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# taz.de -- Lastwagenfahrer streiken: Den Griechen geht der Sprit aus
> Griechenland benötigt Einnahmen mehr denn je, doch der
> Lastwagenfahrerstreik vergrault die Touristen. Bei einer Protestaktion
> setzt die Polizei Tränengas ein.
Bild: Weder Tankstellen noch Supermärkte werden von den Lastwagenfahrern belie…
ATHEN dpa | Gähnende Leere in den Obst- und Gemüseregalen der griechischen
Supermärkte, Tankstellen ohne Benzin und Diesel: Eines der beliebtesten
Reiseländer der Deutschen vermiest den Touristen derzeit mit einem Streik
der Tank- und Lastwagenfahrer den Urlaub. Die Einheimischen sind zwar noch
auf den Straßen unterwegs, weil sie bereits vor Tagen hamsterartig Sprit
kauften. Die Urlauber hingegen müssen auf Campingplätzen und in ihren
Hotels ausharren, bis irgendwann die Tankstellen wieder beliefert werden.
Möglicherweise noch am Freitag wollten die Streikenden entscheiden, ihren
seit Wochenbeginn laufenden Ausstand zu beenden. Aber selbst dann dürfte es
noch Tage dauern, bis das hoch verschuldete Mittelmeerland zur Normalität
zurückfindet.
Die Besitzer und Fahrer der rund 30 000 Tank- und Lastwagen Griechenlands
protestieren gegen die von der Europäischen Union verordnete sogenannte
Öffnung geschlossener Berufe. Eine Lizenz für einen Last- oder Tankwagen
kostet in Griechenland je nach Größe des Wagens 100 000 bis 300 000 Euro.
Lizenzen sind seit fast 40 Jahren in dem Urlaubsland nicht mehr ausgegeben
worden. Aus diesem Grund steigt der Wert einer Tank- oder Lastwagenlizenz
immer mehr. Die griechische Regierung hat nun einen Gesetzesentwurf auf den
Tisch gelegt: Jeder, der einen Lkw-Führerschein hat, soll dem Entwurf
zufolge als Lastwagenfahrer arbeiten dürfen. Die Ausgabe neuer Lizenzen
soll in den nächsten drei Jahren stufenweise abgeschafft werden.
Das wollen die Lastwagenfahrer nicht und traten in den Ausstand. Die
offensichtlich überraschte Regierung in Athen zog schließlich die Notbremse
und verpflichtete die Streikenden zum Dienst - allerdings mit eher mäßigem
Erfolg. Der schwer bewegliche Staatsapparat schickte bis Freitagvormittag
nur wenige Hundert Vorladungen. "Parodie der Verpflichtung zum Dienst",
hieß es bei der konservativen Zeitung "Eleftheros Typros".
Vielmehr heizte sich die Stimmung durch diese Aktion weiter auf. Etwa 150
aufgebrachte Fahrer protestierten am Donnerstag vor dem Verkehrsministerium
in Athen. Polizisten wurden mit Flaschen beworfen, die Beamten setzten
Tränengas ein. Verletzt wurde niemand.
Leidtragende der Auseinandersetzung sind die Touristen. "Es ist, als ob
Euer Land finanziellen Selbstmord begehen will", schimpfte ein
österreichischer Urlauber. Der Tourismus ist der wichtigste
Wirtschaftsbereich Griechenlands. Das Land braucht die Urlauber mehr denn
je, schließlich steht es mit etwa 300 Milliarden Euro in der Kreide. Die
Schuldenkrise hinterlässt bereits Spuren. "Mindestens zehn Prozent weniger
Einnahmen", heißt es bei Hoteliers in Athen. Der Fahrerausstand könnte
alles noch verschlimmern.
"Die Leute haben einfach die Mietwagen stehenlassen und uns die Schlüssel
auf dem Tisch geworfen", erzählt Dimitris Siamis, Hotelangestellter auf der
Insel Rhodos, der Nachrichtenagentur dpa. Auf der Insel gibt es seit
Dienstag kein Benzin mehr. Besonders gebeutelt sind die Familien, die mit
Wohnmobilen das Land erkunden wollen. Kein Sprit — keine Rundreise: Viele
Wohnmobilfahrer suchten kurzentschlossen Campingplätze auf und sitzen dort
nun fest.
Andere Urlauber können ihre Rückreise nach Hause nicht antreten, weil Busse
und Taxis wegen Benzinmangels nicht zum Flughafen fahren können. "Ich weiß
nicht, wie ich den Leuten helfen soll. Ich habe selbst keinen Sprit mehr",
berichtet ein Campingplatzbesitzer nahe der Hafenstadt Volos. Hunderte
Reisende stornierten gar ihren Urlaub in Griechenland, wohl weislich der
sich zuspitzenden Versorgungslage. "Wir werden bald kein Frühstück mehr
machen können", räumt ein Hotelier auf der abgelegenen Insel Nisyros im
Radio ein.
Die Präsidenten der Reiseagenturverbände der Inseln Rhodos, Kreta und Korfu
gehen nun in die Offensive. In einem offenen Brief an die Regierung heißt
es: "Wenn es so weitergeht, werden die Hotels keinen Sprit mehr für die
Klimaanlagen haben." Eine junge Deutsche, die im Westen Athens lebt,
kommentiert: "Es ist wie im Krieg."
30 Jul 2010
## TAGS
Reiseland Griechenland
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