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# taz.de -- Google-Konkurrent Sightwalk: Streetview für Deutschland längst on…
> Der Widerspruchs-Alarm gegen Google läuft auf Hochtouren. Dabei gibt es
> den virtuellen Straßenrundgang schon seit über einem Jahr: Sieben
> deutsche Städte sind zur Zeit im Netz.
Bild: Mal eben durchs Brandenburger Tor spazieren: bei Sightwalk schon möglich.
Ein riesiger Aufschrei über Street Viewing schallt derzeit durchs Land und
Google wird von allen Seiten in die Mangel genommen. Nur: Während das
Verbraucherministerium bewaffnet mit [1][Widerspruchsvorlagen] seine Bürger
schützen will und [2][Politiker die ersten Häuser verpixeln lassen], stört
sich offenbar keiner daran, dass man schon seit April 2009 durch die
virtuellen Straßen deutscher Städte wandern kann.
[3][Sigthwalk], so nennt sich die kleinere Variante zu Google Street View.
Die Firma gründete sich mit ihrem Hauptsitz in Köln 2008 und begann im
selben Jahr, zur gleichen Zeit wie Google, per Auto und Kamera auf dem Dach
duch Deutschland zu kurven. Inzwischen kann man bei Sightwalk Städtehopping
in Bonn, Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Köln, München und Stuttgart
betreiben. Weitere Städte sind zurzeit nicht in Planung.
Das Medienecho fiel im Vergleich lächerlich gering aus: Die Bürger wurden
zwar über die Regionalpresse informiert, ein Aufschrei folgte jedoch nicht.
Im Gegensatz zum Google-Streetview-Alarm dürfte das dementsprechend nicht
jeder mitbekommen haben. Nach Aussagen der Betreiber von Sigthwalk wandte
sich die Firma im April 2009 mit den Informationen zum Street Viewing zwar
an die regionale Presse, jedoch erfolglos an die Aufsichtsbehörde für
Datenschutz in Nordrhein-Westfalen.
Die Datenschutzbehörde wurde nach Aussagen der Pressesprecherin schließlich
erst per Zeitung auf Sightwalk aufmerksam und wandte sich dann im Mai 2009
an den Street View-Dienst. Die Betreiber wurden aufgefordert, die Kriterien
zur datenschutzrechtlichen Bewertung von digitalen Straßenansichten
einzuhalten. Das heisst, entsprechende geplante Datenerhebungen müssen mit
einem Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit rechtzeitig vorher bekannt
gegeben und personenbezogene Daten unkenntlich gemacht werden. Zu diesem
Zeitpunkt waren zwar Gesichter und Autokennzeichen verpixelt, bei einigen
Hausnummern wurde dies jedoch erst nach der Aufforderung durch die Behörde
getan.
In Anbetracht dessen erscheint das [4][Tohuwabohu um Google] fragwürdig.
Denn von großer Panikmache kann bei Sightwalk jedenfalls nicht die Rede
sein. Momentan legt sich das Verbraucherministerium mächtig ins Zeug und
bietet im Netz Vorlagen an, mittels derer die Bürger Widerspruch bei Google
einlegen können. Ausserdem soll überprüft werden, ob Google seinen Dienst
erst nach Bearbeitung der Beschwerden und Widersprüche startet.
Seit die Debatte losgetreten wurde sei die Zahl der Einsprüche bei
Sightwalk erheblich gestiegen, so die Firma. Wer dort Widerspruch einlegen
möchte, kann das direkt auf der Website tun, es werde versucht, schnell auf
die Anfragen zu reagieren. Ganz ohne Panikmache, nur leider nicht im
Vorhinein.
Laut Sightwalk sind die Aufnahmen bis jetzt einmalig, die Firma behält sich
aber vor, Aktualisierungen der Bilder vorzunehmen. Im Unterschied zum
großen Googlebruder sind die Aufnahmen nicht flächendeckend und in Berlin
beispielsweise nur die zentralen Bezirke rund um Mitte begehbar. Eine
Ausweitung der Flächen ist noch nicht geplant.
Ebenso wie bei Google weisen Pfeile auf dem Bildschirm den Weg in die
gewünschte Richtung. Zoomen ist aber nicht möglich. Dadurch verschlechtert
sich der Überblick für den Nutzer: Um sich im Straßengewusel zurecht zu
finden, muss er sich auf einer zweiten kleineren Überblickskarte
orientieren und dort den gewünschten Ort anklicken.
Zusätzliche Fotos gibt es hier auch, nur nicht in rauen Mengen wie beim
großen Anbieter, wo man den Eiffelturm zu jeglicher Tageszeit und von allen
erdenklichen Perspektiven aus betrachten kann. Stattdessen ist alles mit
den entsprechenden Wikipedia-Artikeln verknüpft und auf Interaktivität
ausgelegt: Es findet sich ein Feld zum Bloggen für lokale Neuigkeiten, und
mit einem Klick kann die Ansicht auf die Siegessäule oder den gerade
entdeckten Nachbarn mit Facebook geteilt werden. Wer kein Web 2.0-Nutzer
ist, bekommt das im Zweifelsfall gar nicht mit.
Wieso Sightwalk mit kleinen Städteausschnitten in Konkurrenz zum Giganten
Google tritt? Der Fokus liegt hier ganz klar nicht darauf, alles zu sehen,
sondern einzelne Orte punktuell aufzusuchen. Eine Navigationsleiste leitet
den Nutzer je nach Problemlage zur nächsten Apotheke oder zum nächsten
Geldautomaten. Spezielle Geschäfte lassen sich per Suchoption finden und
sind teilweise sogar mit Innenansichten und Links versehen – so stolpert
der Nutzer gleich ins Online-Shopping.
Google bietet den Gang in die Geschäfte noch nicht an, es ist aber der
Dienst [5]["Google Store View"] geplant, der mit Street View verknüpft
werden soll.
Neben Google und Sightwalk existiert ein weiterer kleiner Anbieter für
virtuelle Stadtrundgänge in Bukarest. [6][Norc] stellt einzelne Städte in
Österreich, Tschechien, Polen, Rumänien, Russland, Slovakei und Ungarn ins
Netz.
Derzeit fokkussiert sich die öffentliche Wahrnehmung zum Thema Datenschutz
nahezu ausschließlich auf Google. Es scheint, als gerieten bei der
Konzentration auf einen populären Gegner sämtliche andere Anbieter und
Debatten zu Eingriffen in die Privatsphäre in den Hintergrund. Was für den
Moment sinnvoll sein kann, ist auf Dauer und in extremen Ausmaßen
bedenklich.
16 Aug 2010
## LINKS
[1] /1/netz/netzpolitik/artikel/1/einspruchsfrist-fuer-street-view-beginnt/
[2] /1/netz/netzpolitik/artikel/1/politiker-lassen-ihr-haus-verpixeln/
[3] http://sightwalk.de/#
[4] /1/netz/netzpolitik/artikel/1/ein-grund-zur-freude/
[5] /1/netz/netzoekonomie/artikel/1/kommerz-in-3d/
[6] http://www.norc.eu/street-view/
## AUTOREN
Johanna Kleinschrot
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