# taz.de -- Vorhaltungen von SPD-Chef: Grüne sauer auf Gabriel | |
> Die Grünen kontern die heftigen Vorwürfe des SPD-Chefs. Gabriel wolle von | |
> der Zerstrittenheit in den eigenen Reihen ablenken und verschlafe den | |
> Umbau der Industrie. | |
Bild: Die Grünen sind sauer. Hier Claudia Roth auf dem Parteitag der Grünen i… | |
Meinungsumfragen mögen SPD und Grünen gemeinsam eine absolute Mehrheit | |
bescheinigen. Doch die angeblichen Traumpartner der deutschen Politik | |
zeigen sich zerstritten. Zunächst bezichtigte der SPD-Vorsitzende Sigmar | |
Gabriel die Grünen im taz-Interview, diese wollten "regieren - egal mit | |
wem" und fühlten sich nur zuständig für "vermeintliche Wohlfühlthemen". Nun | |
kontern die Grünen. Sie bezeichnen Gabriels Angriffe als gezieltes | |
Ablenkungsmanöver. Die SPD habe Angst, sich zu erneuern, und die Bedeutung | |
des Klimawandels nicht verstanden. | |
Der Grünen-Kovorsitzende Cem Özdemir sagte der taz: "Sigmar Gabriel hat | |
genug damit zu tun, das sozialdemokratische Schiff auf Kurs zu bringen, | |
bevor er anderen die Richtung weisen kann." Die guten Umfragewerte der | |
Grünen machten den SPD-Chef "vielleicht nervös". | |
Gabriel hatte den Grünen vorgeworfen, einen gleich großen Abstand zu SPD | |
und CDU zu wahren. Dabei blieben in schwarz-grünen Bündnissen sozial- und | |
gesellschaftspolitische Neuerungen liegen. Diese seien nur in Koalitionen | |
mit der SPD möglich. Özdemir kontert, der SPD-Vorsitzende habe da "offenbar | |
etwas falsch verstanden": "Die SPD steht uns inhaltlich näher als die CDU, | |
nehmen wir etwa die Bildungspolitik." Aber es werde "auch weiterhin keinen | |
Automatismus geben. Schließlich steht dieselbe SPD auch für die | |
Abwrackprämie ohne jede ökologische Lenkungswirkung, für Kohlekraftwerke, | |
in Baden-Württemberg für das Milliardengrab Stuttgart 21, und nun streitet | |
die Partei über die Rente mit 67." | |
Überrascht zeigen sich viele Grüne, dass der ehemalige Bundesumweltminister | |
urteilte: Wenn die Grünen Partner der SPD "auf Augenhöhe" sein wollten, | |
dann dürften diese "nicht mehr nur für die vermeintlichen Wohlfühlthemen" | |
wie Umwelt- und Klimaschutz zuständig sein. Auch "die harten Aufgaben | |
solider Finanzen, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Arbeit" müssten | |
sie übernehmen können. | |
"Vielleicht hat Sigmar Gabriel an der Ostsee zu lange in der Sonne | |
gelegen", sagt der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler der taz. | |
"Der Klimawandel ist die zentrale soziale und ökonomische Frage des 21. | |
Jahrhunderts. Auch bei Sozial- und Finanzfragen stehen wir gut da: mit | |
Maßnahmen zur Regulierungen des Kapitalmarktes, Mindestlohn, | |
Bürgerversicherung und höheren Hartz-IV-Sätzen." | |
Auch die Grünen-Expertin für Verbraucherschutz, Nicole Maisch, hält | |
Gabriels Vorwürfe für verfehlt: "Die Ökosteuer war nie ein ,Wohlfühlthema'. | |
Dafür hat Jürgen Trittin Drohbriefe bekommen", sagt Maisch der taz. "Und | |
Renate Künast hat sich als Verbraucherschutzministerin mit dem | |
Bauernverband angelegt." Die "Äquidistanz", also einen gleichen Abstand der | |
Grünen zu CDU und SPD, mag die Reala Maisch nicht erkennen. Sie sieht eine | |
"generelle Nähe zur SPD", meint aber auch, es sei sinnvoll, "sich andere | |
Optionen offen zu halten." | |
Aus Sicht des Grünen-Abgeordneten Kai Gehring sagen Gabriels Angriffe mehr | |
aus über den Zustand von dessen eigener Partei. "Sie zeigen nur die | |
Nervosität der SPD, die - wie die CDU auch - den Charakter einer | |
Volkspartei verliert", sagt Gehring der taz. Die SPD müsse sich | |
entscheiden, "ob sie die jetzige Industriepolitik fortsetzen will". Gehring | |
rät Gabriel, das Grünen-Konzept zum Industrieumbau, den Green New Deal, | |
"mal durchzulesen". | |
11 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Matthias Lohre | |
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