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# taz.de -- Terrorismus im Jemen und in Somalia: Das neue Zuhause von al-Qaida
> In Jemen und Somalia wächst die nächste Generation radikaler Islamisten
> heran. Haben sie Erfolg, könnte die gesamte Region instabil werden.
Bild: Jemenitische Soldaten kontrollieren Fahrzeuge nach al-Qaida-Anschlag.
Wenn US-Geheimdienstleute den Jemen als gefährliche Basis al-Qaidas
ausmachen, ist dies ein Eingeständnis des Scheiterns. Denn Jemen zählt zu
den Verbündeten der USA. Staatschef Ali Abdallah Saleh lässt sich seit
Jahren von CIA und US-Militärberatern unterstützen.
Noch vor den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA war den
jemenitischen Islamisten das gelungen, was al-Qaida bis heute als einen
ihrer größten militärischen Erfolge bezeichnet: Zwei mit Fischerbooten
ausgestattete Selbstmordattentäter rissen im Oktober 2000 ein riesiges Loch
in den Zerstörer "USS Cole" im Hafen von Aden. 17 Seeleute starben.
Acht Jahre später waren alle Verantwortlichen, die im Jemen zu teilweise
langen Haftstrafen verurteilt worden waren, wieder frei - entkommen oder
begnadigt. "Frustrierend" nannte dies ein ehemaliger FBI-Agent und
Chefermittler: "Haben die überhaupt Gesetze da unten?"
Besonders aufsehenerregend war eine Massenflucht von zwei Dutzend
mutmaßlichen Terroristen, die im Jahr 2006 aus einem
Hochsicherheitsgefängnis in Sanaa durch einen 300 Meter langen Tunnel
entkamen. Unter ihnen war der Jemenit Nassir al-Wahishi, einst persönlicher
Sekretär von Ussama Bin Laden in Afghanistan, dessen Familie ursprünglich
ebenfalls aus dem Jemen stammt. Wahishi verkündete Anfang 2009 den
Zusammenschluss der jemenitischen und der saudi-arabischen Al-Qaida-Zellen
zu "al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel" (AQAP).
Seitdem wurden Urlauber, Ölanlagen und die US-Botschaft in Sanaa wiederholt
zum Ziel blutiger Anschläge. Präsident Saleh habe das "Land des Glaubens
und der Weisheit" einer "abscheulichen Invasion von Kreuzrittern geöffnet",
erklärte der 33-jährige Wahishi.
Als einer der Köpfe hinter dem Zusammenschluss gilt der US-jemenitische
Prediger Anwar al-Awlak. Die Regierungen in Sanaa und Washington betrachten
den 39-jährigen früheren Imam als höchst gefährlich. So soll er den
Nigerianer Umaru Farouk Abdul Mutallab indoktriniert haben, der an
Weihnachten 2009 versuchte, ein Passagierflugzeug über Detroit in die Luft
zu jagen. Mit anderen Anführern von al-Qaida soll er sich in der Provinz
Schabwa versteckt halten.
Dabei machten Jemens Machthaber früher mit Gotteskriegern auch gemeinsame
Sache. Im Bürgerkrieg von 1994 kämpfte die Armee im Norden mit
Afghanistan-Veteranen gegen sozialistische Sezessionisten im Süden. Noch
heute lässt sich die Armee im Kampf gegen schiitische Rebellen im
Grenzgebiet zu Saudi-Arabien von sunnitischen Extremisten unterstützen. Die
Regierung habe den Fundamentalisten zu lange freie Hand gelassen,
kritisieren Regimegegner. Al-Qaida habe direkte Verbindungen in die
Regierung.
Aber heute ist die Zeit der friedlichen Koexistenz vorbei. Im gleichen
Maße, wie der Druck auf al-Qaida in Afghanistan, Pakistan und Saudi-Arabien
steigt, wird der Jemen für eine neue Generation attraktiv - ebenso wie der
südliche Nachbar Somalia, wo die islamistische Rebellenarmee al-Shabaab
(Jugend), die mit al-Qaida zusammenarbeitet, das südliche Drittel des
Landes beherrscht.
Mehrfach hat das US-Militär bereits Anschläge gegen islamistische Kämpfer
in Jemen verübt, ebenso wie zuvor in Somalia. Eine Drehscheibe des
regionalen Krieges gegen Islamisten, einschließlich verdeckter Operationen
und Drohnenüberwachung, ist Dschibuti, wo sich die größte Militärbasis
Frankreichs und der USA in Afrika befindet.
Wenn Jemen und Somalia gleichzeitig zu Al-Qaida-Bastionen werden, gerät die
Lage in der gesamten Region außer Kontrolle, warnen manche US-Analysten.
Berichten zufolge haben AQAP und al-Shabaab inzwischen zahlreiche
ausländische Kämpfer angeworben, viele davon aus Saudi-Arabien und
Pakistan. Sie sollen unter anderem Selbstmordattentäter ausbilden. Zum
WM-Finale am 11. Juli töteten Shabaab-Militante in Ugandas Hauptstadt
Kampala bei Selbstmordanschlägen 76 Menschen. Ugandas Armee will deswegen
jetzt stärker gegen al-Shabaab in der geteilten somalischen Hauptstadt
Mogadischu kämpfen, wo ugandische Truppen bereits die Regierung gegen die
Islamisten verteidigen.
Diese Woche ist die militärische Lage drastisch eskaliert. Die
Shabaab-Milizen starteten in Somalias Hauptstadt einen Großangriff. Am
Dienstag stürmten sie das wichtigste von Parlamentsabgeordneten bewohnte
Hotel und wurden am Abend nur durch ugandische Panzer davon abgehalten, den
Präsidentenpalast einzunehmen. Schwere Kämpfe dauerten gestern an. Im Jemen
eroberten Regierungstruppen nach eigenen Angaben am Dienstag nach
fünftägigen Kämpfen die südliche Stadt Loder von al-Qaida zurück.
1 Jan 1970
## AUTOREN
K. Heymach
D. Johnson
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