# taz.de -- Insolvenzplan angenommen: Karstadt kann gerettet werden | |
> Nach zähen Verhandlungen hat sich der Investor Nicolas Berggruen mit dem | |
> Vermieterkonsortium geeinigt, jetzt hat auch das Amtsgericht grünes Licht | |
> gegeben | |
Bild: Berggruen freut sich, nach monatelangen Verhandlungen scheint seine Über… | |
LONDON/BERLIN rtr/apn/dpa/taz | Die rund 25.000 Karstadt-Beschäftigten | |
können aufatmen: Der Weg für eine Rettung der insolventen Warenhauskette | |
ist frei. Am Freitagvormittag hatten die Gläubiger des Karstadt-Vermieters | |
Highstreet die letzten Unterschriften unter den lange verhandelten | |
Mietvertrag gesetzt. Am Nachmittag stimmte nun auch das Amtsgericht Essen | |
dem Insolvenzplan für die Karstadt-Rettung zu. Nach Ablauf einer 14-tägigen | |
Beschwerdefrist ist die Entscheidung rechtskräftig. | |
Eigentlich schien schon vor knapp drei Monaten die Zukunft von Karstadt | |
gesichert zu sein. Als Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg Anfang Juni | |
mitteilte, Nicolas Berggruen habe als einer von drei Interessenten den | |
Zuschlag für die rund 130 Jahre alte Warenhauskette erhalten, fiel | |
zahlreichen Beschäftigten ein Stein vom Herzen. Denn Berggruen verlangte | |
anders als andere Interessenten keine Opfer von der Belegschaft, die durch | |
Gehaltsverzicht bereits 50 Millionen Euro pro Jahr einbrachte. Auch ein | |
weiterer Stellenabbau, über die bereits erfolgte Schließung von zehn | |
Warenhäusern hinaus, war für Berggruen keine Lösung. Stattdessen machte er | |
Zugeständnisse der Vermieter, des Immobilienkonsortiums Highstreet, zur | |
Bedingung für die Übernahme. | |
Doch die Forderung nach geringeren Mietpreisen sorgte für lange | |
Verhandlungen zwischen dem Sohn des deutschen Kunstsammlers und Highstreet. | |
Noch im Juni lehnte Berggruen ein verbessertes Angebot von Highstreet | |
kategorisch ab. Das Konsortium hatte seine bisherige Offerte nach eigenen | |
Angaben noch einmal um rund 25 Millionen Euro aufgestockt und sich bereit | |
erklärt, in den nächsten fünf Jahren auf mehr als 400 Millionen Euro an | |
Mieteinahmen zu verzichten. | |
Hinter Highstreet stehen die beiden Banken Goldman Sachs und Deutsche Bank, | |
aber auch die italienischen Unternehmensgruppen Pirelli und Borletti. | |
Allerdings wurde der über vier Milliarden Euro schwere Karstadt-Deal, mit | |
dem der frühere Vorstandsvorsitzende der Karstadt-Mutter Arcandor, Thomas | |
Middelhoff, den Konzern entschulden und den Aktienkurs nach oben treiben | |
wollte, auch mit Hilfe von vielen Kreditgebern finanziert. Ihnen drohen zum | |
Teil nun durch die reduzierten Mieteinnahmen geringere Renditen, weshalb | |
sich einige von ihnen lange gegen die Forderungen Berggruens sperrten. | |
Doch letztendlich setze sich der US-Milliardär und Immobilienexperte durch. | |
Er investiert rund 70 Millionen Euro eigenes Geld in die Übernahme und will | |
Karstadt mit einem Konzept in Gewinnzone führen, das im Auftrag des | |
Insolvenzverwalters Görg entstanden war. Darin gilt Karstadt noch immer als | |
"Kultmarke", die aber verjüngt werden muss. Die 120 verbliebenen | |
Warenhäuser sollen modernisiert werden und stärker als bisher auf Kleidung, | |
Wohnen, Schmuck, Sport und Kosmetik setzen. Vorgesehen ist auch eine | |
Trennung der Kaufhäuser in drei Sparten (Sport-, Premium- und | |
Standardkaufhaus), was den Einstieg weiterer Investoren erleichtert. | |
Schon jetzt als Geldgeber mit dabei ist der Designer und Modefachmann Max | |
Azria, der mehrere Modeketten betreibt. Er soll Berggruen, der bislang | |
keine Erfahrung im Warenhausgeschäft hat, beraten und Karstadt den Zugang | |
zu neuen Modemarken öffnen. | |
3 Sep 2010 | |
## TAGS | |
Thomas Middelhoff | |
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