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# taz.de -- Vivantes-Chef zur Krankenhausreform: "Das Problem wurde auf Eis gel…
> Der Chef des landeseigenen Vivantes-Konzerns möchte die Umwandlung in
> eine kommunale Aktiengesellschaft - um dann über Anleihen an dringend
> benötigte Investitionsmittel zu kommen.
Bild: Bröckelt bald: Das Bettenhochhaus der Charité.
taz: Herr Bovelet, der Senat hat sich auf eine Lösung zur Zukunft der
landeseigenen Kliniken geeinigt. Sind Sie mit dem Kompromiss zufrieden?
Joachim Bovelet: Für uns sind bisher keine Aussagen zur Finanzierung
gemacht worden. Die entscheidenden Fragen sind für mich nicht abschließend
geklärt. Es klingt, als sei das Problem auf Eis gelegt worden. Entscheidend
ist, woher die dringend benötigten Investitionsmittel kommen sollen.
Als landeseigener Konzern unterstehen Sie dem Senat. Was ist der
Unterschied zu privat geführten Häusern?
Die gut gemeinte Einflussnahme der Politik verzögert die Prozesse oft
unnötig. Und es ist manchmal schwer, wirtschaftliche Entscheidungen zu
treffen. Eines unser Hemmnisse ist zum Beispiel, dass wir pro Patient 120
Quadratmeter Platz haben - das ist viel zu viel. Wir müssten investieren,
um diese Flächen abzubauen, und diese Gelder kriegen wir nicht.
Trotz stetiger Kürzungen der Landeszuschüsse haben Sie im abgelaufenen Jahr
53 Millionen Euro aus Eigenmitteln investiert. Woher haben Sie das Geld
genommen?
Wir haben mehr Patienten behandelt, bei gleicher Personalstärke, außerdem
gut verhandelt mit den Krankenkassen. Und die Beschäftigten haben dazu
beigetragen: Sie haben jahrelang auf Teile ihres Gehalts verzichtet.
Könnten Sie denn weitere Betten abbauen wie die Charité?
Nach der Wende sind 20.000 Betten in Berlin abgebaut worden, dazu hat
Vivantes maßgeblich beigetragen. Wir haben in unseren neun Kliniken eine
durchschnittliche Auslastung von mehr als 90 Prozent. Das ist grenzwertig!
Ich müsste Strukturen eindampfen, wenn ich noch mehr kürzen müsste.
Das heißt, Sie müssten Häuser schließen?
Ja.
Welche?
(Lacht).
Könnten Sie sich vorstellen, den Charité-Campus Benjamin Franklin zu
übernehmen, wie es Finanzsenator Nußbaum vorgeschlagen hatte?
Das ist ja nun vom Tisch. Ich habe immer gesagt, ich könnte mir den
Standort vorstellen - aber im bestehenden Gebäudekomplex ist eine normale
Krankenhausversorgung nicht denkbar. Es gibt so viele Flächen für Lehre und
Forschung. Da wäre ein Neubau kostengünstiger.
Auch von einer Fusion von Charité und Vivantes, der beide ja nicht
abgeneigt waren, ist nicht mehr die Rede.
Dabei wäre das interessant gewesen. Die unterschiedlichen Kulturen bei
Charité und Vivantes wären sicherlich ein Hemmschuh gewesen. Aber eine
Holding als gemeinsames Dach, wie es die IHK vorgeschlagen hat, wäre für
den Anfang nicht die schlechteste Idee.
Hätten Sie nicht Sorge, dass für Vivantes nur die Pflicht bleibt - die
Patientenversorgung -, während sich die Charité mit Forschung und Lehre
weiter profiliert?
Nein, von Kür und Pflicht würde ich da nicht sprechen. Die Wahrheit liegt
in der Zusammenarbeit - denken Sie einmal an die Patientenforschung.
Zusammen hätten wir eine so große Klientel, dass wir für Firmen in der
Medikamentenentwicklung hochinteressant wären.
Sie haben einen eigenen Vorschlag vorgelegt: eine kommunale
Aktiengesellschaft. Welche Vorteile brächte das?
Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft mit dem Land als Aktionär wäre
keine Privatisierung, brächte aber Unabhängigkeit vom Senat. Als Vorstand
würde ich handlungsfähiger. Zugleich müsste ich nicht die
Renditeerwartungen erfüllen, wie börsennotierte Firmen es müssen. Ich
könnte Anleihen vergeben und an Mitarbeiter Vorzugsaktien. Damit würden die
Mitarbeiter enger an Vivantes gebunden.
Welche Reaktionen kamen auf Ihren Vorschlag aus dem Senat?
Ich warte auf eine Antwort.
Wie sieht denn die Zukunft für Vivantes aus, wenn wie seit Jahren weiterhin
gar nichts passiert?
Das ist ein Zustand, den will ich mir nicht vorstellen.
INTERVIEW: KRISTINA PEZZEI
9 Jun 2010
## AUTOREN
Kristina Pezzei
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