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# taz.de -- Township-Touristen bei der WM: Mit dem Fahrrad durchs Ghetto
> Wer aus Europa nach Südafrika reist, will mehr sehen als schlechten
> Fußball. Gastwirt Lebogang Malepa bietet Übernachten im Township, mit
> Radtouren und Camping.
Bild: Jubel nach dem südafrikanischen Sieg gegen Frankreich: Straßenszene in …
SOWETO taz | Wenn abends in Soweto die Sonne untergeht, kommt ein völlig
neues Sozialleben zum Vorschein. Vor dem Hotel „Lebos Soweto Backpackers“
gibt es einen Campingplatz, damit Touristen das Nachtleben von Afrikas
größtem Township erleben können. Freiwillige schützen die Besucher vor
möglichen kriminellen Elementen, die sich in der Dunkelheit verstecken. Es
gibt Führungen zu lokalen Nachtclubs und Kneipen. Nam Ngo, ein 42-jähriger
Chinese, ist begeistert: „Ich kam für die WM, aber ich habe mich schon in
diesen Ort verliebt.“
Internationale Besucher, viele davon aus Deutschland, nutzen die WM, um
schwarze Townships in Südafrika zu besuchen und damit afrikanische Kultur
und Tradition zu erleben. Vor allem Soweto erlebt einen regelrechten Boom.
Dies liegt unter anderem daran, dass hier eines der WM-Stadien liegt.
Außerdem wohnen hier Nelson Mandela und Desmond Tutu.
Jan, ein 30-jähriger Deutscher, ist hingerissen von Soweto. „Am ersten Tag
sind wir mit dem Fahrrad durchs Ghetto gefahren. Das war einmalig, eine
unvergessliche Erfahrung“, sagt der 30-jährige Deutsche. Er hat auch
historische Gedenkstätten besucht, zum Beispiel das Hector-Peterson-Museum,
wo der Opfer des Soweto-Schüleraufstands vom 16. Juni 1976 gedacht wird.
„Da habe ich viel gelernt.“
Der Mann hinter dem Touristenboom ist Lebogang Malepa, stolzer Eigentümer
von „Lebos Soweto Backpackers“ im Stadtteil Orlando West. Er ist heute der
führende Tourismusunternehmer des Townships. Sein Hotel gründete er lange
vor der WM, erzählt er. „Ich hatte die Idee 1999, als viele Leute noch
Angst davor hatten, hierher zu kommen. Die Medien malten ein Bild von
Soweto als notorischem Kriminalitätsschwerpunkt.“ Ohne Sponsoren im Rücken
investierte er sein Erspartes in die Gründung eines
Reiseführerunternehmens. „Dann, nach Monaten, verwandelte ich mein
Vier-Zimmer-Haus in ein Gästehaus.“
Sechs Jahre später, im Jahr 2005, erweiterte er sein Geschäft und fing an,
Touristen per Fahrrad durch Soweto zu führen. „Ich kaufte ein gebrauchtes
Rad von einer lokalen Fabrik. Die Idee war, dass die Besucher das Township
unmittelbar erfahren sollen: den Geruch von Holzkohle in der Morgenflut,
die verschiedenen Begrüßungsarten, die Landschaft aus der Nähe“, erklärt
Lebogang.
Heute kostet die Radtour 200 Rand (20 Euro) für zwei Stunden und 600 Rand
(60 Euro) für vier Stunden. Philip Mkhanya, der Touristenführer, kümmert
sich um die Besucher. „Ich mache dies seit einem Jahr und es gibt keine
schönere Art, Leute zu treffen“, strahlt der 24-Jährige. „Und ich sammele
Praxiserfahrung für die Zukunft.“
Das Hotel, das Lebogang in seinem Haus gründete, hat heute 15 Angestellte.
Im Restaurant gibt es lokale südafrikanische Township-Spezialitäten wie Pap
(Maisbrei) oder Mogudu (Ochsengedärme). Touristen werden mit dem Shuttlebus
abgeholt, und die Besucher sind begeistert. „Das ganze Stigma gegenüber
Soweto war offensichtlich übertrieben, denn die Touristen kommen immer
wieder“, freut sich Lebogangs Frau Maria, die die Buchungen verwaltet.
Raphael Pequimott, ein 29-jähriger Franzose, ist ganz aufgeregt: Er war
noch nie in Afrika, und jetzt ist er hier in Soweto gelandet. „Die
Einheimischen sind fantastisch“, strahlt er. „Sie heißen einen willkommen
und sie haben Fußball im Blut.“ Es gibt im Hotel eine Großleinwand und
einen Kühlschrank mit Bier. „Ich habe das lokale Bier probiert, und es ist
das beste, das ich kenne“, freut sich der Franzose. Er musste also nicht
einmal ins Stadion gehen.
25 Jun 2010
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Elektrofahrrad
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