# taz.de -- Kommentar: Reformen in Ruhe umsetzen | |
> Berlin hat gerade eine Vielzahl von Änderungen im Bildungssystem auf den | |
> Weg gebracht, die tatsächlich die Chance auf mehr Bildungsgerechtigkeit | |
> bieten. Die sind nun erst einmal mit Ruhe und Sorgfalt umzusetzen - und | |
> ihre Ergebnisse abzuwarten. | |
Er wolle den schlechten Ergebnissen der jüngsten Bildungsvergleichsstudie | |
nicht mit hektischen Maßnahmen begegnen, so Schulsenator Zöllner. Und er | |
hat Recht. Berlin hat gerade eine Vielzahl von Änderungen im Bildungssystem | |
auf den Weg gebracht, die tatsächlich die Chance auf mehr | |
Bildungsgerechtigkeit bieten. Die sind nun erst einmal mit Ruhe und | |
Sorgfalt umzusetzen - und ihre Ergebnisse abzuwarten. So schwer das vor dem | |
Hintergrund solcher niederschmetternder Testergebnisse auch fallen mag. | |
Und auch damit, auf das schlechte Abschneiden türkeistämmiger Schüler nicht | |
mit Sondermaßnahmen für diese Gruppe zu reagieren, hat Zöllner Recht. Denn | |
die Stigmatisierung dieser Einwandererkinder als besonders schwierige | |
Schülergruppe ist Teil des Problems, nicht Teil der Lösung. | |
Deutschförderung für Kinder türkischer Herkunft in Kitas oder Grundschulen | |
bringt nichts, wenn diese Kinder dort unter sich bleiben. Und das tun sie, | |
solange die anderen (deutschen) Eltern Angst vor den migrantischen | |
"Problemkindern" haben. | |
Dass diese Segregation 50 Jahre nach Beginn der Einwanderung noch so groß | |
ist, ja größer wird, hat mit wachsender Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, | |
mit dem Kampf um Privilegien und Aufstiegschancen zu tun. Viele Eltern der | |
heutigen SchülerInnen, die wir immer noch "türkeistämmig" nennen, gehören | |
schon zur zweiten Einwanderergeneration, haben selbst hier die Schule | |
besucht. Auf dem Arbeitsmarkt sind sie dennoch Verlierer. Dass nun ihre | |
Kinder im Schulsystem scheitern, hat auch damit zu tun: Die Hoffung auf | |
Aufstieg durch Bildung hat sich für zu viele Einwanderer nicht erfüllt. | |
Zöllners Reformen müssen ihnen neuen Mut machen, statt sie erneut | |
auszusondern. | |
24 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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