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# taz.de -- PKK-Angriff auf türkisches Armeecamp: Der Krieg kehrt zurück
> PKK-Guerillakämpfer attackieren ein Militärcamp im Südosten der Türkei
> und töten 12 Soldaten. Die Armee reagiert mit Luftangriffen, bei denen
> doppelt so viele Kämpfer sterben.
Bild: Von der PKK getötete Soldaten werden mit militärischem Zeremoniell auf …
ISTANBUL taz | Zwölf tote Soldaten, mindestens doppelt so viele getötete
Kämpfer der kurdischen PKK, die Türkei erlebte am Samstag und Sonntag das
blutigste Wochenende seit Jahren. Am frühen Samstagmorgen stürmten rund 250
kurdische Guerillakämpfer ein Militärcamp in der Nähe von Semdinli, einer
Kreisstadt im äußersten türkischen Südosten direkt an den Grenzen zu Irak
und Iran. Die PKK-Angreifer sollen laut Angaben der türkischen Armee mit
schweren Waffen, darunter auch Raketenwerfern, ausgerüstet gewesen sein.
Die Armee reagierte mit Luftangriffen auf die PKK-Basen im Nordirak, in der
Nacht von Samstag auf Sonntag überschritten dann auch Bodeneinheiten die
Grenze zum Nordirak und verfolgten PKK-Guerillakämpfer bis zehn Kilometer
tief in den Irak hinein.
Der Angriff ist der bisherige Höhepunkt einer Militäroffensive, die die PKK
offenbar auf Anweisung ihres auf der Insel Imrali gefangenen Anführers
Abdullah Öcalan Ende Mai startete. Ende Mai hatte Öcalan einen
Waffenstillstand der PKK offiziell für beendet erklärt, weil die türkische
Regierung aus seiner Sicht nicht zu Friedensverhandlungen bereit sei.
Tatsächlich war die im letzten Sommer von der Regierung Tayyip Erdogans
gestartete "Demokratieoffensive" mit dem Ziel einer politischen Lösung der
Kurdenfrage bereits im Herbst wieder eingestellt worden. Die
Erdogan-Regierung hatte geplant, PKKlern, die ihre Waffen niederlegen, eine
straffreie Rückkehr aus dem Irak in die Türkei zu gestatten. Nachdem die
erste Gruppe von der kurdischen DTP aber im Triumphzug durchs Land gefahren
worden war, geriet Erdogan unter massive Kritik und stoppte bereits die
nächste Gruppe. Im Herbst wurde dann noch die Kurdenpartei DTP verboten,
was der politischen Initiative den Rest gab.
Seit dem Frühjahr hat die PKK deshalb ihre Angriffe wieder aufgenommen. Ein
erster spektakulärer Angriff auf eine Marinebasis am Mittelmeer ging in der
türkischen Öffentlichkeit unter, weil am selben Tag israelische Soldaten
das Gaza-Hilfsschiff "Mavi Marmara" enterten. Seit den Kämpfen an diesem
Wochenende aber ist die Kurdenfrage wieder zum dominierenden Thema
geworden. Erdogan und sein Stellvertreter Cemil Cicek reisten am
Sonntagmorgen beide zu einer Trauerfeier nach Van, der größten Stadt in der
umkämpften Region, von wo die Särge der getöteten Soldaten feierlich in
Flugzeuge verladen wurden, um in ihre Heimatorte gebracht zu werden.
Unterdessen fordert die rechte Opposition in Ankara bereits die
Wiedereinführung des Kriegsrechts in den grenznahen kurdischen Regionen.
Vor neun Jahren waren just in dem Gebiet, in dem nun die schweren Kämpfe
stattfanden, die letzten Kriegsrechtsbestimmungen aufgehoben worden. Jetzt
sieht alles nach einer Rückkehr des Krieges aus. Die kulturellen
Zugeständnisse, die die Regierung Erdogan gemacht hat, blieben zwar weit
hinter den politischen Forderungen der Kurdenparteien zurück, gingen der
Opposition dennoch schon zu weit. Die Kurden fordern eine kulturelle und
politische Autonomie im Südosten des Landes und eine Gleichsetzung von
Kurden und Türken in der Verfassung. Die Stimmung in der Bevölkerung wird
zwischen Kurden und Türken immer feindseliger. Eine politische Lösung ist
nicht in Sicht. Auch Erdogan hat sich gestern erst einmal auf markige Worte
beschränkt und angekündigt, man werde jede Anstrengung unternehmen, um noch
den letzten kurdischen Rebellen auszulöschen.
21 Jun 2010
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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