# taz.de -- Kommentar: Waffenlobby: Volksbegehren gegen Waffenlobby | |
> Für die meisten Waffenbesitzer ist das Schießen ein Hobby, trotzdem | |
> finden Amokläufe vor allem in Ländern statt, die leichten Zugang zu | |
> Waffen bieten. Ein Verbot würde helfen. | |
Bild: 112 Schüsse feuerte der 17-Jährige ab und tötete damit 15 Menschen. | |
Wie lebt es sich so in einem Land, in dem es allein 10 bis 12 Millionen | |
legale Pistolen, Revolver, Flinten oder Gewehre gibt, meist in privaten | |
Haushalten? Die Rede ist natürlich von Deutschland. Die Amokläufer von | |
Erfurt und Winnenden bedienten sich dieser Waffen, beide waren | |
Sportschützen - und absolute Ausnahmen: Die allermeisten Knarrenbesitzer | |
haben damit noch nie ein Verbrechen begangen und werden das wohl auch | |
nicht. Sie haben schlicht ein Hobby. | |
Ist die Bevölkerung aber nun bereit, dieser kleinen Minderheit das Recht | |
auf ihren Freizeitspaß zu gewähren, obwohl er große Gefahren für alle | |
birgt? Die Politik traut sich aus Angst vor den gut organisierten | |
Schützenverbänden nicht, Waffen zu verbieten. Folgerichtig haben betroffene | |
Bürger das Verfassungsgericht angerufen. Man könnte es auch direkter | |
machen: in einer Volksabstimmung. Bundesweit noch nicht möglich, aber | |
definitiv nötig. | |
Die Schützen müssten dann erklären, warum man nicht auch mit | |
Druckluftwaffen sporteln kann. Dabei werden Konzentration und Präzision | |
genauso trainiert. Aber da fehlt dann vermutlich der Rums, das Gefühl von | |
Macht - je größer das Kaliber, desto geiler. | |
Schon klar: Gewaltprävention an Schulen, in der Gesellschaft und Schutz vor | |
Amokläufen bedarf weit mehr als nur eines klaren Verbots privater Waffen. | |
Es ist nur ein Schritt. Aber er wäre leicht zu gehen und würde bei der | |
Polizei Personal freisetzen, das den Kampf gegen die Millionen im Umlauf | |
befindlicher illegaler Waffen aufnehmen könnte. | |
Und er wäre wirksam: Die meisten der weltweit 72 Amokläufe an Schulen | |
zwischen 1996 und 2009 fanden in Ländern mit leichtem Zugang zu Waffen | |
statt - traurige Spitze sind die USA mit 51. Wenn die Schützenverbände ihre | |
Argumente nicht nur in parlamentarischen Unterausschüssen vortragen | |
müssten, um ein schärferes Waffenrecht zu torpedieren, kommen sie | |
vielleicht schneller zum Nachdenken: Weil sie Waffen verbieten wollen, | |
werden Eltern der Opfer von Winnenden mit Schmähanrufen bis hin zu | |
Morddrohungen überzogen. | |
Dem viertgrößten Sportverband des Landes, dem Deutschen Schützenbund, fällt | |
dazu nichts Besseres ein, als angesichts der Verfassungsbeschwerde von | |
"Volksverhetzung" zu sprechen. Statt beschämt den eigenen Mitgliedern die | |
Leviten zu lesen. | |
1 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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