# taz.de -- Angst vor Lizenzverlust: Google ändert China-Strategie | |
> Der Netzriese lockert seine Anti-Zensur-Haltung: Da Peking droht, Google | |
> die Geschäftslizenz zu entziehen, werden Surfer künftig nicht mehr | |
> automatisch ins freie Hongkong umgeleitet. | |
Bild: Image- und Geschäftsinteressen im Konflikt: Niederlassung von Google in … | |
Der Ansatz war grundsätzlich clever: Nachdem Google im Frühjahr angekündigt | |
hatte, sich nicht mehr der Pekinger Internet-Zensur zu unterwerfen, wurden | |
die Suchanfragen, die zuvor auf der Hauptseite [1][Google.cn] landeten, | |
nach Hongkong umgeleitet, wo der Konzern frei agieren kann. | |
Seither lag es in der Hand der Regierung Chinas, Freiheitsrechte | |
einzuschränken: Google selbst zensierte nicht mehr, stattdessen musste die | |
chinesische Blockadeinfrastruktur, "große Firewall" genannt, den | |
Datenverkehr bei ungeliebten Suchbegriffen auf dem Transitweg wegfiltern. | |
Der Internet-Riese selbst war dagegen aus dem Schneider und ließ sich | |
ausgiebig feiern – von der US-Regierung und der Weltpresse. | |
Doch das war vor dieser Woche. Wie Google am Abend in seinem | |
[2][offiziellen Weblog] mitteilte, soll die automatische Weiterleitung | |
("Redirect") gen Hongkong nun wieder aufgehoben werden. Der Grund ist so | |
trivial wie zwingend: Am 30. Juni steht die Erneuerung von Googles | |
offizieller "Internet Content Provider"-Lizenz (ICP) an, die jeder | |
ausländische und inländische Netzinhalteanbieter in China benötigt. | |
Da Google jedoch ein gehöriges Grummeln seitens zuständiger Pekinger | |
Beamter vernahm, die sich am Redirect der Suchmaschine stören, will der | |
Konzern kein Risiko eingehen, die ICP-Zulassung zu gefährden. "Würden wir | |
die nicht erhalten, können wir keine kommerzielle Website in China mehr | |
unterhalten", so Justiziar David Drummond. | |
Um nicht gänzlich aus der Anti-Zensur-Rolle zu fallen, soll auf der | |
chinesischen Seite "Google.cn" nun ein Link auf die Suchmaschine in | |
Hongkong stehen, "wo die Nutzer dann suchen können". Andere Dienste wie ein | |
Musikservice und ein Übersetzungsangebot, die beide lokal ohne Filter | |
auskommen, seien direkt auf "Google.cn" integriert, so Drummond weiter. | |
"Dieser neue Ansatz ist konsistent mit unserer Selbstverpflichtung, nicht | |
zu zensieren und entspricht, wie wir glauben, auch örtlichen Gesetzen." | |
Fragt sich nur, ob chinesische Nutzer den neuen Ansatz verstehen. Die | |
dürfte der nun notwendige zusätzliche Klick eventuell wieder zurück zu | |
lokalen (und zensierten) Suchmaschinen wie [3][Sina] treiben. Diese hatten | |
in den letzten Monaten bereits weiter Marktanteile gewonnen. [4][Baidu], | |
größter chinesischer Anbieter von Search-Services, geht mittlerweile sogar | |
im Silicon Valley auf Talentjagd, wie Reuters meldet. 30 Ingenieure sollen | |
im Juli unter Vertrag genommen werden. | |
29 Jun 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.google.cn/ | |
[2] http://googleblog.blogspot.com/2010/06/update-on-china.html | |
[3] http://english.sina.com/index.html | |
[4] http://www.baidu.com/ | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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