# taz.de -- Streit über Internet-Sperren: Kinderpornos halten sich im Netz | |
> Das Löschen von kinderpornografischen Seiten ist weniger effizient als | |
> erhofft. Das gibt Zensurbefürwortern Auftrieb. | |
Bild: Die Befürworter der Netzsperren fühlen sich durch die Zwischenbilanz be… | |
Seit Jahresbeginn geht das Bundeskriminalamt (BKA) verstärkt gegen | |
kinderpornografische Internetseiten im Ausland vor. Dabei werden die Seiten | |
der örtlichen Polizei gemeldet. Die Ergebnisse bestärken bisher aber eher | |
die Befürworter von Internetsperren im Inland. | |
Pro Monat werden dem BKA rund 170 neue Kinderpornoseiten bekannt. Eine | |
Woche nach der Weitermeldung durch das BKA sind aber noch immer | |
durchschnittlich 40 Prozent der Seiten im Netz verfügbar, so eine | |
offizielle BKA-Angabe für die Monate Januar bis Juni. Die FAZ meldete gar, | |
dass im Juli sogar 63 Prozent der gemeldeten Kinderpornoseiten nach einer | |
Woche noch verfügbar waren. Die Zahl sei aber falsch, heißt es aus | |
Regierungskreisen. Tatsächlich seien 63 Prozent der Seiten gelöscht gewesen | |
- ein konstanter Anteil. | |
Ein Sprecher von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) | |
erklärte gegenüber der taz, die Zwischenbilanzen böten "Anlass zur | |
Hoffnung". Doch in der Union sind weiter Stimmen für die Einführung von | |
Internetsperren in Deutschland zu hören: "Wenn man nicht löschen kann, muss | |
man wenigstens den Zugang durch Internetsperren erschweren", sagte etwa | |
Wolfgang Bosbach, der Vorsitzende des Innenausschusses im Juli, als | |
erstmals Zahlen des BKA bekannt wurden. | |
Der Bundestag hatte im Juni 2009 mit den Stimmen von Union und SPD das | |
sogenannte Zugangserschwerungsgesetz beschlossen. Danach sollte das BKA | |
täglich eine Liste von Kinderpornoseiten an die deutschen Internetprovider | |
liefern, damit diese für ihre Kunden den Zugang erschweren. Bei Aufruf | |
einer derartigen Seite wäre nur ein Stoppschild zu sehen gewesen. Solche | |
Sperren sind allerdings leicht zu umgehen. Kritiker befürchteten zudem, | |
dass hier eine Zensurinfrastruktur für missliebige Inhalte aller Art | |
erprobt wird. | |
In der schwarz-gelben Koalitionsvereinbarung erreichte die FDP im letzten | |
Herbst, dass das Zugangserschwerungsgesetz ein Jahr lang ausgesetzt wird. | |
In dieser Zeit solle das BKA versuchen, eine Löschung der Seiten an der | |
Quelle zu erreichen. Bis nächsten Februar läuft nun eine einjährige | |
Evaluationsphase "Löschen statt Sperren". Dann wollen die Koalitionspartner | |
neu verhandeln. | |
Wenn das BKA von einer Kinderpornoseite im Ausland (meist in den USA) | |
erfährt, kann es nicht selbst die Löschung verfügen. Es könnte zwar den | |
Internet- Hostprovider kontaktieren, auf dessen Servern die illegale Seite | |
sich befindet, damit er sie löscht. Doch das BKA meldet den Fund nur an die | |
örtliche Polizei, um deren mögliche Ermittlungen nicht zu gefährden. Die | |
örtliche Polizei ist aber oft überfordert oder unwillig und kümmert sich | |
nicht sofort. | |
Dies nehmen die Sperrbefürworter zum Anlass für neue Vorstöße. Der neue | |
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) versuchte zwar zunächst, einen | |
freundlichen Dialog mit den Netzaktivisten zu führen. Im taz-Interview | |
sagte er im April dann aber: "Die angebliche Alternative von Löschen und | |
Sperren gibt es im Grunde gar nicht. Beides muss möglich sein." Auch das | |
BKA fordert weiterhin, dass zumindest bis zum Löschen im Ausland eine Seite | |
in Deutschland gesperrt werden solle. Die EU-Kommission fordert, | |
Internetsperren europaweit einzuführen. | |
16 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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