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# taz.de -- Gewerkschafterin über Schulvergleich: "Eltern gehen auf die Barrik…
> Der Leistungsdruck in Bayern geht auf Kosten der Gerechtigkeit, sagt
> Gewerkschafterin Marianne Demmer. Der Leistungsstress beginne dort
> bereits in den Grundschulen.
Bild: Die soziale Auslese ist in Bayern am härtesten.
taz: Frau Demmer, die Herkunft bestimmt immer noch wesentlich die
Schulleistung. Haben die Länder aus zehn Jahren Pisa nichts gelernt?
Marianne Demmer: Sie sind auf jeden Fall nicht energisch gegen soziale
Ungleichheit vorgegangen und haben nicht konsequent an der Leseförderung
gearbeitet. Tausende bunte Blumen sind erblüht, um Schüler besser im Lesen
zu fördern. Aber niemand hat überprüft, welche dieser Projekte eigentlich
etwas bringen.
Gerade beim Lesen klaffen die Leistungen weit auseinander, was läuft
schief?
Es gibt nach wie vor sehr viele sogenannte funktionale Analphabeten, über
deren Probleme die Länder bisher gnädig hinweggesehen haben. Für Migranten
sollte es in allen Schulformen der Sekundarstufe I die Möglichkeit einer
individuellen Sprachförderung geben. Was man sich als Muttersprachler
zusammenreimen kann, etwa Fachbegriffe, dafür brauchen jene, die Deutsch
als Fremdsprache lernen, Ansprechpartner. Aber man geht bei der
Lehrerzuweisung immer noch leichtfertig davon aus, dass Schüler, die aus
der Grundschule kommen, lesen können.
Woher kommen die riesigen Unterschiede in den Leseleistungen? Bremen liegt
ein Schuljahr hinter Bayern.
Schaut man sich das oberste Leistungsspektrum an, sind die Unterschiede gar
nicht so riesig, auch die gescholtenen Stadtstaaten sind relativ gleichauf
mit Bayern. Aber in der Gruppe der Leistungsschwächeren schneiden sie
schlecht ab. Ich vermute, dass die Zusammensetzung der Schülerschaft großen
Einfluss hat. Die Gruppe der Migrantenkinder ist in den Stadtstaaten etwa
doppelt so groß wie in Bayern.
Widrige Umstände sind eine Erklärung, aber was läuft besser in bayerischen
Schulen?
Das wurde leider nicht untersucht. Es mag sein, dass sich der höhere
Leistungsdruck in Bayern positiv auf die Leistungen auswirkt, aber er geht
mit Sicherheit auf Kosten der Gerechtigkeit. In Bayern gehen Eltern auf die
Barrikaden, weil der Leistungsstress in den Grundschulen bereits ab der
dritten Klasse vor dem Übergang auf weiterführende Schulen so hoch ist.
In Berlin gehen Kinder sechs Jahre zur Grundschule, die Leistungen hängen
aber noch stärker als in Bayern von der Herkunft ab.
Berlin hat eine sehr viel heterogenere Schülerschaft als Bayern. Zwei
Schuljahre länger ohne die entsprechenden Förderkapazitäten können dies
nicht wettmachen. Aber die soziale Auslese beim Übergang aufs Gymnasium ist
in Berlin bei weitem nicht so ungerecht wie in Bayern.
Die Leistungen der Gymnasiasten sind aber schlechter. Wie bringt man beides
zusammen: Leistung und Gerechtigkeit?
Inklusive Schulsysteme sind der beste Weg, um beides auf einen Nenner zu
bringen. Wenn nämlich alle Schüler - wie in der Grundschule - gemeinsam
lernen, können die Lehrerinnen und Lehrer erst gar nicht auf die Idee
kommen, sich zu fragen, ob ein Kind nicht vielleicht besser an einer
anderen Schulformen aufgehoben wäre. Sie sind dann gleichsam gezwungen,
sich um jedes Kind zu kümmern, individuell zu fördern und auf guten
Lernbedingungen zu bestehen.
25 Jun 2010
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