# taz.de -- Reaktionen auf Köhler-Rücktritt: Bedauern und Sticheleien | |
> Deutschlands Politiker reagieren überrascht auf den Rücktritt von | |
> Bundespräsident Horst Köhler. SPD-Chef Gabriel sieht den Grund in | |
> mangelndem Rückhalt für Köhler in der Regierung. | |
Bild: Westerwelle, Köhlers Ehefrau Eva Luise, Köhler, Merkel (von links). | |
BERLIN dpa/afp/reuters | Nach dem Rücktritt von Horst Köhler am Montag | |
reagieren zahlreiche deutschen Politiker überrascht. Horst Köhler | |
informierte auch Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) erst am Montagmittag | |
von seinen Rücktrittsplänen. Der Außenminister sei "wie vom Donner | |
getroffen gewesen", hieß es aus Westerwelles Umfeld. | |
Er habe versucht, Köhler umzustimmen, jedoch ohne Erfolg. Anschließend | |
beriet der FDP-Chef gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über das | |
weitere Vorgehen. Der Bundespräsident sei "außerordentlich getroffen von | |
der Maßlosigkeit der Kritik" an seinen Afghanistan-Äußerungen, hieß es | |
weiter aus Westerwelles Umfeld. | |
Merkel hat nach Angaben des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) ihren geplanten | |
Besuch bei der deutschen Nationalmannschaft in Südtirol abgesagt. | |
Ursprünglich hatte sie mit der Mannschaft in deren Trainingslager in Eppan | |
zu Abend essen und mit dem Team sprechen wollen. | |
"Ich bedaure den Schritt des Bundespräsidenten außerordentlich", sagte | |
SPD-Parteichef Sigmar Gabriel. "Wie die übergroße Mehrheit der Deutschen | |
habe ich die Amtsführung des Bundespräsidenten und Horst Köhler als Person | |
immer sehr geschätzt. Offensichtlich hat Horst Köhler in den letzten Wochen | |
den Eindruck gewonnen, dass er in der CDU/CSU/FDP-Koalition zu wenig | |
Rückhalt hatte. Das ist kein guter Tag für die politische Kultur in | |
Deutschland. Dieser Schritt ist nur erklärbar, wenn man sieht, wie stark | |
ausgerechnet diejenigen, die Horst Köhler gewählt haben, ihm die | |
Unterstützung entzogen haben." | |
Mit Unverständnis haben die Linken auf den Rücktritt von Bundespräsident | |
Horst Köhler reagiert. Fraktionschef Gregor Gysi halte diesen "für etwas | |
übertrieben". Er habe erwartet, dass Köhler sich mit seiner eigenen | |
Begründung zum deutschen Afghanistan-Einsatz kritisch auseinandersetze. | |
"Auch als Bundespräsident muss er Kritik aushalten." Der Rücktritt spreche | |
jedoch für die Ehrlichkeit Köhlers. "Andere Parteien haben uns immer | |
versucht einzureden, die Bundeswehr verteile dort Schultüten." | |
Peter Müller (CDU), saarländischer Ministerpräsident, sagte: "Horst Köhler | |
hat unser Land nach innen und außen gut vertreten. Er war auch bereit, | |
tagespolitische Themen anzupacken – unter der Beachtung der Zurückhaltung, | |
die mit dem Amt des Bundespräsidenten verbunden ist. Es ist sehr | |
bedauerlich, dass aus Köhlers Sicht in der aktuellen politischen Debatte | |
der notwendige Respekt vor dem Amt – sowohl in der Öffentlichkeit als auch | |
in den Medien – nicht mehr gegeben war und dies somit zu seinem Rücktritt | |
geführt hat." | |
Auch Horst Seehofer, CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident, bedauerte den | |
Rücktritt: "Horst Köhler war ein Bundespräsident, der während seiner | |
gesamten Amtszeit das erste Amt im Staate mit großer Ernsthaftigkeit und | |
Würde ausgefüllt hat. Er hat sich die Sympathien der Bürger in Deutschland | |
und hohe Anerkennung im Ausland erworben. Ich nehme seine | |
Rücktrittsentscheidung mit Bedauern und die Begründung seiner Entscheidung | |
mit großem Respekt zur Kenntnis." | |
Christian Wulff, CDU-Vizeparteichef und Niedersachsens Ministerpräsident, | |
lobte die Amtsführung des bisherigen Bundespräsidenten: "Horst Köhler war | |
ein kompetenter, bürgernaher und sehr beliebter Bundespräsident. | |
Deutschland hat ihm viel zu verdanken." | |
31 May 2010 | |
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