# taz.de -- Gentech-Gegnerin über Frankreichs Justiz: "In drei Prozessen gab e… | |
> Französische Richter steckten Zerstörer von Gentech-Pflanzen bewusst | |
> nicht ins Gefängnis, sagt die Aktivistin Franciska Soler. Man wolle keine | |
> Stars unter den Feldbefreiern schaffen. | |
Bild: Wer zerstören will, wird abgeführt: Polizisten entfernen in der Nähe v… | |
taz: Frau Soler, anders als in Deutschland ist in Frankreich noch nie ein | |
Aktivist im Gefängnis gelandet, weil er ein Gentech-Feld zerstört hatte. | |
Wie machen Sie das? | |
Franciska Soler: Die französische Justiz will verhindern, dass Feldbefreier | |
Stars werden. Die Prozesse stehen noch stärker im Interesse der | |
Öffentlichkeit als in Deutschland, weil wir in großen Gruppen angeklagt | |
werden. Einmal standen gleich 49 Leute vor Gericht. Einer unserer | |
Mitstreiter ist der prominente Bauerngewerkschafter José Bové, der wegen | |
der Zerstörung einer McDonalds-Filiale kurz in Haft war. Aus diesen Gründen | |
wird immer wieder sogar in den nationalen Fernsehnachrichten über uns | |
berichtet. | |
Aber verurteilt werden Sie trotzdem, oder? | |
In drei Prozessen gab es Freisprüche. Die Richter begründeten das damit, | |
dass wir eine Gefahr für das Allgemeinwohl abwenden wollten und alle | |
anderen Mittel ausgeschöpft hatten. Wir hatten zum Beispiel mit Politikern | |
gesprochen, aber die stehen unter Druck der Lobbyisten der | |
Gentech-Industrie. Vor dem Berufungsgericht haben wir dann verloren. Es gab | |
Bewährungs- und Geldstrafen. | |
Wie sehen Ihre Aktionen denn genau aus? | |
Wir haben seit 2004 etwa 30 Felder befreit, also die genmanipulierten | |
Pflanzen unschädlich gemacht. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb | |
schätzungsweise 300 bis 400 Leute angeklagt. Wie unsere Freunde in | |
Deutschland wenden wir keine Gewalt gegen Menschen an und verstecken uns | |
nicht vor der Justiz. Dreimal haben wir Häfen blockiert, über die | |
Gentech-Soja und -Mais aus Südamerika als Viehfutter importiert werden. | |
Was haben Sie damit erreicht? | |
Nach einer Hafenblockade haben wir ein Gespräch mit Beamten des | |
französischen Umweltministeriums bekommen. Das hat dazu beigetragen, dass | |
die Regierung später den kommerziellen Anbau einer Maissorte des | |
US-Konzerns Monsanto in Frankreich verboten hat. Vor Kurzem haben wir | |
Rebstöcke eines Versuchsanbaus zerstört. Jetzt gibt es bei uns nur noch | |
einen Freisetzungsversuch und keinen Anbau zu wirtschaftlichen Zwecken. | |
Sie haben gemeinsam mit britischen und deutschen Aktivisten die | |
"Europäische Feldbefreiungsbewegung" (EFLM) ausgerufen. Warum gerade jetzt? | |
Die neue EU-Kommission wird in den nächsten Monaten großen Druck ausüben, | |
um viele weitere Gentech-Pflanzen zuzulassen. Den Widerstand der | |
Bevölkerung in Europa will sie aufsplittern, indem jeder EU-Staat selbst | |
entscheiden darf, ob das Saatgut auf seinem Gebiet benutzt werden darf. Mit | |
der EFLM wollen wir zeigen, dass wir gemeinsam Widerstand leisten werden. | |
Wir werden uns nicht dazu zwingen lassen, Gentech-Nahrungsmittel zu essen. | |
Warum kämpfen Sie überhaupt gegen die Agro-Gentechnik? | |
In der Gentechnik kristallisieren sich viele Probleme, die unsere | |
Gesellschaft hat: Es geht um die Umwelt, die Gesundheit, aber auch um | |
wirtschaftlichen Einfluss. Mit Gentech-Pflanzen, die ja unter Patentschutz | |
stehen, wollen große Chemiekonzerne ihre Macht über unsere Ernährung | |
ausbauen. Unsere Zukunft muss aber eine lokale Wirtschaft mit regionalen | |
Strukturen sein. | |
27 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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