# taz.de -- Überschwemmungen in Pakistan: Die Welt spendet zu wenig | |
> Mehr als sechs Millionen Menschen in Pakistan brauchen sauberes Wasser | |
> und Lebensmittel. In den Überschwemmungen sind hunderte Menschen | |
> gestorben. Der Staatschef bleibt in Europa. | |
Bild: Überlebende reißen sich um Tetrapacks mit Saft, durch Trinkwasser droht… | |
ISLAMABAD/WASHINGTON afp/rts | UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist am | |
Sonntag in Pakistan eingetroffen, um sich vor Ort ein Bild von den | |
verheerenden Überschwemmungen zu machen. Die Welt stehe geschlossen hinter | |
Pakistan, versicherte Ban nach seiner Ankunft in Islamabad. Er werde sich | |
um Hilfe für die Millionen von Betroffenen bemühen. "Ich rufe die | |
internationale Gemeinschaft auf, ihre Hilfen für die pakistanische | |
Bevölkerung zu beschleunigen." | |
Nach Angaben der Vereinten Nationen ist bislang erst ein Viertel der für | |
die ersten Hilfseinsatz benötigten 459 Millionen Dollar angekommen. Ban | |
traf den pakistanischen Präsidenten Asif Ali Zardari und Ministerpräsident | |
Yusuf Raza Gilani. Später sollte er sich in den Überschwemmungsgebieten | |
selbst einen Eindruck vom Ausmaß der Katastrophe machen. | |
Nach Angaben der pakistanischen Regierung sind 20 Millionen Menschen von | |
den Überschwemmungen betroffen. Bis zu 1.600 Menschen sind bislang durch | |
die Fluten ums Leben gekommen, zwei Millionen wurden obdachlos. UN-Angaben | |
zufolge warten rund sechs Millionen Menschen dringend auf Nahrung, Wasser, | |
Medizin und ein Obdach.Die Wassermassen hätten Lebensmittelvorräte und das | |
Getreide auf den Feldern zunichte gemacht, sagte Regierungschef Gilani am | |
Samstag. | |
Der Koordinator der US-Katastrophenhilfe für Pakistan hat sich | |
zuversichtlich gezeigt, eine Ausbreitung der Cholera in den | |
Hochwassergebieten verhindern zu können. "Ich denke, dass wir das | |
kontrollieren können", sagte Mark Ward von USAID, der amerikanischen | |
Behörde für Entwicklungszusammenarbeit, am Samstag in einem Telefonat mit | |
der Nachrichtenagentur Reuters. Die gute Nachricht sei, dass man wisse, wo | |
der kürzlich bestätigte Cholera-Fall aufgetreten sei. Jetzt könne dort | |
gezielt geholfen werden. Um weitere Erkrankungen zu vermeiden, sei es | |
wichtig, Betroffene rasch in Kliniken zu bringen. Die Behörden bestätigten | |
am Freitag, dass mindestens ein Mensch im Nordwesten Pakistans an Cholera | |
erkrankt sei. Zudem gibt es mehrere Verdachtsfälle. | |
Pakistans Staatschef Asif Ali Zardari verhält sich unterdessen politisch | |
extrem ungeschickt: Während Millionen seiner Landsleute angesichts der | |
verheerenden Überschwemmungen ums nackte Überleben kämpfen, macht sich | |
Pakistans Staatschef Asif Ali Zardari nicht umgehend ins Katastrophengebiet | |
auf, sondern beendet zunächst scheinbar unbeeindruckt eine Europareise | |
inklusive Übernachtungen in Luxushotels. | |
Das verpatzte Krisenmanagement in der schwersten humanitären Krise des | |
Landes kratzt an seinem ohnehin zweifelhaften Ruf. Zardari hat in der | |
Vergangenheit bereits durch zahllose Korruptionsvorwürfe und Intrigen von | |
sich reden gemacht. | |
Jetzt schlägt dem 54-Jährigen eine Welle der Wut entgegen. Während seines | |
Besuchs in Großbritannien musste er Plakate mit der Aufschrift "Tausende | |
sterben, der Präsident macht Urlaub" lesen. Zardari verteidigt seine | |
Entscheidung, die Auslandsreise trotz des Elends in der Heimat fortgesetzt | |
zu haben. Persönlich hätte er sicher von dem "politischen Symbol" | |
profitiert, wenn er sich vor Ort gekümmert hätte, schrieb er vor wenigen | |
Tagen im Wall Street Journal. "Doch hungrige Menschen können keine Symbole | |
essen. Die Situation verlangte nach Aktion, und ich habe gehandelt und die | |
Welt mobilisiert". | |
Erst zwei Tage nach seiner Rückkehr aus Europa begibt sich der Präsident | |
dann in die Krisenregion. Das staatliche Fernsehen zeigt Bilder, wie er bei | |
einem Besuch in einem Auffanglager in Sukkur in der Provinz Sindh einer | |
älteren Frau über den Kopf streichelt und Hilfsgüter verteilt. Doch solche | |
Gesten können seine Kritiker kaum beruhigen. Für sie kommen sie schlichtweg | |
zu spät. | |
15 Aug 2010 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Flutkatastrophe in Pakistan: Mehr deutsche Spenden | |
Die Spendenbereitschaft der Bundesbürger wird besser, berichtet das Rote | |
Kreuz. Die Weltbank sagt einen Kredit über 700 Millionen Euro zu. | |
Überschwemmungen in Pakistan: Ein Viertel des Landes unter Wasser | |
Sauberes Wasser ist knapp, die Seuchengefahr wächst: 20 Millionen Menschen | |
sind mittlerweile von der Katastrophe in Pakistan betroffen. | |
Unzureichende Hilfe für Pakistan: Die "nie da gewesene" Flut | |
Die pakistanische Regierung und die Vereinten Nationen stehen der | |
Flutkatastrophe bislang beide machtlos gegenüber. Nur langsam erreicht die | |
Hilfe die Betroffenen. |