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# taz.de -- Flut-Katastrophe in Pakistan: Angst vor Spenden für Villen
> Angesichts der Flutkatastrophe benötigt Pakistan nach Einschätzung der UN
> 459 Millionen Dollar Soforthilfe. Erst für ein Viertel davon gibt es
> Zusagen - aus Angst vor Veruntreuung.
Bild: Wer nicht an die Regierung spenden will, kann sich an Organisationen wend…
BANGKOK taz | Trotz des katastrophalen Ausmaßes der Flut hält sich die
internationale Spendenbereitschaft in Grenzen. Erst für ein Viertel der 459
Millionen Dollar, um die UN-Generalsekretär Ban Ki Moon als Soforthilfe
gebeten hat, gibt es Zusagen.
Viele pakistanische Politiker und Beamte machen dafür den neuen britischen
Premierminister David Cameron verantwortlich. Weil dieser nach der
Veröffentlichung von mehr als 70.000 US-Geheimdokumenten den pakistanischen
Staat für die Unterstützung der Taliban kritisiert hatte, habe er dem
Ansehen des Landes geschadet. Wegen seiner "Anschuldigungen" zeige sich die
Welt so wenig hilfsbereit.
Doch das Problem sitzt tiefer. Die Organisation Transparency International
vermutete kürzlich, dass seit Gründung der staatlichen pakistanischen
Flutkommission im Jahr 1977 beinahe drei Viertel der Gelder für den
Katastrophenschutz in den Taschen korrupter Bürokraten und Politiker
gelandet seien. Dies sei einer der Hauptgründe für das Ausmaß der
Katastrophe. Dämme, Flutbarrieren, Brücken und Straßen seien aufgrund der
Korruption in derartig schlechter Qualität gebaut worden, dass sie nun
unter den Wassermassen nachgegeben hätten. Laut pakistanischen Medien
wurden auch nach dem schweren Erdbeben im pakistanischen Teil Kaschmirs
2005, das beinahe 80.000 Tote forderte, mehr als 300 Millionen Dollar
veruntreut.
Allein die USA haben dem Land seit 2001 ca. 12 Milliarden Dollar an offener
Hilfe gewährt, den Großteil davon für die Terrorismusbekämpfung. Weitere 10
Milliarden an verdeckten Hilfen dürften in Pakistan gelandet sein. Eine
US-Delegation zeigte sich im vergangenen Jahr bei einem Besuch der
Unruhegebiete im Nordwesten des Landes geschockt: Die Grenzschutzsoldaten
dort waren lausig ausgestattet, trugen auch im Winter offene Schuhe, und
ein Teil ihrer Ausrüstung stammte noch aus dem Zweiten Weltkrieg. An der
Grenze zu Indien fanden sie indes nagelneue Radaranlagen und
Luftabwehrsysteme vor, hunderte von Millionen Dollar teuer. Wie viel von
dem Geld aus den USA in den Bau von Villen und auf Bankkonten in der
Schweiz geflossen sind, weiß niemand.
Ernst zu nehmende Schätzungen gehen davon aus, dass allein 2008 zwei
Drittel der gezahlten 920 Millionen Dollar "verschwunden" sind.
Als die USA im vergangenen Jahr die Zahlung weiterer Milliardenbeträge
unter der Auflage machte, im Nachhinein zu überprüfen, was aus dem Geld
geworden ist, gab es einen Aufschrei der Empörung in Pakistan. Die
Massenmedien des Landes, oft Sprachrohr des mächtigen Militärs, prangerten
die Forderung nach mehr Transparenz als "Eingriff in die staatliche
Souveränität Pakistans" an.
Doch nicht alle sehen das so. So schreibt Fatima Bhutto, die Nichte der
ermordeten Expremierministerin Benazir Bhutto und eine lautstarke
Kritikerin des pakistanischen Establishments, warum etwa Teile des
Staatshaushalts an politische Stiftungen gezahlt würden: "Unsere Politiker
bevorzugen diese Projekte, um die Krankenversorgung und Bildung zu
finanzieren, weil es dann leichter ist, Gelder abzuzweigen." Daher liegt
die Befürchtung nahe, dass von den Spendengeldern für die Flutopfer erneut
große Beträge veruntreut werden.
Das "Center for Independent Studies", ein politischer Think-Tank in
Australien, sieht einen klaren Zusammenhang zwischen internationaler Hilfe
und Korruption in Entwicklungsländern. "Ein Hauptgrund für die zunehmende
Welle der Bestechung ist ausländische Hilfe", schreibt der emeritierte
Wirtschaftsprofessor Wolfgang Kasper in einem Bericht der Organisation.
"Hilfe erreicht die Armen nur selten und ist selten kosteneffizient. Hilfe
ohne Auflagen ist gescheitert." Gigantische Summen an Hilfe für
Entwicklungsländer dienten lediglich "Despoten und kleptokratischen
Eliten". SASCHA ZASTIRAL
16 Aug 2010
## AUTOREN
Sascha Zastiral
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