# taz.de -- die wahrheit: Der Gesichtsträger | |
> Schurken, die die Welt beherrschen wollen: Volker ("Puffi") Bouffier. | |
Bild: Ein rechter Gurkenkopf ist der künftige Oberhesse Volker Bouffier. | |
Der vollzählig versammelten Presse fielen vor Überraschung fast die Augen | |
heraus, als Hessens Ministerpräsident Roland Koch seinen Rückzug aus der | |
Politik bekannt gab. Gleich danach klappten sämtliche Kinnladen ratlos zu | |
Boden, als Koch seinen Nachfolger in die Arena warf: Volkwart Dings. Nein, | |
Volkmar Bufier. Oder Volker Buffjeh? Also, wie hieß das Ding? | |
Mit einem Kopf voller Fragezeichen eilten die Journalisten in ihre Büros. | |
Dort kurbelten sie das Internet an, das ihre Zwiebel mit der dringend | |
benötigten Hintergrundinformation auffüllte, derzufolge Volker Bouffier | |
(wie mans spricht) bereits seit mehr als elf treuen Jahren seinem Herrn und | |
Gebieter Koch als Innenminister apportiert. | |
Schnell kam ans Tageslicht, dass die beiden markanten Gesichtsträger alte | |
Kumpel sind, die schon in Jugendzeiten ihre Nasen zusammensteckten. In den | |
Siebziger- und Achtzigerjahren, als noch alle Welt das Gehirn links trug, | |
zählten sie zur "Tankstellen-Connection" der Jungen Union Hessen, in der | |
sich der schwarze Nachwuchs sammelte und sich im Kampf gegen die damals | |
noch rote SPD erste Bandagen erwarb. | |
Koch, Bouffier, der hessische Justizminister Jürgen Banzer, der gemeinsam | |
mit Koch seinen Stuhl quittierende Finanzminister Karlheinz Weimar und der | |
Exbundeswehrminister Franz Josef Jung gehörten zu dieser Geheimloge, die | |
regelmäßig in der Raststätte Wetterau an der A5 gemeinsam brütete. Ihre | |
Ziehväter waren die schwarzen Fixsterne der hessischen CDU: der kantige | |
Manfred Kanther, der walkürehafte Walter Wallmann und der Alfred Dregger. | |
Bouffiers Eltern hatten sich den damals null Jahre alten Innenminister Ende | |
1951 in Gießen zugezogen. Nach der üblichen Inkubationszeit mit Schule und | |
Jurastudium setzte sich Volker "Puffi" Bouffier zunächst in der Gießener | |
Kommunalpolitik fest, breitete sich dann im Landtag aus und befiel 1987 | |
erstmals ein Ministerium: Weil ihm sein Landtagsmandat zwischen den Händen | |
zerplatzt war und seine politische Karriere im Blinddarm zu enden drohte, | |
zog ihn der Ministerpräsidenten Walter Wallmann als Staatssekretär im | |
Justizministerium ins Trockene. | |
Wallmann ging 1991 wieder unter, und auch Bouffier musste für viele Jahre | |
untertauchen, in denen er lediglich als stellvertretender | |
Landesvorsitzender der CDU Hessen hin und wieder in die Öffentlichkeit | |
rutschte. Die schwarze Krankheit schien in Hessen ein für alle Mal | |
weggebürstet - doch dann brach der Morbus Koch aus: 1999 legte Roland Koch | |
nach einem brutalstmöglichen Wahlkampf Hans Eichel in Scherben, übernahm | |
Hessen und spielte Bouffier das Innenministerium zu. | |
Gleich zum Auftakt klebte die Staatsanwaltschaft an seinen Fersen, weil er | |
zwei Jahre zuvor als Anwalt zunächst einen Freund gegen dessen Frau, dann | |
diese gegen den Freund in derselben Scheidungssache mit Paragrafen versorgt | |
hatte, was im Mund des Strafgesetzbuchs "Parteiverrat" heißt. Da Bouffier | |
unschuldig war, musste er eine Geldbuße von 8.000 Mark auswerfen. | |
Der Verdacht, er habe die gegen ihn ermittelnde Staatsanwältin mit der | |
Aussicht auf den besser riechenden Posten einer Polizeipräsidentin | |
weichgespült, wurde dadurch von ihm versenkt, dass er die gegen ihn | |
ermittelnde Staatsanwältin mit der Aussicht auf den besser riechenden | |
Posten einer Polizeipräsidentin nicht habe weichspülen wollen, weshalb der | |
parlamentarische Untersuchungsausschuss bald auf Sand lief. | |
Als Innenminister versteckte Bouffier sein Gesicht nicht in der Hose. | |
Vielmehr gleicht es der deutschen Leitkultur; weshalb Bouffier alsbald | |
trachtete, fremd gepolte Bevölkerungsteile mittels Sprach- und Wissenstests | |
von deutschen Passbildern abzuschirmen. Vor allem aber machte er Politik | |
für eine kleine radikale Minderheit, die Polizei. Finaler Rettungsschuss, | |
anlasslose Rasterfahndung, automatische Lesegeräte für Autokennzeichen, | |
flächendeckende Überwachung der Telekommunikation lauten die schweren und | |
zum Teil am hintersten Rand der Legalität angesiedelten Begriffe. | |
Bouffier tut alles, was gegen potenziell anders geerdete Bürger nützlich | |
sein könnte. Umgekehrt hilft er denen, die in den gleichen Meinungen zu | |
Hause sind wie er: Im Juli 2009 hob Bouffier seinen Parteiamigo Hans | |
Langecker unter Missachtung des vorgeschriebenen Auswahlverfahrens auf den | |
Posten des Präsidenten der hessischen Bereitschaftspolizei, obwohl der | |
Verwaltungsgerichtshof ihm das mit eiserner Zunge verboten hatte. Der auf | |
ihn angesetzte Untersuchungsausschuss wird wohl bald verweht werden: Man | |
sieht Bouffier ja an der Nasenspitze an, dass sie sich stets an Recht und | |
Gesetz hält. | |
Ende August wird Volker Bouffier zum Ministerpräsidenten aufsteigen, und | |
inzwischen fragt sich jeder, wann er zurücktritt. Vier Monate Zeit hat er | |
im Sack, um die frischgebackene CDU-Tradition nach Roland Koch, Horst | |
Köhler, Jürgen Rüttgers und Ole von Beust noch 2010 zu krönen! | |
21 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Peter Köhler | |
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Polizei | |
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