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# taz.de -- Fehmarnbelt-Querung: Brücke nach Dänemark wackelt
> Die Bundesregierung schreckt vor den Kosten für die Verkehrsanbindung
> zurück. Der Autoverkehr ist zu gering, eine Verlegung der Bahnstrecke weg
> von den Ostsee-Bädern könnte zu teuer kommen.
Bild: Würde nicht mal eine Umgehungsstraße für, sagen wir Bargteheide rechtf…
Die Auskunft klingt nüchtern, ist aber brisant: "Es findet eine
Neubewertung statt", antwortet der Parlamentarische Staatssekretär im
Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU) in einem Schreiben an den
Bundestagsabgeordneten Herbert Behrens (Linke). Der Niedersachse aus
Osterholz-Scharmbeck hatte den Landsmann aus Cuxhaven brieflich um Auskunft
gebeten, ob die Schienen- und Straßenanbindung für die geplante Brücke über
den Fehmarnbelt auf deutscher Seite neu auf den Prüfstand gestellt werde.
Ferlemanns kurze Antwort: "Ja.
"Wir bewerten das sehr hoch", sagt Behrens im Gespräch mit der taz nord:
"Das ist ein substanzieller Fortschritt." Bislang habe die Bundesregierung
die Fehmarnbelt-Querung nie in Frage gestellt, "jetzt aber offenbar doch".
Behrens will nun mit detaillierteren Fragen nachhaken: "Die Gründe für die
neue Skepsis möchte ich wissen und die Richtung der Prüfung - geht es um
die Kosten oder nur um alternative Planungen?", sagt das Mitglied des
Verkehrsausschusses des Bundestags.
Mögliche Gründe ergeben sich aus der parallel veröffentlichten offiziellen
Antwort der Bundesregierung auf eine Parlamentarische Anfrage norddeutscher
SPD-Bundestagsabgeordneter. Darin wird der Ausbau der Schienenanbindung
zwischen Lübeck und Fehmarn in Frage gestellt. Der Bund sei grundsätzlich
verpflichtet, "die wirtschaftlichste Variante zu finanzieren", heißt es
dort. Nach Bundeshaushaltsordnung dürften "Varianten mit Mehrkosten nicht
realisiert werden, wenn die gesetzlichen Vorgaben diese nicht erfordern."
Das ist das Problem.
Die Ostseebäder an der Lübecker Bucht befürchten massive Einbußen im
Fremdenverkehr, wenn die Bahnstrecke zwischen Lübeck und Fehmarn ausgebaut
wird. Auf einer mehrgleisigen Trasse würden dann ICEs sowie Güterzüge von
bis zu 800 Metern Länge durch die Seebäder rauschen. In einigen Orten
verläuft die Strecke nur wenige hundert Meter vom Strand. "Den Lärm würde
man im ganzen Ort hören", fürchtet Volker Popp, der parteilose
Bürgermeister von Timmendorfer Strand: "Das ist das Ende des Tourismus."
Deshalb werden mehrere Varianten diskutiert, nach denen die Gleise für eine
Schnellstrecke mehrere Kilometer weiter im Land an der Autobahn A 1 entlang
führen sollen. Dann aber fallen nach ersten Schätzungen Mehrkosten von über
200 Millionen Euro an, bestätigt die Bundesregierung. Zudem sei für die
somit deutlich billigere Bädertrasse vermutlich kein zusätzlicher
Lärmschutz erforderlich. Denn im Bundesimmissionsschutzgesetz sei "ein
separater Grenzwert für Tourismus nicht ausgewiesen".
Malte Siegert ist darüber richtig sauer. "Die rechnen ihre Zahlen hin und
her, wie es ihnen passt", wirft der Sprecher des "Aktionsbündnisses gegen
eine feste Fehmarnbeltquerung" dem Bund und der Bahn vor. Nach jüngsten
Berechnungen sei nicht mehr von 149 Güterzügen am Tag auszugehen, sondern
nur noch von 78. Für Siegert ist der Grund für die Halbierung klar: "Erst
werden die Zahlen hochgerechnet, um einen Bedarf für die
Fehmarnbelt-Querung zu begründen." Jetzt würden sie wieder
heruntergerechnet, um den aufflammenden Protest in den Ostseebädern zu
entschärfen und Lärmschutzmaßnahmen zu sparen: "Das passiert alles auf dem
Rücken der Menschen", so Siegert.
Ähnlich sieht das Schleswig-Holsteins grüner Bundestagsabgeordneter
Konstantin von Notz. Auch er hat den Eindruck, "dass die Statistik
künstlich frisiert wurde". Zudem weist er darauf hin, dass sowohl die
Bundesregierung als auch die dänische Realisierungsgesellschaft Femern A/S
ein Verkehrsaufkommen prognostizieren, "das nicht einmal den Bau einer
Umgehungsstraße rechtfertigen" würde. So strich das schleswig-holsteinische
Verkehrsministerium im Mai den 3,5 Millionen Euro teuren Bau einer
Ortsumgehung für die Kleinstadt Bargteheide im nördlichen Hamburger
Speckgürtel. Bei 14.000 Fahrzeugen pro Tag sei das Projekt nicht
vordringlich.
Für die Fehmarnbelt-Querung sagen die offiziellen Schätzungen für das Jahr
der geplanten Eröffnung der Brücke 2018 lediglich etwa 7.700 Fahrzeuge pro
Tag vorher, fünf Jahre später sollen es aber schon mehr als 10.000 sein.
Da schauen die Bargteheider aber neidisch in Richtung Fehmarnbelt.
1 Aug 2010
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
Sven-Michael Veit
## TAGS
Fehmarnbelt-Querung
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