# taz.de -- Machtübergabe in Nordkorea: "Die Herzen erwärmen sich" | |
> Ein geheimnisvolles Parteitreffen soll jetzt offenbar einen | |
> Generationswechsel einleiten und damit die Kim-Dynastie in der dritten | |
> Generation absichern. | |
Bild: Martialische Pose: Parade der Armee Nordkoreas. | |
Es soll ein historisches Ereignis werden, auf dem Nordkoreas kränkelnder | |
Herrscher Kim Jong Il sein politisches Erbe regeln will: Zum ersten Mal | |
seit 44 Jahren sind Delegierte der Arbeiterpartei zu einer Parteikonferenz | |
in die Hauptstadt Pjöngjang gerufen worden. Bei der letzten Konferenz im | |
Oktober 1966 hatte Staatsgründer Kim Il Sung seinen heute herrschenden Sohn | |
als Thronfolger vorgestellt. | |
So wollen jetzt Gerüchte nicht abreißen, dass Kims dritter Sohn Jong Un, | |
27, auf einen hohen Posten gehievt und damit die Dynastie in dritter | |
Generation fortgesetzt wird. Wie üblich bei politischen Veranstaltungen im | |
geheimnisversessenen Pjöngjang gab es bis Montagabend noch keine | |
Bestätigung, ob das Treffen bereits eröffnet wurde oder erst am Dienstag | |
beginnt. Nordkoreas wichtigste Zeitung, Rodong Sinmun, verriet auch nichts | |
über die Tagesordnung, teilte aber mit, dass ein "bedeutendes Kapitel in | |
der Geschichte unserer Partei" geschrieben werde. Die Herzen der 24 | |
Millionen Nordkoreaner "erwärmen sich voller Freude und Glück in Erwartung | |
der revolutionären, festlichen Gelegenheit". | |
Das Treffen kommt zu einer Zeit, in der sich Nordkoreas Nachbarn auf die | |
Ära nach Kim vorbereiten und die Rivalität zwischen China und den USA um | |
Einfluss auf der koreanischen Halbinsel schärfer wird. Ein für diese Tage | |
geplantes Flottenmanöver der USA und Südkoreas im Gelben Meer wurde in | |
letzter Minute wegen eines Taifuns verschoben. Die Übung samt einem | |
US-Flugzeugträger sorgte in Peking und Pjöngjang gleichermaßen für Ärger. | |
Die USA wollten damit ihre Vorherrschaft in Ostasien demonstrieren, hieß es | |
in beiden Hauptstädten. | |
Im August hatte Kim Jong Il überraschend China zum zweiten Mal in diesem | |
Jahr besucht. Damit wollte er Peking offenbar über seine Personalpläne | |
informieren und um wirtschaftliche Hilfen bitten. Unter anderem ging es um | |
den Plan einer chinesisch-nordkoreanischen Industriezone im Nordosten. | |
Chinesische Geschäftsleute sollen nach dem Vorbild der | |
Sonderwirtschaftszonen in China künftig in der Grenzregion Rajin-Sombon | |
Fabriken aufbauen, Know-how vermitteln und so Nordkoreas marode Wirtschaft | |
beleben. China ist der wichtigste Investor und Handelspartner. | |
Kim ist unter Druck: Er hat offiziell erklärt, er werde das Land bis 2012 | |
zum Wohlstand führen. Damit weckte er unerfüllbare Erwartungen. Der | |
69-Jährige soll seit einem Schlaganfall 2008 angeschlagen sein. Seit dem | |
Tode seines Vaters 1994 stützt er sich auf die Generäle. Das Motto seines | |
Regimes lautet: "Die Armee geht voran." Die Arbeiterpartei wurde in den | |
letzten Jahrzehnten zur leeren Hülle. Der letzte "Parteitag", bei dem nach | |
kommunistischem Protokoll alle Posten neu vergeben oder bestätigt werden | |
müssen, fand 1993 statt. Seither sind viele aus der alten Führung | |
gestorben, gestürzt worden oder in Rente gegangen. | |
Mit seinem Schwager Jang Song Taek, der als einer der Geheimdienstchefs des | |
Militärs zum inneren Führungszirkel gehört, will Kim die Partei womöglich | |
wieder als zweite politische Kraft nach dem Militär aufbauen. Dafür | |
schickte er Parteikader ins Land, um "von der Basis zu lernen". Einer | |
berichtete dieser Zeitung, er habe sehr viele zornige Landsleute getroffen, | |
die sich über "Ungerechtigkeit und Korruption" beklagten. | |
6 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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