Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- DFB-Scout Siegenthaler zum Halbfinale: "Spanien ist kein Geheimnis"
> Der Scout des DFB-Teams erklärt, wie der Erfolg der deutschen Mannschaft
> geplant wurde und weshalb das Spiel der Spanier dem Ideal von Jogi Löw
> entspricht.
Bild: Siegenthaler und Löw bei einem WM-Spiel: "Mit Joachim Löw zusammen kön…
Herr Siegenthaler, kann Sie Spanien noch überraschen?
Urs Siegenthaler: Mich? Ich denke nicht. Nein. Ich glaube, die Spanier sind
von uns überrascht.
Wie oft haben Sie Spanien beobachtet?
Spanien dürfte für uns kein Geheimnis mehr sein. Wir kennen die Spieler
alle aus der Champions League. Also wir wissen wirklich, was auf uns
zukommt. Dem Bundestrainer geht es hier nur noch um Details. Wir wissen,
wie Iniesta spielt, wir kennen Xabi Alonso. Wir kennen Torres, Xavi. Das
kann schlichtweg kein Geheimnis sein.
Hat Sie denn die deutsche Mannschaft überrascht?
Das soll jetzt nicht überheblich klingen. Aber aufgrund der intensiven
Vorbereitung seit Januar, Februar, aufgrund dessen, was sich der Trainer
vorgenommen hat, ehrlich gesagt: Nein. Wenn man gezielt, mit einem Konzept,
wenn man strategisch arbeitet, so wie es der Bundestrainer macht, dann
macht man auch Fortschritte. Ich stelle da immer einen Vergleich an. Wenn
wir zwei acht Wochen lang in einen Englischkurs gehen, dann ist es fast zu
100 Prozent sicher, dass wir beide hinterher besser Englisch sprechen. Wir
müssen nur hingehen und wir brauchen einen guten Lehrer, der uns da Schritt
für Schritt hinführt.
Der Erfolg ist also planbar?
Davon bin ich zu 100 Prozent überzeugt.
Sie waren sich schon vor dem Turnier sicher, dass sich bei der WM der
Offensivfußball durchsetzen wird. Warum eigentlich?
Wenn wir das Fußballfeld in vier Viertel aufteilen, dann stellen wir fest,
dass in den ersten drei Vierteln mittlerweile alle 32 Mannschaften sehr gut
sind. Im letzten Viertel ganz vorne aber -- ich nehme jetzt mal Holland,
Spanien und Deutschland aus -- haben alle Mannschaften Probleme.
War das schon immer so?
Gehen wir nur einmal ein bisschen zurück in der Historie des Spiels. Da hat
sich jeder Trainer mit der Defensive beschäftigt. Verschieben, Aufrücken,
eng Stehen, kompakt Stehen, das sind ja Schlagworte, die mittlerweile jeder
kennt. Mit denen könnten auch Sie sicher eine Jugendmannschaft übernehmen.
Aber wir haben uns lange zu wenige Gedanken über die Offensive gemacht.
Warum?
Das ist unheimlich schwer zu unterrichten. Da sind uns andere Sportarten
voraus. Im Handball, Basketball, Eishockey, da sind die Spielzüge förmlich
einstudiert. Ich weiß, dass das in Fußball nicht so einfach ist, aber es
haben sich einfach zu wenige Offensivtrainer damit beschäftigt.
Das hieße ja, dass wie in Jugendmannschaften gespielt wird, wo alle nach
vorne laufen, um irgendwie ein Tor zu erzielen.
Ich kann ihnen Szenen zeigen, da stehen sechs Mann im Zentrum und rennen
dem Ball nach und links und rechts steht kein Mensch.
Bei den Spaniern ist das sicher anders.
Das was Spanien zeigt, dass entspricht sicher der Idealvorstellung des
Bundestrainers von Fußball. Wer träumt nicht von Barcelona? Und dieser Klub
ist sind schon lange gut. Seine Spieler waren U17-Weltmeister,
U19-Europameister. Das ist sicher eine goldene Generation.
Haben sich die Spanier denn weiterentwickelt in den letzten zwei Jahren?
Die letzten fünf Prozent aus einer Zitrone zu pressen, ist verdammt hart.
Die Spanier sind natürlich unheimlich gut, sie haben eine riesige Ordnung
auf dem Platz, die Mannschaft ist nicht überheblich, aber sie weiß, was sie
kann.
Sie beschäftigen sich auch immer mit den Mentalitäten der gegnerischen
Mannschaften. Wie beurteilen sie da die Spanier?
Ich denke, dass es ein stolzes Volk ist. Mir ist bei meinen Reisen nach
Spanien immer aufgefallen, dass die Leute sehr korrekt, auch sehr
traditionsbewusst sind. Sie sind auch nie unfair. In Barcelona etwa, da
gibt es nie ein Skandalspiel. Wenn sie verlieren, dann verlieren sie und
gratulieren dem Gegner.
Gibt es Nationalmannschaften, deren Mentalität der ihrer Nation
widerspricht?
Nein. Unter Druck greifen alle immer auf das zurück, was sie im Grunde
ausmacht.
In welches Verhaltensmuster könnte denn die deutsche Mannschaft unter Druck
zurückfallen?
Quer Spielen. Weite Bälle nach vorne Schlagen. Bringen wir es auf einen
Nenner: das Spiel Verwalten, statt das Spiel Spielen. Es ist eine der
größten Aufgaben des Bundestrainers genau das zu verhindern.
Und die Spanier, in welche Muster könnten die zurückfallen.
Ich will und kann jetzt darüber nichts sagen. Aber ich glaube schon, dass
ich dem Bundestrainer zwei, drei gute Hinweise geben kann.
Sie gelten als kongenialer Zuarbeiter von Joachim Löw. Können Sie sich
vorstellen auf für einen anderen Trainer zu arbeiten, für Diego Maradona
etwa?
Nein! Die Stelle würde ich nicht annehmen.
Aber die Engländer könnten Sie schon besser machen?
(lacht) Mit Joachim Löw zusammen, ja.
6 Jul 2010
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.