# taz.de -- Überwachung von EU-Bürgern: Brüsseler Sammelwut | |
> Acht Datenbanken sammeln Informationen über EU-Bürger. Die Frage nach | |
> Aufwand und Ertrag der immensen Überwachung wird nicht beantwortet. | |
Bild: Die oberste Datensammlerin in Brüssel: EU-Kommissarin Cecilia Malmström. | |
BRÜSSEL taz | Innenkommissarin Cecilia Malmström hat ihr Versprechen | |
eingelöst und ihre Mitarbeiter genau aufschreiben lassen, welche Daten für | |
die Bekämpfung des Terrorismus in der EU erhoben werden. Die Inventur in | |
ihren Datenbanken hatte sie den EU-Abgeordneten im Januar beim | |
Antrittsbesuch im Innenausschuss versprochen. Die wollten nämlich wissen, | |
welche Informationen die EU über ihre Bürger sammelt. Am Dienstag nun hat | |
Malmström eine Liste der Datenbanken vorgelegt. Sie ist beachtlich lang. | |
Doch mit Terrorismus haben die meisten nicht das Geringste zu tun. | |
Allein drei Datenbanken (das Visainformationssystem VIS, die | |
Fingerabdruckdatenbank für Asylbewerber Eurodac und teilweise auch das | |
Schengen-Informationssystem SIS) erfassen Flüchtlingsbewegungen, | |
Asylanträge und mögliche illegale Flüchtlingsströme. Weitere drei (darunter | |
der Prümer Vertrag und die Vorratsdatenspeicherung) sollen Ermittlern dabei | |
helfen, ihre Erkenntnisse auszutauschen und Verbrecher europaweit dingfest | |
zu machen. Nur die Abkommen mit Drittländern über Passagierdaten PNR und | |
Bankdaten SWIFT) dienen Erkenntnissen über terrorverdächtige Personen. | |
"Seit den Bombenattentaten in der Londoner U-Bahn hat es auf europäischem | |
Boden keinen nennenswerten Angriff mehr gegeben", erklärte ein | |
Malmström-Mitarbeiter stolz. Seit 2008 seien die Anschläge rückläufig. "Die | |
Gruppen sind zersplitterter. Es gibt mehr hausgemachten Terrorismus." | |
Dennoch müsse mehr getan werden: Die Grenzen müssten besser kontrolliert, | |
der Europäische Haftbefehl häufiger eingesetzt, chemische und nukleare | |
Bedrohungen besser analysiert werden. | |
Staatsanwälte hatten sich in der Vergangenheit häufig beklagt, dass einige | |
Länder auch wegen geringfügiger Vergehen eine gesuchte Person per | |
Europäischem Haftbefehl verfolgen lassen, was die Justizapparate mit | |
enormem bürokratischen Aufwand belastet. Mehr als 31 Millionen Hinweise | |
wurden im vergangenen Jahr in das Schengeninformationssystem eingefüttert. | |
Die größte Datenmenge (3,8 Millionen Einträge) befasst sich mit gestohlenen | |
Autos. In nur 253 Fällen ging es um drohende Gefahren für die nationale | |
Sicherheit. | |
Die übrigen Datenbanken leisteten laut Kommission Fahndungshilfe bei | |
Vergewaltigung, Mord, Schmuggel, Menschenhandel, Drogendelikten, Betrug und | |
Kinderpornographie. Nachweisliche Verbindungen zum Terrorismus gab es in | |
keinem der aufgeführten Fälle. Dennoch will Malmström die | |
Überwachungsinstrumente ausbauen - im Namen ihrer Priorität, des Kampfes | |
gegen den Terror. | |
Die Frage nach Aufwand und Ertrag der Sammelwut behandelt die detaillierte | |
Aufstellung genauso wenig wie mögliche Versäumnisse beim Datenschutz. Nach | |
der Logik der Kommission zeigt die geringe Zahl von verdächtigen Hinweisen, | |
dass die Wachsamkeit der Behörden erfolgreich war und aufrecht erhalten | |
werden muss. Wären die Hinweise angestiegen, ließe sich damit ebenso | |
belegen, dass die Antiterrormaßnahmen keinesfalls eingeschränkt werden | |
dürfen. | |
20 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Daniela Weingärtner | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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