ich habe auch alle Zutaten wie Olivenöl
oder Gewürze weggepackt, die ich noch von vorher hatte. Ich habe also
wirklich bei Null angefangen. Und ich habe den Versuch im Mai gemacht. Da
gibt es besonders wenig günstiges, weil saisonales Gemüse.
Spielen Sie mit Ihrem Versuch nicht Leuten in die Hände, die
Hartz-IV-Empfängern am liebsten das Geld kürzen würden?
Nein, der Regelsatz gehört erhöht, keine Frage. Mein Buch soll ein
Gegenentwurf sein zu all den übrigen Ratgebern zum Thema "Essen für wenig
Geld", die überwiegend fleischlastige Rezepte mit Discount-Lebensmitteln
bieten. Ich finde, Bio ist kein Luxus, sondern in jeder Hinsicht das Beste
für alle und steht deshalb jedem zu. Ich wollte Normalverdienern zeigen,
dass sie problemlos auf Bio umsteigen können, und auch Leute mit wenig Geld
ermutigen - denn es geht mehr, als mancher befürchten mag. Beifall von der
falschen Seite gab es zum Glück nicht.
21 May 2010
## AUTOREN
Jost Maurin
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