# taz.de -- Aktivist stellte illegales Walfleisch sicher: "Ich war schon unter … | |
> Den "größten Skandal in Japans Walfanggeschichte" habe er aufgedeckt, | |
> sagt Greenpeace-Aktivist Junichi Sato. Weil er dafür Walfleisch | |
> eingesackt hat, drohen ihm jetzt 18 Monate Haft. | |
Bild: Soll ins Gefängnis: Greenpeace-Mitarbeiter Junichi Sato. | |
taz: Herr Sato, Sie und Ihr Kollege Toru Suzuki müssen voraussichtlich in | |
Japan ins Gefängnis - haben Sie Angst? | |
Junichi Sato: Allerdings. Ich war schon 26 Tage in polizeilichem Gewahrsam, | |
23 davon ohne Anklage und ohne dass mein Anwalt bei den Verhören dabei sein | |
durfte. Ich war zusammen mit Mördern und Dealern. Die waren überrascht, sie | |
haben einen echten Kriminellen erwartet. | |
Die japanische Staatsanwaltschaft hält Sie auch für kriminell, sie hat 18 | |
Monate Haft für Sie beantragt. Was ist passiert? | |
Wir sind wegen Diebstahl und Hausfriedensbruch angeklagt - weil wir den | |
größten Skandal in der japanischen Walfanggeschichte aufgedeckt haben. | |
Welchen Skandal genau? | |
Im Januar 2008 hat ein früheres Besatzungsmitglied der japanischen | |
Walfangflotte zu uns Kontakt aufgenommen und erzählt, dass die Mannschaften | |
und auch die Wissenschaftler Walfleisch von Bord schmuggeln und dann auf | |
dem Schwarzmarkt verkaufen. Das ist verboten, der Walfang ist nur zu | |
wissenschaftlichen Zwecken erlaubt. | |
Was haben Sie gemacht? | |
Wir haben das Walfangschiff Nisshin Maru beobachtet, als es im April 2008 | |
in Tokio anlegte. Die Besatzung ging von Deck mit rund 100 Kartons. Ihr | |
Inhalt war als Pappe oder "gesalzene Dinge" deklariert. Wir haben den Weg | |
eines Kartons verfolgt. | |
Die Verfolgung endete wo? | |
In der Lagerhalle eines Paketdienstes, wir haben einen Karton an uns | |
genommen. | |
Geklaut? | |
Nun, wir haben ihn sichergestellt und geöffnet. Darin: 23,5 Kilo | |
Walfleisch. Wir schätzten den Schwarzmarktwert auf 3.000 US-Dollar. Das | |
Walfleisch haben wir den Medien präsentiert und der Staatsanwaltschaft | |
übergeben. Die hat ein Ermittlungsverfahren gegen die Walfänger eröffnet - | |
und drei Wochen später wieder eingestellt. Es gehe nicht um Unterschlagung, | |
sondern um Souvenirs, sagten die Behörden. | |
Stattdessen wurden Sie verhaftet. Nun touren Sie durch Deutschland und | |
wollen Hilfe? | |
Ich will international Druck aufbauen. In Japan trauen sich weder NGOs noch | |
Journalisten, illegale Machenschaften mit Regierungsbeteiligung | |
aufzudecken. Sie fürchten, dafür ins Gefängnis zu kommen. Darum ist unser | |
Fall nicht nur ein Wal-Fall, sondern ein Menschenrechtsfall. Es ist der | |
erste dieser Art in Japan. Er hat eine historische Dimension. | |
Welche Signale bekommen Sie von deutschen Politikern? | |
Deutschland hat bis zum Herbst 2010 die Präsidentschaft der UN-Konferenz | |
zur Biologischen Vielfalt inne und übergibt sie dann an Japan. Die | |
Regierungen könnten miteinander reden. Wir haben das auch Kanzlerin Angela | |
Merkel geschrieben, haben aber bisher keine Antwort. Sie arbeiten noch | |
daran, hören wir. | |
Unterstützt die japanische Bevölkerung Sie? | |
Kaum. 70 Polizisten haben unser Büroräume durchsucht, unsere | |
Privatwohnungen. Sie haben die Computer beschlagnahmt. Und als sie mich | |
festgenommen haben, waren die Fernsehteams schon da. Sie sind vorher | |
informiert worden, es war wie in einem Hollywoodfilm. Die Medien | |
versuchten, uns als Terroristen darzustellen und Greenpeace als eine | |
terroristische Vereinigung. | |
Sind Umweltschützer in Japan wirklich so verpönt? | |
Das kommt auf die Forderungen an. Immer mehr Leuten ist klar, dass wir was | |
gegen den Klimawandel tun müssen. Aber der Walfang hat eine lange | |
Tradition. Das ist etwas anderes. Allerdings begreifen die Medien unseren | |
Fall langsam als eine Frage der freien Meinungsäußerung. | |
Würden Sie die Aktion so nochmal machen ? | |
Natürlich habe ich daran manchmal gezweifelt. Aber wir wollen den Walfang | |
stoppen. Und ich habe mich dazu entschieden, mitzumachen, als ich vor neun | |
Jahren bei Greenpeace angefangen habe. Ich mag meine Arbeit. | |
Wie geht Ihre Geschichte aus? | |
Das UN-Menschenrechtskomitee hat unsere Inhaftierung verurteilt: Es wirft | |
der japanischen Regierung Verstöße gegen fünf Artikel der | |
Menschenrechtscharta und des UN-Paktes für bürgerliche und politische | |
Rechte vor. Unser Urteil wird am 6. September verkündet. | |
7 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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