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# taz.de -- Geburtshilfe: Auf die Welt bringen lohnt sich nicht
> Auf dem Land und auf Inseln könnte es bald keine Hebammen mehr geben,
> sagt die SPD-Landtagsfraktion in Kiel. Sie fordert bessere finanzielle
> Bedingungen für freiberufliche Geburtshelferinnen.
Bild: Unrentabel: Für selbständige Hebammen lohnt sich die Geburtshilfe kaum …
Die seit dem 1. Juli erhöhten Haftpflichtprämien für Hebammen haben am
Mittwoch den Kieler Landtag beschäftigt. Die SPD-Fraktion hatte zuvor in
einem Antrag die Landesregierung aufgefordert, sich für bessere finanzielle
Rahmenbedingungen einzusetzen. So würden die Gebühren, die freiberufliche
Hebammen durch die Geburt verdienen, gerade die Kosten für die
Versicherungsprämien decken, heißt es in dem Antrag.
Die Beträge sind um fast 60 Prozent auf rund 3.700 Euro pro Jahr gestiegen.
Der durchschnittliche Stundenlohn beträgt dem schleswig-holsteinischen
Hebammenverband zufolge 7,50 Euro. "Einige Hebammen haben die Geburtshilfe
schon eingestellt, weil sie die hohen Beiträge nicht zahlen können", sagte
Verbandschefin Margret Salzmann am Mittwoch. Sie warnt vor einem Mangel an
freiberuflichen Geburtshelferinnen. Anders als in Städten, wo es
Geburtskliniken gebe, könne es in ländlichen Gebieten und auf Inseln eng
werden, so Salzmann.
Auf Amrum bezahlt vorerst sogar der örtliche Rotary Club die
Haftpflichtprämie, um die Insel-Hebamme nicht zu verlieren. Sie hatte
angekündigt, ihren Dienst ab 2011 einzustellen und auf dem Festland zu
arbeiten. Nun beschäftigt sich der Fachausschuss von Amrum mit den
Zukunftssorgen der Geburtshilfe.
Ähnliche Probleme habe auch Fehmarn, sagte Salzmann. Schon jetzt sei es so,
dass viele Schwangere aufs Festland in die Klinik nach Oldenburg fahren
müssten. Doch die sei ebenfalls im Umbruch und die fünf Hebammen dort
könnten die Berufshaftpflicht auch nicht zahlen. Die werdenden Mütter
müssten dann nach noch weiter fahren, etwa nach Eutin.
Bernd Heinemann von der SPD-Fraktion im Kieler Landtag rechnet damit, dass
schon bald mehr als zehn Prozent der rund 700 Hebammen im Land keine
Geburten mehr betreuen werden. "Im nächsten Schritt stehen möglicherweise
wohnortnahe, kleine geburtshilfliche Abteilungen vor dem Aus", sagte der
gesundheitspolitische Sprecher.
Unterstützung bekamen die Sozialdemokraten von den Grünen, dem SSW und der
CDU. Lediglich die FDP kritisierte den Antrag als Angstmacherei. Die SPD
verlange von der Landesregierung "als Interessenvertreter für den
Hebammenverband aufzutreten und finanzielle Verbesserungen für diese eine
Berufsgruppe auszuhandeln", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin,
Anita Klahn. Als Liberale wehre sie sich "gegen eine staatliche
Einflussnahme auf die Verhandlungspartner", so Klahn.
Jene Verhandlungspartner sind der Spitzenverband der Krankenkassen sowie
die Berufsverbände der Hebammen. Am Dienstag haben sie sich in einem
Schiedsverfahren auf höhere Leistungen geeinigt. Für jede außerklinische
Geburt gibt es nun 100 Euro mehr, für jede Krankenhausgeburt acht Euro
zusätzlich, teilten die Kassen mit.
Entsetzen indes beim Hebammenverband Bremen: Die Erhöhung beziehe sich auf
eine alte Gebührenhöhe, sagte Sprecherin Valerie Stabel. Dadurch bekämen
Hebammen für Hausgeburten lediglich elf Euro mehr. Besonders hart treffe es
die Beleghebammen, also freiberufliche Hebammen, die in Kliniken entbinden.
Sie erhalten nach dem ausgehandelten Leistungskatalog sogar fünf Euro
weniger pro Geburt als bisher, sagte Stabel. "Die werden so nicht mehr
weiter arbeiten können."
Die Erhöhung der Haftpflichtprämien durch die Versicherer und die
zögerlichen Zugeständnisse der Kassen seien eine "wirtschaftliche
Katastrophe" für die selbständigen Hebammen. Zudem könnten so schwangere
Frauen nicht länger den Geburtsort frei wählen, sagte die
Verbandssprecherin.
Mit einer Mahnwache auf dem Bremer Marktplatz wollen heute Mittag die
Hebammen auf ihre wirtschaftliche Situation aufmerksam machen und gegen die
eingeschränkten geburtshilflichen Angebote protestieren.
7 Jul 2010
## AUTOREN
Uta Gensichen
Uta Gensichen
## TAGS
Geburtshilfe
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