| # taz.de -- Konkrete Pläne zur Krankenversicherung: Fast so schlimm wie Kopfpa… | |
| > Die Gesundheitsreform wird konkret: erhöhte Grundbeiträge, beliebig hohe | |
| > Zusatzbeiträge, Entlastung der Besserverdiener und Zugeständnisse an die | |
| > Privaten. Ein Überblick. | |
| Bild: Im Frühjahr gab es noch heftige Proteste – nun kommt sie doch: eine un… | |
| Zum Umbau des deutschen Gesundheitssystems dreht die schwarz-gelbe | |
| Koalition derzeit an vielen Rädern und Schrauben gleichzeitig. Neben der | |
| Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sollen auch die | |
| Regeln für die private Krankenversicherung (PKV) umgestaltet werden. Ein | |
| Überblick: | |
| Gesundheitsfonds: Den von der FDP als bürokratisches Monster beschimpften | |
| Gesundheitsfonds wird es weiter geben. Er ist ein Geldsammel- und | |
| -umverteilungsmechanismus für die gesetzlichen Krankenkassen. Der Fonds | |
| wird aus den allgemeinen Kassenbeiträgen und Steuerzuschüssen gespeist. Aus | |
| diesem Topf erhalten die einzelnen Kassen das Geld, mit dem sie | |
| wirtschaften und ihre Ausgaben für die Behandlung ihrer Versicherten decken | |
| müssen. Wenn eine Kasse mit ihrer Zuweisung nicht auskommt, darf sie | |
| Zusatzbeiträge von ihren Mitgliedern erheben. Die fließen direkt an sie - | |
| und nicht an den Fonds. | |
| Allgemeine Beiträge: Schritt eins der Finanzreform ist eine Erhöhung der | |
| allgemeinen Kassenbeiträge. Arbeitnehmer sollen künftig 8,2 Prozent ihres | |
| Bruttolohnes für die GKV bezahlen, Arbeitgeber 7,3 Prozent. Der | |
| Arbeitgeberanteil soll auf diesem Niveau eingefroren werden. Grob | |
| gerechnet, bringt die Beitragserhöhung 6 Milliarden Euro für den | |
| Gesundheitsfonds. Für die Koalition mildert das den Druck, Einsparungen | |
| zulasten von Pharmaindustrie, Kliniken oder Ärzten zu beschließen. Es | |
| dämpft auch den Bedarf an Steuergeld für den neuen Sozialausgleich. | |
| Steigende Gesundheitsausgaben sollen künftig vor allem die Versicherten | |
| tragen - über die pauschalen Zusatzbeiträge. | |
| Beitragsbemessungsgrenze: Wer gut und besser verdient, wird 2011 etwas von | |
| den allgemeinen Kassenbeiträgen entlastet - die müssen nämlich nur auf | |
| Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze bezahlt werden. Diese liegt | |
| derzeit bei 3.750 Euro brutto im Monat. 2011 bleibt aber schon jeder über | |
| 3712,50 Euro hinaus verdiente Euro beitragsfrei. Das ist allerdings kein | |
| gesundheitspolitischer Beschluss. Hier wirkt sich die Finanz- und | |
| Wirtschaftskrise aus. Weil sich 2009 die Löhne negativ entwickelten, ergibt | |
| die Berechnungsformel jetzt niedrigere Grenzwerte. | |
| Zusatzbeiträge: Was das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf seiner | |
| Homepage verbreitet, ergibt Folgendes: Die Zusatzbeiträge werden zu einer | |
| allmählich wachsenden Kopfpauschale ausgebaut. Derzeit dürfen sie eine | |
| Belastungsgrenze von einem Prozent des Bruttoeinkommens nicht | |
| überschreiten. Diese Grenze fällt. Jede Kasse darf Zusatzbeiträge in | |
| beliebiger Höhe verlangen. Wem die Kasse zu teuer ist, der soll wechseln. | |
| Der neue Sozialausgleich greift - mit allerlei Tücken - erst bei einer | |
| Belastungsgrenze von zwei Prozent. | |
| Der Sozialausgleich: Die genaue Ausgestaltung wird noch so heftig | |
| bearbeitet, dass sich Auskünfte des BMG innerhalb weniger Stunden ins | |
| Gegenteil verkehren. Nach letztem Stand soll der Sozialausgleich so | |
| aussehen: Jeden Herbst wird ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag für die | |
| gesamte GKV berechnet. Krankenkassenmitglieder erhalten einen Ausgleich, | |
| wenn dieser theoretische Wert zwei Prozent ihres Bruttoeinkommens | |
| übersteigt. Ein Beispiel: Frau X verdient 800 Euro brutto. Der | |
| Durchnittszusatzbeitrag wurde mit 20 Euro festgelegt. Frau X erhält 4 Euro | |
| Ausgleich. Wenn ihre Kasse keinen Zusatzbeitrag nimmt, hat X pro Monat 4 | |
| Euro mehr in der Tasche. Will die Kasse aber 30 Euro - und Frau X wechselt | |
| in keine billigere -, muss sie trotz des Sozialausgleichs 26 Euro | |
| Zusatzbeitrag aus eigener Tasche bezahlen. | |
| Steuerbedarf: Für das laufende Jahr sollte niemand mit einem | |
| Sozialausgleich rechnen. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hat | |
| mehrfach verkündet, für 2011 sei das Gesamtsystem "durchfinanziert". Der | |
| Durchschnittszusatzbeitrag dürfte also mit 0 Euro festgelegt werden - | |
| obwohl etliche Kassen schon solche Beiträge nehmen. | |
| Wohltaten für die PKV: Angestellte, die gut genug verdienen, sollen künftig | |
| wieder nach einem Jahr statt nach drei Jahren die GKV verlassen dürfen. | |
| Erstmals seit rund 50 Jahren sinkt außerdem die Verdienstgrenze, ab der der | |
| Wechsel möglich ist - die so genannte Versicherungspflichtgrenze. Aktuell | |
| liegt sie bei 49.950 Euro im Jahr, künftig reicht schon ein Verdienst von | |
| 49.500 Euro, um das Solidarsystem zu verlassen. Am reizvollsten ist der | |
| Wechsel für alleinstehende junge und gesunde Gutverdiener. | |
| 22 Sep 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Katja Schmidt | |
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