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# taz.de -- "Garani Massaker": Neues Wikileaks-Video erwartet
> Das Irak-Video "Collateral Murder" regte auf. Jetzt kündigte Wikileaks
> ein neues Militärvideo an, diesmal aus Afghanistan: Das "Garani-Massaker"
> mit mindestens 95 Toten, darunter viele Kinder.
Bild: Ein Dorf in Schrecken: Bei dem Luftangriff auf Garani starben 90 Kinder n…
Es war der 4. Mai 2009 im Westen Afghanistans, als die US-Luftwaffe nach
eigenen Angaben am späten Nachmittag vier Angriffe mit F18-Kampfjets flog
und später in der Dunkelheit drei weitere Angriffe mit B1-Bombern. "Es war
wie am Jüngsten Tag. Wer kann das schon verkraften, so viele Tote zu
sehen", beschreibt ein Arbeiter aus dem bombardierten Dorf Garani im Westen
Afghanistans gegenüber [1][Human Rights Watch] den Angriff. Daraufhin
forderte Präsident Karzai weitere US-Luftangriffe in Afghanistan zu
unterlassen. US-Außenministerin Hillary Clinton wird sich später für den
Angriff entschuldigen.
Es war kein guter Tag – weder für Afghanistan, noch das US-Militär. Schon
bald könnte der 4. Mai die Öffentlichkeit wieder einholen, denn die
Informantenplattform [2][Wikileaks] besitzt ein brisantes Video des
Angriffs.
In einer [3][Untersuchung] gab das US-Militär an, man zielte auf eine
Gruppe von 300 Taliban, die die Dorfbewohner von Garani bedrohten. Sicher
ist, es war einer der tödlichsten Angriffe seit der Invasion in Afghanistan
2001 und es kam eine ungewöhnlich hohe Zahl von Kindern dabei ums Leben.
Die afghanische Regierung spricht von 140 Toten, davon 92 Kinder. Das
US-Militär sprach von bis zu 95 Getöteten.
Einiges erinnert an die Bombardierung der Tanklaster im September 2009.
Auch in Garani handelte die US-Luftwaffe auf Anfrage – diesmal des
Afghanischen Militärs. Wieder gab es eine hohe Anzahl toter Zivilisten und
wieder war die internationale Kritik groß. Eines ist bei Garani aber
anders: Es gibt ein Video, aufgenommen von einem der B1-Bomber am 4. Mai
2009.
Ein Video, das mehr Klarheit schaffen kann. Wie viele Opfer gab es? Was für
eine Sprengkraft wurde eingesetzt und lassen sich die Personen als Taliban
identifizieren? US-General David Petraeus kündigte in einem [4][Interview]
mit dem Radiosender NPR Ende Mai 2009 an, man würde das Video bei einer
Pressekonferenz vorführen. Man wolle beweisen, dass der Angriff angemessen
gewesen sein.
Angekündigte Pressekonferenzen wurden verschoben, eine Zusammenfassung des
Untersuchungsbericht wurde veröffentlicht, das Video wurde der
Öffentlichkeit aber nie gezeigt. Auf Anfragen zum Grund des Herauszögern,
reagierte das Pentagon ausweichend. "Das Video zeigt Elemente unserer
Operation, die vom Gegner genutzt werden können, um unsere Taktiken zu
verstehen“", teilte CENTCOM Sprecher Jack Hanzlik dem [5][Wired Magazin] im
Juni 2009 mit.
Die Verantwortlichen waren zerstritten. Veröffentlichen und Transparenz
zeigen oder würde man schlechte Presse ernten und den Einsatz noch
unbeliebter machen? All das fiel zeitlich mit der Ernennung des neuen
ISAF-Kommandeur Stanley A. McChrystal am 15. Juni 2009 zusammen, der für
eine neue Einsatz- und Öffentlichkeitsstrategie plädierte. Weniger Opfer in
der Zivilbevölkerung war eines seiner Vorhaben, die er in seiner
Antrittsrede vor dem US-Senat als wichtig hervorhob.
Zeitgleich im Juni berichten zwei Offizielle des US-Militärs gegenüber der
US-Zeitung [6][McClatchy], dass das Video große Fehler bei dem Angriff
aufzeigt. Auf den Aufnahmen sei zu erkennen, dass niemand untersucht hat,
ob Frauen oder Kinder sich in dem bombardierten Gebäuden befinden. Die
vorgegebenen Sicherheitsprozeduren seien nicht befolgt worden.
Ein brisantes Video, zurückgehalten vom US-Militär und doch fand es seinen
Weg an die Öffentlichkeit. So geschah es mit einer Aufnahme der Militärs
von einem Kampfhubschraubereinsatz in Bagdad am 12. Juli 2007. Fast drei
Jahre später wurde die Aufnahme von der Informantenplattform Wikileaks
unter dem Namen „[7][Collateral Murder]“ veröffentlicht und sorgte weltweit
für eine Debatte über Strategie und Transparenz des Afghanistaneinsatzes.
Das könnte nun auch mit dem Garani-Video passieren. Wikileaks-Gründer
Julian Assange kündigte am Mittwoch eine baldige Veröffentlichung dieses
Videos an. Das US-Blog [8][The Daily Beast] bekam eine eMail von Assange
zugespielt, die besagt, dass die letzten Vorbereitungen für eine
Veröffentlichung getroffen werden. Er spricht vom "Garani Massaker" und dem
"tödlichsten Angriff in Afghanistan, seit die USA in das Land
einmarschierten".
Assange ist den letzten Tagen untergetaucht. Er befürchtet, von
amerikanischen Geheimdiensten verfolgt zu werden. Erst letzte Woche wurde
bekannt, dass die US-Behörden versuchen den Aufenthaltsort von Assange
ausfindig zu machen. Man befürchtet ein nationales Risiko und vor allem:
eine große Zahl weiterer brisanter Dokumente in den Händen von Wikileaks.
Daniel Schmitt, Mitarbeiter von Wikileaks, sagte gegenüber der taz, dass
auf die Veröffentlichung noch etwas gewartet werden müsse: "Soweit ich
weiß, dauert es noch ein bisschen."
Dass der US-Soldat Bradley Manning das Irak-Video "Collateral Murder" der
Informantenplattform zugespielt hat, ist bisher allerdings umstritten. Der
mittlerweile verhaftete Manning vertraute sich einem befreundeten Hacker
an, der ihn angeblich an die US-Behördern verpfiff. Sicher ist nur, dass
bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von "Collateral Murder" von
Wikileaks bekanntgegeben wurde, dass man bald ein weiteres brisantes Video
aus dem Afghanistaneinsatz veröffentlichen werde. Vermutlich von der selben
Quelle stammend.
17 Jun 2010
## LINKS
[1] http://www.hrw.org/en/news/2009/05/14/afghanistan-us-should-act-end-bombing…
[2] http://wikileaks.org/
[3] http://www.centcom.mil/en/press-releases/us-central-command-investigation-i…
[4] http://www.npr.org/templates/story/story.php?storyId=104696275
[5] http://www.wired.com/dangerroom/2009/06/afghan-airstrike-video-goes-down-th…
[6] http://www.mcclatchydc.com/2009/06/15/70130/pentagon-wavers-on-releasing-re…
[7] http://www.collateralmurder.com/
[8] http://www.thedailybeast.com/blogs-and-stories/2010-06-15/wikileaks-founder…
## AUTOREN
Dominik Schmidt
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