# taz.de -- Kommentar zum Koalitionsvertrag in NRW: Düsseldorfer Dilemma | |
> In ökologischer Hinsicht konnten die Grünen in Düsseldorf weniger | |
> heraushandeln als zuletzt in Bündnissen mit der CDU. Die rot-grüne | |
> Minderheitsregierung setzt auf Kohlekraftwerke - und die FDP. | |
Bild: "Die Unzufriedenheit mit dem bestehenden Schulsystem ist groß." | |
Noch bevor sich die rot-grüne Minderheitsregierung nächste Woche im | |
Düsseldorfer Landtag zur Wahl stellt, hat sie schon eine erstaunlich gute | |
Presse. Die Krise der schwarz-gelben Koalition in Berlin, der unrühmliche | |
Abgang des CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, der Achtungserfolg des | |
Kandidaten Joachim Gauck bei der Präsidentenwahl schaffen ein Umfeld, wie | |
es für dieses Experiment günstiger nicht sein könnte. | |
Keineswegs wollen SPD und Grüne bei der Mehrheitsfindung künftig einseitig | |
auf die Linkspartei setzen. Ihr eigentliches Augenmerk richtet sich auf die | |
FDP. Die Hoffnung, dass sich die Liberalen nach einer Schamfrist im Herbst | |
dem Düsseldorfer Regierungslager noch hinzugesellen könnten, erscheint vor | |
dem Hintergrund ihres Berliner Dilemmas alles andere als verwegen. Eine | |
solche Allianz wäre auch kaum zum Schaden der FDP. Denn ein Wechsel des | |
politischen Lagers wird bei Koalitionsverhandlungen stets höher belohnt als | |
der Eintritt in ein sogenanntes Wunschbündnis. | |
Der FDP kommt diese Erkenntnis erst nach einer langen Leidensphase, die | |
Grünen haben sie längst schon gemacht. Sie wurde jetzt auch in Düsseldorf | |
wieder bestätigt. Die neue SPD-Landeschefin Hannelore Kraft ist im Umgang | |
zwar kooperativer als ihre machohaften Vorgänger - in der Sache bleiben die | |
Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr aber die Partei der Kohle. Was die | |
Grünen in ökologischer Hinsicht heraushandeln konnten, ist im Vergleich zu | |
ihren zuletzt geschlossenen Bündnissen mit der CDU darum eher bescheiden. | |
Auf den übrigen Politikfeldern profilierten sich die Grünen weiter als eine | |
Partei von Maß und Mitte, als Stabilitätsanker in einem zunehmend | |
irrlichternden Parteiensystem. Jene 90.000 Stimmen, die sie bei der | |
Landtagswahl direkt von der CDU hinzugewannen, wollen sie so schnell nicht | |
aufgeben. Angesichts einer lokalen Union, die bei der Wahl des neuen | |
Fraktionschefs die Kraft zur Erneuerung nicht aufbrachte, haben sie | |
allerdings auch wenig zu befürchten. | |
So endet die turbulente politische Saison 2009/10, das Jahr von | |
Bundestagswahl und NRW-Landtagswahl, pünktlich zur Sommerpause mit einem | |
paradoxen Ergebnis: Der Amtsantritt des chaotischen Dreiparteienbündnisses | |
von CDU, FDP und CSU hat die politischen Lager keineswegs verfestigt, | |
sondern ganz im Gegenteil verflüssigt. Etwas Schlechtes ist das nicht. | |
6 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Ralph Bollmann | |
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