# taz.de -- Diskussion um Wehrpflicht: Guttenberg will die Berufsarmee | |
> Verteidigungsminister Guttenberg möchte den Pflichtdienst im Grundgesetz | |
> lassen, aber aussetzen. Bei der CDU ist man über die Idee noch | |
> unentschlossen. | |
Bild: Gefragter Informant: Guttenberg bei seinem kurzen Wehrdienst-Statement. | |
BERLIN taz | Auch bei der für ihn vielleicht schwierigsten politischen | |
Diskussion verlor Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg am | |
Montag nicht die Beherrschung. Mit leicht angestrengtem Lächeln trat er um | |
15.50 Uhr an die Öffentlichkeit und präsentierte seine mit Spannung | |
erwarteten Vorstellungen zur Zukunft der Wehrpflicht. | |
Sein favorisiertes Modell, das bestätigte Guttenberg, würde die Bundeswehr | |
auf 156.000 Zeit- und Berufssoldaten und 7.500 freiwillig | |
Wehrdienstleistende reduzieren. Insgesamt würde sie sich damit auf eine | |
Größe von 165.000 bis 170.000 SoldatInnen verkleinern. Derzeit umfasst sie | |
etwa 195.000 Zeit- und Berufssoldaten und insgesamt etwa 250.000 | |
Angehörige. "Außerordentlich wichtig" sei es ihm zudem, die Wehrpflicht im | |
Grundgesetz zu behalten. Im Gegensatz zu "einigen Schlaumeiern" wisse er | |
nicht, wie "in dreißig Jahren die Welt aussieht". | |
In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass das | |
Verteidigungsministerium fünf verschiedene Modelle erarbeitet hat, wie es | |
mit der Causa Wehrpflicht weitergehen könne. Neben dem von Guttenberg | |
favorisierten "Modell 4" variierten die anderen Konzepte zwischen einer | |
noch stärkeren Verkleinerung der Bundeswehr und einer Armee mit 210.000 | |
Soldaten, davon 30.000 Wehrpflichtige. | |
Guttenberg stellte seine Überlegungen vor der Pressekonferenz den | |
Fachpolitikern der Koalition vor. Der CDU-Politiker Ernst-Reinhard Beck | |
betonte, dass aus seiner Sicht eine Wahl zwischen dem von Guttenberg | |
präferierten Vorschlag und dem letztgenannten Konzept mit 30.000 | |
Wehrpflichtigen bestehe. Die Auswahl sei "eine gemeinsame Aufgabe, an der | |
wir konstruktiv arbeiten". Seine FDP-Kollegin Elke Hoff sagte, ihre Partei | |
habe "immer schon die Aussetzung der Wehrpflicht" favorisiert. "Es ist an | |
erster Stelle wichtig, die sicherheitspolitischen Interessen zu | |
definieren." Sie sicherte zu Guttenberg Loyalität in der Debatte zu: Es | |
gebe "keine Gründe", so Hoff, "sich negativ zu äußern." | |
Regierungssprecher Steffen Seibert hatte am Vormittag in Berlin erklärt, | |
die Bundeskanzlerin habe bereits am Sonntagabend mit zu Guttenberg | |
telefoniert, sich aber noch auf keine eigene Präferenz festgelegt. Jedoch | |
sei ein "Ausgangspunkt" gegeben. | |
Der Grüne Omid Nouripour kritisierte, dass nicht auch die | |
Oppositionsfraktionen in die Pläne zur Zukunft der Wehrpflicht eingeweiht | |
wurden. "Es kann nicht angehen, dass der Verteidigungsminister nur die | |
Fraktionen über seine Pläne unterrichtet, die ihm gefallen", sagte | |
Nouripour. Für die kommende Woche habe seine Fraktion daher nun eine | |
Sondersitzung des Verteidigungsausschusses beantragt. | |
Als "friedens- und sicherheitspolitisch äußerst bedenklich" bezeichnete der | |
Politiker der Linkspartei, Jan van Aken, die Pläne. Van Aken forderte im | |
Namen seiner Partei zu Guttenberg auf, "die Wehrpflicht ersatzlos zu | |
streichen, alle Auslandseinsätze zu beenden und sich wieder auf den | |
Verfassungsauftrag der Landesverteidigung zu besinnen." | |
23 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Gordon Repinski | |
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