# taz.de -- Klimaschutzaktivist Ole Hilbrich: "Fliegen bedroht das Recht auf Le… | |
> Klimaschützer fordern die Schließung des Bremer Flughafens, den vor allem | |
> die Billigairline Ryanair anfliegt. Angesichts der Folgen der | |
> Erderwärmung gebe es kein Recht auf Urlaubskonsum per Flugzeug. | |
Bild: Billigflieger von Ryanair: Laut Initiative bedrohen Flugreisen das Recht … | |
taz: Herr Hilbrich, Sie organisieren am kommenden Samstag einen | |
Klima-Aktionstag am Flughafen Bremen, damit der "dichtgemacht" wird. Etwa | |
auf Dauer? | |
Ole Hilbrich: Ja, das ist dauerhaft gemeint. Wir halten das für notwendig. | |
Da werden sich die ganzen Urlauber aber freuen. | |
Der Flughafen ist ein Ort, an dem wir massiv zum Klimawandel beitragen. Der | |
Flugverkehr wächst schnell, die Politik schätzt das sehr und freut sich | |
über die Gäste der Stadt. Aber Flugreisen bedrohen das Recht auf Leben von | |
vielen Millionen Menschen im Süden der Erde. Jeder kennt die Szenarien: | |
Überschwemmungen, Verwüstung und Infektionskrankheiten nehmen zu, Ackerland | |
und Lebensmittel werden knapper. | |
Das sind die Folgen des Treibhauseffekts. Der Flugverkehr trägt dazu aber | |
nur mit wenigen Prozent bei, der Löwenanteil geht auf Kosten der Industrie. | |
Ist es fair, da ausgerechnet auf den Kunden der Billigairlines | |
herumzuhacken? | |
Wir sind natürlich dafür, politisch auch an anderen Orten des Klimawandels | |
anzusetzen. Vor allem aber wollen wir nicht Einzelnen ein schlechtes | |
Gewissen machen, sondern auf die Probleme des zu Grunde liegenden Systems | |
verweisen: Alles ist extrem beschleunigt, die Verhältnisse zwingen | |
Beschäftigte oft, für ihren Job zu fliegen, viele Menschen haben nur kurze | |
Zeit für ihren Urlaub. Diese Wirtschafts- und Lebensweise ist das | |
eigentliche Problem. | |
Bremen ist eine der größten Basen der Billigairline Ryanair. Bei deren | |
Preisen wird eine Mittelmeer-Reise sogar für Hartz-IV-Familien | |
erschwinglich. Das ist doch schön! | |
Global gesehen stimmt das so nicht. Nur etwa zehn Prozent der Menschheit | |
hat die Möglichkeit zu fliegen. Und auch hierzulande sitzen meistens Leute | |
in den Billigfliegern, die mehr Geld haben. Wir glauben nicht, dass es ein | |
Recht auf Urlaubskonsum durch Fliegen gibt, wenn Menschen in anderen Teilen | |
der Welt so unter den Folgen zu leiden haben. | |
Die einfache Bahnfahrt von Bremen nach Berlin kostet ohne Bahncard 82 Euro. | |
Ryanair bietet die Strecke für acht Euro an. Was sagen Sie Leuten, die sich | |
das Zugticket nicht leisten können? | |
Individuell kann es sinnvoll sein, zu fliegen. Aber diese Kalkulation ist | |
egoistisch, denn die gesellschaftlichen und ökologischen Folgekosten sind | |
in diesen Ticketpreisen überhaupt nicht drin. Das liegt auch daran, dass | |
Fliegen subventioniert wird, und es bis heute keine Steuer auf Flugbenzin | |
gibt. | |
Wäre es da nicht konstruktiver, ihre Aktion am Bahnhof zu machen, um | |
günstigere Bahnfahrpreise zu fordern? | |
Natürlich wäre das auch richtig, und genau das haben wir ja auch gemacht: | |
Im letzten Jahr haben wir zwei Mal mit einem Umsonstfahrtag kostenlosen | |
öffentlichen Personennahverkehr für alle gefordert. Aber mit unserer | |
Flughafenaktion wollen wir auf die Ursachen des Klimawandels aufmerksam | |
machen. Viele Menschen halten das für ein abstraktes Phänomen. Aber es | |
liegt direkt vor der Haustür, und das zu zeigen ist uns wichtig. | |
Agenturen wie Atmosfair bieten Flugreisenden die Möglichkeit, | |
Ausgleichszahlungen an Projekte zu leisten, die ihren CO2-Ausstoß wieder | |
kompensieren. Was halten Sie davon? | |
Wir vertrauen nicht richtig in diese Ausgleichsmaßnahmen. Die sind häufig | |
ihrerseits problematisch, etwa durch die Förderung von Monokulturen… | |
… Atmosfair weist das zurück. | |
Vielleicht machen die tatsächlich gute Klimaprojekte. Aber die Vorstellung, | |
die eigenen Emissionen könnten durch Ausgleichszahlungen kompensiert | |
werden, führt von unserem Ziel einer klimaverträglichen Lebensweise weg. Es | |
ist uns viel wichtiger, dass die Menschen nicht mehr den Zwang sehen, sich | |
in dieser Geschwindigkeit bewegen zu müssen. Uns geht es um eine | |
Veränderung des Lebensstils. | |
18 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
Christian Jakob | |
## TAGS | |
Tourismus | |
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