# taz.de -- Hersteller will Abhörung zulassen: Blackberry in der Defensive | |
> Sicherheit gegen Marktanteile: Der Hersteller des Smartphones Blackberry | |
> will die indische Regierung künftig mithören lassen. In Nahost droht ein | |
> Verbot. | |
Bild: "Blackberry für alle": Werbung eines Elektronik-Fachgeschäfts in Dubai … | |
ABU DHABI/RIAD/NEU-DELHI dpa/rtr/afp | Der Blackberry-Hersteller ist | |
offenbar in Sachen Sicherheit eingeknickt. Vor kurzem haben die Regierungen | |
der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Saudi-Arabiens und Indiens | |
angekündigt, die Kommunikation des bislang abhörsicheren Smartphones | |
mitverfolgen zu wollen - sonst werden dessen Nutzer vom weltweiten Netz | |
abgehängt. Indien will der Hersteller nun Zugeständnisse machen. | |
Das kanadische Unternehmen Research in Motion (RIM) wolle nun den | |
Sicherheitsbehörden in Indien Einsicht in den E-Mail-Verkehr der | |
Blackberry-Privatkunden gewähren, berichtet die indische Economic Times am | |
Dienstag. Nach massivem Druck habe RIM angeboten, technische Codes für | |
geschäftliche Email-Dienste zu teilen, binnen 15 Tagen Zugang zu allen | |
Kunden-Emails zu gewähren und innerhalb von sechs bis acht Monaten | |
Programme zu entwickeln, mit denen Chats überwacht werden können. | |
In der vergangenen Woche hatte die indische Zeitung Mint berichtet, dass | |
RIM den indischen Sicherheitsbehörden die Nutzerdaten von Blackberry-Kunden | |
übermitteln sowie verschlüsselt versendete Daten in lesbarer Form | |
zugänglich machen solle. Demnach fürchten die Geheimdienste, das vor allem | |
bei Managern beliebte Smartphone könne wegend der verschlüsselten | |
Kommunikation von Terroristen missbraucht werden. | |
Auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) stehen der verschlüsselten | |
mobile Kommunikation offenbar kritisch gegenüber. Um die "nationale | |
Sicherheit" zu gewährleisten, wird in den VAE ab Herbst die | |
Datenübertragung per Blackberry verboten sein. Das Verbot, das vom 11. | |
Oktober an in den Emiraten gelten soll, macht insbesondere das Empfangen | |
und Senden von E-Mails per Blackberry unmöglich. Auch das Surfen im Netz | |
und auch der Messenger-Dienst des Smartphones werden in den VAE gesperrt. | |
Die Telekommunikationsbehörde des Golfstaates begründete das Verbot am | |
Sonntag damit, dass die verschlüsselten Daten direkt von einem Server im | |
Ausland übertragen werden. Dies bedrohe die "nationale Sicherheit" der | |
Emirate. Nach Willen der VAE soll aus dem Smartphone in den Emiraten | |
deshalb ein ganz simples Handy werden - sowohl die Einwohner der Emirate | |
als auch Geschäftsreisende und Touristen werden davon betroffen sein. | |
Im islamischen Königreich Saudi-Arabien soll demnächst möglicherweise ein | |
ähnliches Verbot erlassen werden. Nach ersten Informationen der zuständigen | |
Behörde für Informationstechnologie soll es sich jedoch nur auf den | |
Messenger-Service beziehen und nicht auf den Mailverkehr und das Internet. | |
Im Konflikt mit den arabischen Golfstaaten beharrt der | |
Blackberry-Hersteller RIM derzeit noch auf seinen Sicherheitsstandards. Sie | |
würden die Sicherheit ihrer Smartphones nicht beeinträchtigen, teilte das | |
im kanadischen Ontario ansässige Unternehmen am Montag mit. Die Standards | |
beachteten einerseits die Erfordernisse der Regierung und die | |
Sicherheitsbedürfnisse von Unternehmen und weiteren Kunden. Direkt nahm RIM | |
keinen Bezug auf die Ankündigung der VAE. | |
Blackberry warnte Kunden, die in den Emiraten einen Vertrag mit der | |
Mobilfunkfirma Etisalat haben, vor einer Software, die ihnen in einer SMS | |
als Update angeboten worden war. Laut RIM handelt es sich dabei nicht um | |
eine Original-RIM-Software, sondern um eine Art Spyware, die dafür sorgt, | |
dass Daten zu einem bestimmten Server geschickt werden. | |
Das geschlossene Email-System der Geräte ist einer der Hauptgründe für die | |
Popularität dieser Smartphones, vor allem in der Geschäftswelt. Damit | |
konnte RIM gegenüber Rivalen wie Nokia oder Apple Pluspunkte sammeln. Einer | |
am Montag veröffentlichten Studie der Marktforschungsfirma Nielsen zufolge | |
ist Blackberry mit einem Anteil von 35 Prozent nach wie vor US-Marktführer | |
für Multimediahandys; der Computerbauer Apple belegt demnach mit seinem | |
iPhone Platz zwei (28 Prozent). Laut den Marktforschern von Canalysis | |
wurden im zweiten Quartal allerdings 14,7 Millionen Smartphones mit Googles | |
Betriebssystem Android verkauft (34 Prozent Marktanteil); Blackberry bringt | |
es demnach nur auf 32 Prozent Marktanteil, Apples iPhone auf 22 Prozent. | |
Die neuen Streit um die Sicherheit der Blackberry-Smartphones schlug sich | |
am Montag auch an der New Yorker Börse nieder. Anteile an RIM standen | |
offenbar auf der Verkaufsliste der Anleger: Die Aktien des Unternehmens | |
gaben 1,0 Prozent nach. | |
3 Aug 2010 | |
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