# taz.de -- Ergebnis der Präsidentenwahl: Polen wählt tief gespalten | |
> Nur knapp hat sich Komorowski bei der Präsidentenwahl durchgesetzt. Jetzt | |
> spricht der Liberalkonservative von Versöhnung. | |
Bild: Der Held des Tages, Bronislaw Komorowski, lächelte zwar, nahm Blumen und… | |
"Der nächste Präsident Polens wird Bronislaw Komorowski!", verkündete ein | |
Reporter am Sonntagabend nach Schließung der Wahllokale. Doch im | |
Wahlkampfzentrum Komorowskis brandete kein frenetischer Jubel auf. Der Held | |
des Tages lächelte zwar, nahm Blumen und Küsschen entgegen, machte aber | |
eher den Eindruck, als wollte er sagen: "Aha". | |
Auch der Parteivorsitzende der liberalkonservativen Bürgerplattform, Donald | |
Tusk, wirkte unruhig und gestresst. Von Freude keine Spur. Das hatte seinen | |
Grund. Denn die Prognosen nach dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen waren | |
blamabel falsch. So wollte sich Komorowski am Abend nicht gleich zum | |
Wahlsieger erklären. Fast schon tröstend sagte er seinen Wahlhelfern: | |
"Heute machen wir eine kleine Champagnerflasche auf und morgen dann eine | |
große." | |
Tatsächlich übernahm Komorowskis Rivale Jaroslaw Kaczynski von der | |
nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit kurz nach Mitternacht | |
vorübergehend die Führung. Als die Wahlkommission 51,5 Prozent der Stimmen | |
ausgezählt hatte, zog Kaczynski an Komorowski vorbei. Erst zwei Stunden | |
später, als die Ergebnisse der großen Städte eintrafen, kehrte sich das | |
Verhältnis wieder um. Am Morgen war klar: Komorowski hatte mit knapp 53 | |
gegen 47 Prozent tatsächlich gewonnnen. | |
Auch diesmal ging es um die Stimmen der Linken. Wen würden die Wähler von | |
Grzegorz Napieralski, dem Vorsitzenden des Bündnisses des demokratischen | |
Linken, in der Stichwahl unterstützen? Im ersten Wahlgang, als noch zehn | |
Kandidaten gegeneinander antraten, hatte Napieralski mit 14 Prozent der | |
Stimmen einen respektablen und völlig unerwarteten dritten Platz erreicht. | |
Seine Wähler waren die Königsmacher am Sonntag. Obwohl der Vorsitzende der | |
Linken beide konservative Kandidaten als unwählbar bezeichnete, hatten | |
Expräsident Aleksander Kwasniewski und Polens früherer Premier und | |
Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz, beides prominente Linke, für | |
Komorowski geworben. Die Mehrheit der Linken sympathisierte eher mit dem | |
Liberalkonservativen und verhinderte so die Wahl des Euroskeptikers | |
Kaczynski. | |
Der knappe Ausgang der Wahlen hat die bekannte Spaltung der polnischen | |
Gesellschaft erneut bestätigt. Der Politologe Jarolaw Flis von der | |
Jagiellonen-Universität in Krakau beschreibt das so: "Die einen halten sich | |
für moralisch überlegen - das sind die Kaczynski-Anhänger, die anderen | |
halten sich für intellektuell überlegen - das sind die | |
Komorowski-Anhänger." Komorowski hat sich vorgenommen, die beiden Gruppen | |
wieder miteinander versöhnen. Sein Motto: "Eintracht baut auf - Polen ist | |
am wichtigsten". | |
5 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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