# taz.de -- Fußball-WM 2011 in Deutschland: Das Sommermärchen der Frauen | |
> Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: 2011 soll mit der Frauenfußball-WM in | |
> Deutschland das Sommermärchen wiederbelebt werden. Dafür werben Steffi | |
> Jones und Franz Beckenbauer. | |
Bild: OrganisationskomiteepräsidentInnen: Steffi Jones und Franz Beckenbauer. | |
Morgen ist schon wieder WM. Deutschland spielt in der Eröffnungspaarung | |
gegen Costa Rica. Das Stadion in Bochum ist ausverkauft. Über 20.000 | |
Menschen werden zum Auftakt der Weltmeisterschaft der U20-Juniorinnen | |
erwartet. Für die Fifa gibt das deutsche Exekutivmitglied Franz Beckenbauer | |
den offiziellen Grußaugust. | |
Am Sonntag saß Beckenbauer noch in Soccer City auf der Tribüne, um sich das | |
Finale im Wettbewerb der ausgewachsenen Männer anzuschauen. Die Fifa hat | |
ein kleines Ufo nach Deutschland geschickt, um die Landung eines größeren | |
vorzubereiten. 2011 findet die Frauenfußball-WM in Sommermärchenland statt. | |
Für die macht Steffi Jones, die frühere Nationalspielerin, die dem | |
Organisationskomitee in Deutschland vorsteht, weltweit Reklame. Natürlich | |
war sie auch in Südafrika, um während der Männer-WM ein paar Herzen für den | |
Frauenfußball zu gewinnen. Einfach ist das nicht. "Gerade in Afrika gibt es | |
noch genug zu tun." Frauenfußball sei in vielen Ländern nicht viel mehr als | |
geduldet. "Da gibt es noch viele, die müsste man mal kräftig | |
durchschütteln", sagte sie am Rande einer Pressekonferenz in Johannesburgs | |
Soccer City. | |
Da würde am liebsten auch Jacqueline Shipanga mitschütteln. Sie ist die | |
Trainerin der Frauenfußballnationalmannschaft aus Namibia. "Das Vorurteil, | |
dass Frauen zum Fußballspielen nicht geeignet sind, gibt es immer noch", | |
sagte sie. "Durch wirklich gute Leistungen können wir nun zeigen, dass das | |
nicht stimmt." | |
Steffi Jones nickt. Doch sie weiß, dass das mit den wirklich guten | |
Leistungen nicht so einfach ist. Regelrecht schockiert war Fifa-Präsident | |
Sepp Blatter vor drei Jahren, als die DFB-Auswahl ihr WM-Auftaktspiel in | |
Schanghai mit 11:0 gegen Argentinien gewonnen hat. "Ich kann nicht | |
ausschließen, dass so etwas noch einmal passiert", sagt die OK-Chefin. Sie | |
sieht nur vier Teams weltweit auf Augenhöhe mit den deutschen | |
Weltmeisterinnen, "die USA und Brasilien auf jeden Fall, die Asiatinnen und | |
vielleicht noch England". Sie sieht Frauenfußball nach wie vor als | |
Entwicklungssportart. Deshalb findet sie den Fifa-Beschluss, das | |
Teilnehmerfeld für die WM 2015 von 16 auf 24 Mannschaften zu erweitern, | |
richtig. Ihr geht es um die Teilhabe am großen Fußball, der möglichst | |
vielen Frauenmannschaften offenstehen soll. | |
Die namibische Nationaltrainerin Jacqueline Shipanga schildert am Beispiel | |
ihres Landes, wie wichtig die Perspektive einer möglichen WM-Teilnahme ist. | |
"Es ist doch sinnlos, in einer Qualifikation überhaupt anzutreten, wenn man | |
weiß, dass man früher oder später ohnehin an Nigeria scheitert." Auch | |
Sponsoren ließen sich nicht finden, wenn man nicht glaubhaft machen könne, | |
dass es irgendwann vielleicht doch einmal klappen könnte mit einer | |
WM-Teilnahme. Nigeria ist in dieser Hinsicht das afrikanische Vorbild. "Mit | |
ihrer unorthodoxen Spielweise können sie sogar unter die ersten vier einer | |
WM vorstoßen", meint Steffi Jones. Doch vorbildhaft ist das nigerianische | |
Team auch in einer anderen Hinsicht. Jacqueline Shipanga sagt: "In Nigeria, | |
Namibia, Südafrika und Botswana werden die Nationalteams von Frauen | |
trainiert. Das sind auch Vorbilder für die Frauen in der Gesellschaft." | |
Auch in Deutschland wird der Frauenfußball genutzt, um | |
gesellschaftspolitische Themen voranzutreiben. Theo Zwanziger, der | |
Präsident des Deutschen Fußballbundes, redet nur selten über Sport, wenn er | |
- was er gerne und oft tut - zu Frauenfußballveranstaltungen geht. Die | |
"integrative Kraft des Mädchenfußballs" beschwört er dann. Auch im | |
Präsentationsfilm des Organisationskomitees, den Steffi Jones in Südafrika | |
in den Fifa-Hallen vorgeführt hat, wird die Integration von Mädchen mit | |
migrantischem Hintergrund in die deutsche Gesellschaft via Fußball | |
thematisiert. "Darum kümmern wir uns in erster Linie", sagte Zwanziger im | |
Mai 2009, als das Motto der Frauen-WM "20elf von seiner schönsten Seite" | |
vorgestellt wurde, und fügte an: "Weltmeister werden wir ja sowieso." Und | |
so wird der Frauenfußball auch bei der WM im nächsten Jahr, wenn die | |
Stadien in Berlin, Augsburg, Bochum, Dresden, Sinsheim, Frankfurt am Main, | |
Leverkusen, Mönchengladbach und Wolfsburg voll sein werden, irgendwie immer | |
auch Nebensache sein. | |
Bei ihrer Visite im südlichen Afrika machte Steffi Jones einen Abstecher | |
nach Namibia. Dort wurde sie von Premierminister Nahas Angula empfangen. | |
Als Gastgeschenk überreichte sie ihm ein Trikot der Nationalmannschaft mit | |
den Unterschriften aller Spieler des Teams von Männertrainer Joachim Löw. | |
Auch das zeigt, dass Frauenfußball noch jede Menge Entwicklungspotenzial | |
hat. In Deutschland soll sich Doris Fitschen als Managerin des | |
Nationalteams explizit dafür sorgen, dass aus Spielerinnen Stars werden. | |
"Fußball spielende Mädchen sollen sich mit unseren Nationalspielerinnen | |
identifizieren", sagt Steffi Jones. "Sie sollen sagen: ,Ich bin Birgit | |
Prinz' statt ,Ich bin Michael Ballack'." Nach der Heim-WM 2011 könnte es so | |
weit sein. Die OK-Chefin dazu: "Wenn wir diese Chance nicht nutzen, welche | |
denn dann? Eine größere werden wir nicht bekommen." | |
12 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
## TAGS | |
WM 2011 – Mixed Zone | |
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