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# taz.de -- Ohne Geld durchs Studium: Durchs Raster gefallen
> Mit einer Ausnahmegenehmigung durfte die Asylbewerberin Farnoush Behzadi
> ein Studium beginnen. Die Bremer Sozialbehörde strich ihr dafür alle
> Leistungen.
Bild: Muss sich entscheiden zwischen ihrem Studium und ihrem Lebensunterhalt: D…
Farnoush Behzadi hat keine Zeit verloren. Als sie vor vier Jahren allein
nach Bremen kam, kannte sie niemanden in der Stadt und sprach kein Wort
Deutsch. Behzadi, die aus Teheran flüchtete, war damals 20 Jahre alt.
Heute ist das anders. Sie ging zur Schule und ihr Deutsch ist so gut, dass
sie am Schulzentum Delmestraße Fachabitur machte. Bei der Ausländerbehörde
drängelte sie anschließend so lange, bis sie eine seltene
Ausnahmegenehmigung bekam: Behzadi darf studieren, obwohl ihr Asylverfahren
noch läuft. Im Oktober bekam sie einen Platz im "Internationalen
Frauen-Studiengang Informatik" an der Hochschule in Bremen.
Eigentlich könnte sie nun anfangen, hier Fuß zu fassen und ihr Leben zu
planen. Doch jemanden wie Behzadi sieht das deutsche Sozialrecht nicht vor.
Die Sozialbehörde stellte sie deshalb vor die Wahl: "Entweder soll ich mein
Studium wieder abbrechen - oder ich bekomme überhaupt keine
Sozialleistungen mehr", sagt Behzadi.
Bislang spielte sich ihr Leben überwiegend in einem kleinen Zimmer im
AWO-Flüchtlingswohnheim in der Ludwig-Quidde-Straße ab. 180 Euro
"Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz" hat sie gekriegt.
Arbeiten durfte sie nicht, Bremen zu verlassen war ihr wegen der
"Residenzpflicht" für Asylbewerber verboten. Ihren Asylantrag lehnte das
Bundesamt kurz nach ihrer Ankunft ab. "Über meine Klage gegen die Ablehnung
hat das Verwaltungsgericht seit über vier Jahren nicht entschieden", sagt
Behzadi.
Dafür entschied das Amt für Soziale Dienste (AfSD) sehr schnell. Als sie
dort im Oktober ihre Immatrikulation vorlegte, drehte es ihr sofort den
Geldhahn zu. Die für den Monat schon gezahlte Summe verlangte die Behörde
zurück.
Eigentlich wäre das kein Problem für Behzadi, denn mit der letzten
Bafög-Novelle aus 2008 wollte die Bundesregierung auch das Studium junger
Migranten fördern. Als sie diese Neuerung ankündigte, fand die
Bundesbeauftragte für Integration, die CDU-Politikerin Maria Böhmer, große
Worte: Ob es gelinge, die Bildung und Integration von jungen MigrantInnen
zu verbessern sei "letztlich die Frage nach der Zukunftsfähigkeit unserer
Gesellschaft", sagte Böhmer damals. Seitdem können unter bestimmten
Voraussetzungen sogar "Geduldete" Bafög bekommen.
Farnoush Behzadi nützt dies nichts. Denn weil ihr Asylantrag noch nicht
rechtskräftig abgelehnt wurde, ist sie nicht "geduldet", sondern hat eine
befristete Aufenthaltsgestattung. Für das Bafög-Amt ist sie deshalb als
Asylbewerberin nicht anspruchsberechtigt. Die Sozialbehörde betrachtet sie
hingegen wie eine deutsche Studentin - und die kriegt weder Hartz IV noch
Sozialgeld.
Vor einem Monat sei ihre Heimleiterin zu ihr gekommen und habe ihr zu
verstehen gegeben, dass sie sich eine neue Bleibe suchen muss - das
Sozialamt zahle für sie keine Miete mehr. Wie sie das bezahlen soll, weiß
Behzadi nicht. Dabei hatte sie sich schon eine eigene Wohnung gesucht -
nach den Jahren im Heim hatte sie einen Anspruch auf "dezentrale
Unterbringung". Doch dann kam das Studium - und das AfSD zog seine
Mietzusage zurück.
An zwei Tagen in der Woche arbeitet Behzadi jetzt als Kellnerin. 200 Euro
im Monat verdient sie dort. "Davon muss ich mich aber für 70 Euro noch
selber krankenversichern", sagt sie. Andere Einkünfte hat sie nicht.
Die Bremer Sozialbehörde macht ihr wenig Hoffnung. "Das Amt für Soziale
Dienste hat da keinen Ermessensspielraum", sagt Sprecherin Petra Kodré.
Durch die Aufnahme des Studiums habe sie ihren Anspruch auf
Sozialleistungen verloren - auch wenn sie kein Bafög bekommen könne.
Behzadis Anwalt Karim Popal macht das Verwaltungsgericht für die Lage
seiner Mandantin verantwortlich. "Würden die den Fall nicht seit Jahren
verschleppen, könnte sie ganz normal Bafög beziehen", sagt er. Stattdessen
lasse man die Fälle aus dem Iran liegen, weil man ihnen wegen der
angespannten Lage möglicherweise Asyl zusprechen müsste. "Das macht die
Leute fertig, viele werden davon psychisch krank", sagt er. Dass Behzadi so
zielstrebig geblieben sei, erstaune ihn. "Sie trotzt allen Schwierigkeiten
und ist sehr fleißig, weil sie an ihre Zukunft glaubt."
Das Verwaltungsgericht weist den Vorwurf zurück. Zwar gebe es tatsächlich
Asyl-Klagen von IranerInnen, die schon bis zu fünf Jahren auf ihre
Bearbeitung warten. Doch liege dies an der "vollkommenen personellen
Unterbesetzung", sagt die für Behzadis Fall zuständige Kammervorsitzende
Annette Ohrmann. "Wir sind darüber genauso unglücklich." Wann diese Fälle
drankämen, sei aber völlig offen.
15 Jun 2010
## AUTOREN
Christian Jakob
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