# taz.de -- Bildungsbericht der Kultusminister: Mehr Streber und mehr Sitzenble… | |
> Die Kluft zwischen Gutgebildeten und Unwissenden wächst, zeigt der | |
> aktuelle Bildungsbericht der Kultusminister. Jedes dritte Kind wächst in | |
> Familien auf, die arm, arbeitslos oder ungebildet sind. | |
Bild: Die Bildungskluft wird größer. | |
BERLIN taz | Deutschland driftet im Bildungsbereich auseinander. Auf der | |
einen Seite profitieren immer mehr Kinder von Bildungsangeboten. Der Anteil | |
jener Kinder, die im Windelalter pädagogisch gefördert werden ist in den | |
vergangenen Jahren gestiegen und es gibt einen anhaltenden und größer | |
werdenden Run auf die Gymnasien. Auf der anderen Seite wächst jedes dritte | |
Kind in einer Risikolage auf und jeder Sechste zwischen 20 und 30 Jahren | |
hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. "Die Bildungskluft wird größer", | |
so das Fazit von Thomas Rauschenbach, Forscher am Deutschen Jugendinstitut | |
und einer der Autoren des Berichts. | |
Alle zwei Jahre geben die Kultusminister der Länder eine Gesamtschau des | |
deutschen Bildungswesens heraus - den Bildungsbericht. Der aktuelle Bericht | |
schaut in die Zukunft und prognostiziert, wie sich Kindergärten, Schulen, | |
Hochschulen und die berufliche Ausbildung vor dem Hintergrund sinkender | |
Kinderzahlen verändern werden. Das deutsche Institut für Internationale | |
pädagogische Forschung, das diesmal die Federführung hatte, hat zu diesem | |
Zweck Statistiken aller Bildungsbereiche zusammengelegt und ausgewertet. | |
Das Bildungswesen der Zukunft stehe vor neuen Herausforderungen, so die | |
Forscher. Die Geburtenzahlen sinken zwar und damit lösen sich manche | |
Probleme am Arbeitsmarkt von selbst. So ist der Anteil der Jugendlichen, | |
die nach der Schule keine Lehrstelle finden und übergangsweise in | |
Beschäftigungsmaßnahmen geparkt sind, seit 2005 deutlich gesunken. Der | |
aktuellen Statistik von 2008 entsprechend wanderten nicht mehr knapp 40 | |
sondern nur noch ein Drittel der Jugendlichen nach der Schule ins | |
sogenannte Übergangssystem ab. "Das Übergangssystem schrumpft, aber die | |
Probleme bleiben", meint Horst Weishaupt vom DIPF. Der Anteil der jungen | |
Leute ohne Berufsabschluss sei beängstigend hoch. "Auch ein Effekt dessen, | |
dass viele derjenigen, die durchs Übergangssystem gegangen sind, am Ende | |
doch keine Lehrstelle gefunden haben." | |
Nur 40 Prozent der Hauptschüler fand 2008 einen Platz in einer regulären | |
beruflichen Ausbildung. Von denjenigen, die nicht einmal den | |
Hauptschulabschluss haben, hat ein Viertel eine Lehrstelle bekommen. Die | |
Hälfte der Jugendlichen ohne Schulabschluss kommt aus Förderschulen, eine | |
Schulform, die deutschlandweit wachsende Schülerzahlen verzeichnet. | |
Menschen, die keinen Schulabschluss oder nur den Hauptschulabschluss haben, | |
sind besonders gefährdet als Hartz-IV-Empfänger Karriere zu machen. Die | |
Forscher sagen voraus, dass dauerhaft 1,3 Millionen keine Arbeit haben | |
werden. Denn die Wirtschaft hat einen sinkenden Bedarf an | |
Geringqualifizieren. | |
Die latente Krise der beruflichen Bildung wirkt sich auch auf die nächste | |
Generation aus. Der Anteil der Kinder, die in Familien ohne allgemeinen | |
Schulabschluss aufwachsen, ist seit 1996 stetig gestiegen und beträgt | |
aktuell vier Prozent. Neben solchen kulturellen Risikolagen unterscheiden | |
die Forscher auch soziale und finanzielle Risikolagen, also Eltern, die | |
beide arbeitslos oder arm sind, das heißt weniger als 60 Prozent vom | |
Durchschnitt verdienen. Knapp 30 Prozent der über 13 Millionen Kinder unter | |
18 Jahren wuchsen 2008 mit mindestens einer Risikolage auf. Von den Kindern | |
mit Migrationshintergrund sind es sogar über 40 Prozent. | |
Eine Entwicklung gegen den Trend eigentlich, denn im gleichen Zeitraum ist | |
der Anteil der Kinder aus Akademikerfamilien von einem Viertel auf über ein | |
Drittel gestiegen. Der Bedarf an Hochschulabsolventen wird weiter steigen, | |
prognostizieren die Wissenschaftler. Es fehle in Zukunft nicht an | |
Arbeitskräften sondern an ausreichend Qualifizierten, meint Rauschenbach | |
und appelliert an Bund und Länder, in die Bildung der Menschen zu | |
investieren, die da sind. | |
17 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |