# taz.de -- Schuldzuweisungen nach Loveparade: Wir waren's nicht, die andern wa… | |
> Vor dem Innenausschuss beschuldigen der NRW-Innenminister und die Polizei | |
> die Veranstalter sowie die Stadt Duisburg. Diese erhebt den umgekehrten | |
> Vorwurf. | |
Bild: In Erinnerung an die Toten: Bemaltes Loveparade-Plakat in Duisburg. | |
Die Stadt Duisburg trifft keine Schuld, bei der Vorbereitung und der | |
Durchführung der Loveparade haben die Verantwortlichen alles richtig | |
gemacht, für die Situation auf dem Veranstaltungsgelände waren andere | |
zuständig, neben dem Veranstalter, der Lopavent GmbH, auch die Polizei. Zu | |
diesem Befund jedenfalls gelangt ein am Dienstagabend veröffentlichtes | |
anwaltliches Gutachten. Der Auftraggeber: die Stadt Duisburg. | |
Dieses Gutachten spielte denn auch tags darauf, bei einer Sondersitzung des | |
Innenausschusses des nordrhein-westfälischen Landtags, eine wichtige Rolle. | |
Am Anfang zumindest, als die Sitzung zur "Klärung der tragischen Umstände | |
bei der Loveparade in Duisburg" für eine halbe Stunde unterbrochen wurde, | |
damit die Abgeordneten den 32-seitigen Bericht der Anwälte der Stadt | |
Duisburg lesen konnten. | |
Innenminister Ralf Jäger und die Polizei sind freilich weiterhin ganz | |
anderer Ansicht darüber, wer die Verantwortung für die Katastrophe trägt. | |
Auf der Ausschusssitzung belastete die Polizei den Veranstalter, während | |
das Innenministerium von einem Versagen der Veranstalter und der Stadt | |
Duisburg sprach. | |
Zwar versuchten einige Ausschussmitglieder mit Nachfragen doch noch Fehler | |
im Verhalten der Polizei und des Innenministerium ausfindig zu machen. | |
Allerdings waren die Fragen meist an die Adresse der Stadt Duisburg und den | |
Veranstalter formuliert. So war es für Dieter Wehe, den Inspekteur der | |
Polizei, und für Innenminister Ralf Jäger (SPD) einfach, den Nachfragen | |
standzuhalten, zumal weder die Stadt Duisburg noch Lopavent mit Vertretern | |
anwesend waren. | |
"Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung im | |
Veranstaltungsbereich hat ausschließlich der Veranstalter", sagte | |
Polizeiinspekteur Wehe. Tatsächlich aber wird aus dem Bericht der Stadt | |
Duisburg deutlich, dass die Veranstalter auch auf dem Gelände die | |
Unterstützung der Polizei eingeplant hatten. Demnach gab es eine | |
"Arbeitsgemeinschaft Sicherheit", die seit März 16-mal tagte und an der | |
sowohl die Bundespolizei als auch das Polizeipräsidium Duisburg beteiligt | |
waren. | |
Dafür, dass auch die Polizei davon ausging, auf dem Gelände gebraucht zu | |
werden, spricht zudem, dass sie ihre Einsatzkräfte über dem Tunnel hinter | |
Zäunen stationiert hatte. "Wir sind davon ausgegangen, dass es während der | |
Veranstaltung nicht möglich sein wird, die Beamten auf das Gelände zu | |
führen", sagte Wehe. Die Zäune seien vom Veranstalter aufgestellt worden. | |
Innenminister Jäger betonte, dass es bei einer Veranstaltung dieser | |
Dimension sicher zu einzelnen Fehlern auch aufseiten der Polizei gekommen | |
sei, dass diese aber jetzt ermittelt und als solche gewertet werden | |
müssten. "Ich finde es schäbig, erst nach der Hilfe der Polizei zu rufen | |
und ihr dann den schwarzen Peter zuzuweisen", sagte Jäger. Er dankte den | |
Einsatzkräften und sagte: "Sie haben alles getan, um den Menschen zu helfen | |
und weitere Opfer zu vermeiden." Einige der Besucher der Loveparade sehen | |
das scheinbar anders: Der Staatsanwaltschaft Duisburg liegen inzwischen | |
mehrere Anzeigen wegen unterlassener Hilfeleistung gegen Polizeibeamte vor. | |
Die Zahl dieser Anzeigen konnte die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage der | |
taz nicht nennen - auch deshalb, weil womöglich andernorts ähnliche | |
Strafanzeigen erstattet worden seien. Frühestens am Freitag werde die | |
Staatsanwaltschaft Zahlen nennen können. | |
Neben der Rolle der Polizei ist auch das Genehmigungsverfahren durch die | |
Duisburger Behörden noch sehr undurchsichtig. Jäger sagte, er könne sich | |
nicht vorstellen, dass seinem Vorgänger Ingo Wolf (FDP) die Unterlagen zur | |
Genehmigung der Veranstaltung vorgelegen hätten. Es sei nicht Aufgabe des | |
Innenministeriums, solche Vorgänge zu prüfen. | |
Nach Meinung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) soll sich | |
dies ändern. Die Länder sollen befugt werden, Großveranstaltungen zu | |
untersagen, wenn sie eine Kommune für überfordert halten. "Entweder sie | |
verbieten die Veranstaltung in so einem Fall oder sie übernehmen selbst die | |
Durchführung und Verantwortung", sagte er Bild-Zeitung. Mitunter traue sich | |
eine Stadt zu viel zu. | |
4 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Frauke Böger | |
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Christian Schicha. |