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# taz.de -- Kommentar "Lena": Das neue deutsche Wunderfräulein
> Präsentiert es sich ein wenig ungelenk, fliegen Deutschland die
> Sympathien zu. Der Erfolg von Lena Meyer-Landrut hat das Zeug, den
> Eurovision Song Contest zu revolutionieren.
Perplex waren nicht nur die meisten Kommentatoren und die Konkurrenz,
sondern auch die Sängerin selbst. Ungläubig bis freudig geschockt
reagierten fast alle spontan auf den deutschen Überraschungserfolg beim
Eurovision Song Contest. Denn mit diesem Ergebnis war nicht ernsthaft zu
rechnen gewesen.
Ihr Song war nicht unbedingt der originellste, ihre Performance sicher
nicht die aufregendste und die 19-jährige Abiturientin aus Hannover besitzt
auch sicher nicht die tollste Stimme, die in Oslo zu hören war. Doch alle
Kriterien, denen sonst viel Gewicht beigemessen wird, spielten am Ende nur
noch eine untergeordnete Rolle, denn Lena Meyer-Landsrut machte sie mit
schnoddrigem Charme und konsequenter Mädchenhaftigkeit wett. Es war ein
Sieg der Bodenständigkeit über Testosteron und tiefe Dekolletes der
Bühnenprofis, der Schlichtheit über perfektes Show-Kalkül.
Parallelen zum letzten deutschen Grand-Prix-Erfolg von Nicole vor fast
dreißig Jahren drängen sich auf. Denn politisch und wirtschaftlich mag
Deutschland in Europa das meiste Gewicht besitzen. Die Sympathien der
Nachbarn fliegen dem Land aber erst dann zu, wenn es, statt aufzutrumpfen,
auf internationaler Bühne ein wenig ungelenk, beinahe unbedarft und betont
bescheiden auftritt. So gesehen, hat Lena Leyer-Landshut das Merkel-Prinzip
erfolgreich in die Musikwelt übertragen.
Dass das System der Punktevergabe verändert wurde und das Publikums-Voting
durch das Votum einer Jury ergänzt wurde, dürfte Lenas Erfolg begünstigt
haben. Sicher ist aber auch, dass sie ein positives Stereotyp über
Deutschland mit neuem Leben füllt. Das neue deutsche Wunderfräulein ist
jung, frech, modern und selbstbewusst. Es weist damit all jene
Eigenschaften auf, die schon in den 50ern den Mythos vom deutschen
"Fräuleinwunder" begründen halfen.
Der Erfolg von Lena Meyer-Landrut hat aber auch das Zeug, den Eurovision
Song Contest zu revolutionieren. Zwar müht man sich seit Jahren
unbestritten, ihn vom altbackenen Schlagerfestival zum zeitgemäßen
Pop-Contest zu wandeln. Trotzdem waren "Natürlichkeit", "Authentizität" und
"jugendliche Frische" bislang keine Attribute, die man mit diesem größten
TV-Musikwettbewerb der Welt so ohne weiteres hätte in Verbindung bringen
können. Seit diesen Samstag ist auch das anders.
30 May 2010
## AUTOREN
Daniel Bax
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