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# taz.de -- Urheberrechte im Netz: "Musik verschenken"
> Dave Haynes betreibt die Webseite soundcloud.com. Zum Auftakt der
> Berliner Konferenz "all2gethernow" erklärt er, warum es durchaus Sinn
> macht, Musik zu verschenken.
Bild: All together now: Fans auf einem Konzert, später bloggen sie darüber im…
taz: Herr Haynes, was ist die Funktion Ihrer Internetseite Soundcloud.com?
Dave Haynes: Soundcloud fungiert als öffentlich zugängliches Studio. Wir
sorgen dafür, dass Künstler mithilfe von Soundcloud eigene Musikstücke
hochladen oder von A nach B verschieben können. Früher war das sehr
umständlich: Man musste riesige Dateien auf einem FTP-Server deponieren
oder via Yousendit verschicken. Bei uns kann man Musik ohne Einschränkung
hochladen. Meistens ist die Musik unserer User unveröffentlicht und zum
Teil nichtkommerziell. Soundcloud ist ein guter Ort, um Menschen im
Internet neue Musik vorzusetzen. Entdeckt werden Künstler aber woanders,
Soundcloud ist keine Kaderschmiede.
Verglichen mit Myspace ist Ihre Seite minimalistisch. Man sieht die Musik
nur als Klangpegel, warum gibt es keine Bilder und sonstigen Informationen?
Wer eingebettete Diashows, Porträtfotos oder Tourneedaten sucht, ist bei
uns an der falschen Adresse. Es geht uns nur um die Veröffentlichung von
Musikdateien. Wir bauen kein Zuhause für Bands und Künstler, wir sind auch
nicht dafür zuständig, sie via Internet anzupreisen.
Auf der Großbaustelle Web 2.0 ist die Situation der Urheberrechte nach wie
vor nicht geklärt, wie gehen Sie damit um?
Zum Teil werden bei uns auch nichtmusikalische Dinge hochgeladen, etwa
Interviews und andere Arten von Audiodateien. Fallen diese unters
Urheberrecht? Jedenfalls ist das, was sich auf soundcloud.com befindet,
individuell verschieden. Jeder hostet und streamt in Eigenverantwortung.
Letztendlich ist Soundcloud nur ein Lagerhaus für Klangdateien, die User
entscheiden selbst, was für Musik sie auf ihren Profilen hochladen.
Das mag für unbekannte Künstler und Privatpersonen zutreffen, aber
Soundcloud ist inzwischen auch bei Stars wie Sonic Youth beliebt, die
englische Künstlerin Little Boots veranstaltete etwa kürzlich einen
Remix-Wettbewerb auf Ihrem Soundcloud-Profil, das sprach sich schnell
herum.
Letztendlich liegt es in den Händen unserer User, ob und wie sie etwas
veröffentlichen wollen. Ich nehme an, bei größeren Namen werden sich die
Urheberrechtsgesellschaften direkt an die Plattenfirmen der Betreffenden
wenden. Was die Inhalte anbelangt, halten wir uns aber strikt raus. Sehen
Sie, die beiden Soundcloud-Gründer Eric Wahlforss und Alexander Ljung
kommen ja selbst aus der Musikszene. Eric veröffentlichte elektronische
Popmusik und Alexander arbeitete als Toningenieur. Inzwischen benutzen
übrigens viele Leute aus der Musikindustrie Soundcloud als Workspace. Wir
sehen uns nicht als Musik-Konsum-Destination, wir leisten
bedienerfreundliche Basisarbeit für Leute, die eigene Musik im Netz posten.
Die Musikindustrie alter Tage hatte Plattenfirmen und Vertriebe, die die
Distribution von Musik auf Tonträgern übernahmen. Hat Soundcloud nun diese
Spieler abgelöst?
Nein, ganz und gar nicht. Auch Plattenfirmen nutzen unsere technischen
Angebote, aber es gibt im Netz definitiv andere Anbieter, die den Service
von Plattenfirmen und Vertrieben ersetzen könnten. Wir widmen uns der
Frage, wie wir es den Usern erleichtern, bei uns Audiodateien hochzuladen,
unsere Aufgabe ist es aber nicht, die Musikindustrie umzustrukturieren.
