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# taz.de -- Wehrpflicht-Pläne: Guttenberg spaltet die Armee
> Die Zeitsoldaten sind mit dem Minister über die Aussetzung des
> Zwangsdiensts einig. Die Wehrpflichtigen und Teile der Union sehen das
> anders.
Bild: Ohne Mampf kein Kampf: Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg i…
BURG taz | Schwungvoll steigt Karl-Theodor zu Guttenberg die kleine Treppe
aus dem Helikopter hinunter. Die Entschiedenheit, mit der der
Verteidigungsminister auf die wartenden Soldaten in der Bundeswehrkaserne
in Burg in Sachsen-Anhalt zuschreitet, passt nicht zu seiner Lage. Seit er
mit seinem Vorstoß zur Aussetzung der Wehrpflicht auf harte Kritik aus den
eigenen Reihen stößt, ist zu Guttenberg in seiner Wortwahl vorsichtiger
geworden.
Um den Minister auf Truppenbesuch zu beeindrucken, haben sich die Soldaten
schwer ins Zeug gelegt. Ein großer Lastwagen liegt umgekippt im Dreck, die
Soldaten führen vor, wie man ihn mit Hilfe mehrerer Bergungsfahrzeuge
wieder aufrichtet. So werde das auch in Afghanistan gemacht, dröhnt es aus
dem Lautsprecher.
Die Zeitsoldaten, die in Afghanistan waren oder möglicherweise dort
eingesetzt werden, stehen in einem Block rechts am Waldrand. Am anderen
Ende des Truppenübungsplatzes, unter einem Zeltdach, wurden die Rekruten
aufgestellt. Es sind die zwei Seiten einer Debatte: Auf der einen Seite die
moderne Einsatztruppe, auf der anderen Seite die traditionelle Bürgerarmee.
Guttenberg bewegt sich auf dem Truppenübungsplatz hin und her, wie er seit
Monaten im öffentlichen Diskurs herumlaviert. "Wir brauchen Sie dort
unten", sagt er zu den Zeitsoldaten. Mit den Wehrpflichtigen spricht er
dagegen über "Kameradschaft" und sagt, sie sollten "draußen" davon
erzählen, was ihnen die Bundeswehr bedeutet.
Guttenberg benötigt eine effektive Armee für Auslandseinsätze und
unterliegt Sparzwängen, doch in der Union gibt es nach wie vor viele, die
in der Bundeswehr auch eine Art Erziehungsanstalt sehen, in der Werte
vermittelt werden. Diese Menschen will Guttenberg nicht verprellen und
redet deshalb häufig drumherum, bis hin zu paradoxen Formulierungen wie dem
"freiwilligen Pflichtdienst".
Nicht alle sagen so deutlich wie der saarländische Ministerpräsident Peter
Müller, dass sie die Wehrpflicht als Identitätsfrage sehen, aber etliche
Unionspolitiker haben sich mittlerweile für den Erhalt ausgesprochen: etwa
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, Unionsfraktionschef
Volker Kauder, der bayerische Innenminister Joachim Herrmann.
In der Kaserne verläuft die Trennlinie zwischen Zeitsoldaten und
Wehrpflichtigen. Es lässt sich kein Zeitsoldat finden, der die Wehrpflicht
wirklich verteidigt. "Sie müssen sich das mal vorstellen, es ist ein
Unternehmen, das zur Hälfte aus Praktikanten besteht", sagt ein Hauptmann.
Ein anderer Soldat meint, statt der Wehrpflicht solle man lieber mehr
Stellen für Zeitsoldaten schaffen. "Die haben dann auch eine Perspektive
bei der Bundeswehr." Unter den Wehrpflichtigen sind ganz andere Töne zu
hören. Der Pflichtdienst müsse bleiben, sagt einer: "Hier lernen wir
Disziplin und Kameradschaft." Ein anderer Rekrut meint, es sei wichtig, für
das "Vaterland" einzustehen.
Guttenberg weiß, dass er die FDP hinter sich hat. Um sich in der Union
durchzusetzen, steht ihm aber noch ein schwerer Kampf bevor. Deshalb
prescht er mal vor, um dann wieder auf den politischen Abstimmungsprozess
im Herbst zu verweisen. Er möchte sich nicht vom Bundesverfassungsgericht
diktieren lassen, wie die Bundeswehr strukturiert sein muss. Die derzeitige
Praxis, nur einen Teil des Jahrgangs einzuziehen, könnten die Richter als
Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kippen.
28 Jul 2010
## AUTOREN
Karin Schädler
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Verteidigungsminister Guttenberg wehrt sich gegen die Kritik an seinen
Reformplänen an. Offenbar hat er Angst vor der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts.
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