Musik im Netz lässt die Klangtiefe von Schallplatten vermissen. Stört Sie
die schlechte Tonqualität überhaupt nicht?
Nein. Man kann bei uns Musik in den Formaten MP3 oder WAV hochladen, wir
unterstützen aber auch alle anderen Audioformate. Diese transferieren wir
dann auf eine Streaming-Rate von 128 Kilobit pro Sekunde. Das entspricht
"Preview"-Klangqualität und eignet sich für entspanntes Anhören. Gut, im
Netz ist schlechte Tonqualität Usus, das lässt sich nicht bestreiten.
Wir haben über Usability und Zugänglichkeit geredet, wie steht es mit der
sozialen Funktion von Soundcloud?
Wir sind eine Pinnwand. Bei uns suchen und finden sich Musiker, vielleicht
landen sie auch bei Plattenfirmen. Und es könnte sein, dass Musik, die bei
uns hochgeladen wird, direkt in Bars und Clubs gespielt wird und neben den
Usern noch viel mehr Menschen erreicht.
Soundcloud finanziert sich als "Freemium"-Modell. Einstiegs-User kriegen
ein kleines Konto mit begrenzter Datenmenge, wer mehr postet, muss zahlen.
Zahlt sich das für Sie aus?
Das Freemium-Modell hat sich als tragfähig erwiesen, es ist eine simple
Geschäftsidee. Man beginnt auf Soundcloud immer umsonst, und diejenigen,
die den größten Nutzen daraus ziehen, zahlen für Sonderleistungen. Die
Einstiegsgebühr liegt bei 29 Euro pro Jahr. Am oberen Ende liegen
Spezialkonten für 500 Euro, die meist von Plattenfirmen gebucht werden.
Wie sollen Künstler in Zukunft mit ihrer Musik denn noch Geld verdienen?
Zunächst einmal gibt es sehr viele unterschiedliche Künstlertypen.
Weltstars und die breite Masse. Lokale Künstler, überregional bekannte
Künstler. Aber ich bin davon überzeugt, dass auch sie in Zukunft mit Musik
Geld verdienen werden, und zwar auch durch Plattenverkäufe! Natürlich nicht
im Netz. Das Netz ist eher dazu da, Fanströme zu kanalisieren und überhaupt
eine Fanbasis aufzubauen. Die Menschen strömen nach wie vor in Clubs und
Hallen, das muss man ausnutzen. Allgemein wäre es wünschenswert, endlich
die Vorteile des Internets zu betrachten und nicht immer nur die Nachteile,
es geht doch darum, wie wir miteinander kommunizieren und partizipieren.
Davon profitieren auch Künstler.
Findet Musik eine Wertschätzung, wenn sie im Netz frei verfügbar ist?
Wenn man Musik verschenkt, muss das ihren Wert nicht automatisch schmälern.
Man kann damit neue Fans gewinnen, die ihre Meinungen über den betreffenden
Künstler überdenken. Und letztendlich ist das ja nicht umsonst, denn es
geht im Internet immer um die Generierung von Datensätzen. Man kann einen
Track auf einer Internetseite frei posten und bekommt äußerst interessante
Einblicke, wo und wer die Fanbasis ist und wer alles über die Musik bloggt.
Alle diese Informationen helfen dann nämlich doch beim Verkauf des
Produkts. Hinter dem Geschenk liegt immer ein Wert.
Soundcloud hat inzwischen mehr als eine Million User, man kann also getrost
von einer Erfolgsgeschichte reden. Hat das Wort "Start-up" für Sie einen
negativen Beigeschmack?
Keineswegs, denn wir haben immer unseren Maßstab vor Augen. Wir sind eine
kleine Firma, 30 Leute arbeiten für Soundcloud und fast alle sind mit der
Weiterentwicklung der Seite betraut. Die Entwicklungen gehen so rasend
schnell, dass wir mit neuen Updates manchmal gar nicht hinterherkommen.
Wenn wir uns auf unsere Kernkompetenz konzentrieren, das Hochladen von
Musikdateien, dann kann uns nichts passieren.
6 Sep 2010
## AUTOREN
Julian Weber
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