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# taz.de -- Richtungsstreit: Wer kauft die arisierte Villa?
> Der Konflikt zwischen verschiedenen Gruppierungen in der Jüdischen
> Gemeinde droht den Verkauf der Villa "Ro 19" durch die GEW zu verhindern.
Bild: Rabbiner Shlomo Bistritzky vom jüdischen Zentrum Chabad Lubawitsch ist u…
Die Jüdische Gemeinde streitet darüber, wer die zur Nazizeit arisierte
Villa in der Rothenbaumchaussee 19 kaufen soll. Noch am Montag hatte der
Vorsitzende der Gemeinde, Ruben Herzberg, einen Plan präsentiert, nach dem
die Besitzerin, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), bereit
sei, die Gründerzeitvilla für nur zwei Millionen Euro an einen jüdischen
Unternehmer zu verkaufen - nach GEW-Angaben 20 Prozent unter dem
Schätzwert. Der Investor wolle das Erdgeschoss auf mindestens zehn Jahre
kostenlos der jüdischen Gemeinde überlassen, so Herzberg. Die restlichen
Stockwerke sollten an die noch heimatlose "Akademie der Weltreligionen" der
Hamburger Universität vermietet werden.
Für die Lehrergewerkschaft GEW wäre der Herzberg-Plan eine elegante
Möglichkeit gewesen, sich einer Immobilie zu entledigen, deren Besitz ihr
viel Kritik eingebracht hat. 1935 war das Haus in bester Lage von den
jüdischen Besitzern weit unter Wert an den Nationalsozialistischen
Lehrerbund verkauft worden. 1954 ging es auf dessen Rechtsnachfolgerin, die
GEW, über.
Der Verkauf mache deutlich, dass sich die GEW endlich zu ihrer historischen
Verantwortung bekenne, sagte Herzberg bei der Vorstellung seines Plans. Er
bitte um Verständnis, dass der Investor seinen Namen bis zur
Vertragsunterzeichnung geheim halten wolle.
Doch am Dienstag stand im Hamburger Abendblatt, dass es sich bei dem
Investor um Burton Feingold handele, einen Freund Herzbergs und Ehemann der
stellvertretenden Gemeindevorsitzenden Karin Feingold. Rabbiner Shlomo
Bistritzky vom jüdischen Zentrum Chabad Lubawitsch wurde mit dem Satz
zitiert, Herzberg lasse "wertvolle Immobilien an seine Günstlinge
verschachern".
Noch in einer Beiratssitzung am Montagabend habe Herzberg nicht verraten
wollen, wer der potentielle Käufer sei, sagt Bistritzky, der mit seiner
Familie vor sieben Jahren aus Israel nach Hamburg kam. Bereits jetzt sei
die Villa in der Rothenbaumchaussee vier oder fünf Millionen Euro wert.
Wenn Feingold die Immobilie nach den zehn Jahren wieder abstoße, könne er
vielleicht acht oder neun Millionen dafür bekommen. Herzberg habe sein Amt
genutzt, um einem Freund ein gutes Geschäft zu verschaffen. "Das finde ich
nicht koscher", sagt Bistritzky.
Ruben Herzberg, im Hauptberuf Leiter des Ganztagsgymnasiums Klosterschule,
findet, dass die Geschichte nun eine "sehr traurige Wendung" nehme. Niemand
habe sich persönlich bereichern wollen. Feingold habe vorgehabt, sich sehr
großzügig zu zeigen, und sei von der Kritik "persönlich angefasst". Rabbi
Bistritzky sei nicht der Gemeinderabbiner, sondern vertrete nur eine
Minderheit. Sein Chabad-Zentrum wolle den Hamburger Juden ihren Glauben
wieder näher bringen. Die Meinungen darüber gingen auseinander.
Auch Rabbi Bistritzky habe bei der GEW ein Interesse am Kauf der Villa
angemeldet, sagt Herzberg. Er habe sie für sein Zentrum kaufen und mit
seiner Familie selbst dort einziehen wollen. In einem Haus wie der Villa in
der Rothenbaumchaussee müsse aber "das ganze Spektrum des jüdischen Lebens
in Hamburg sichtbar werden", sagt Herzberg. Und dafür stehe nun einmal
nicht das Chabad-Zentrum, sondern die Jüdische Gemeinde.
Jetzt ist die Situation verfahren. Nachdem die Kaufpläne öffentlich wurden,
melden sich in der Jüdischen Gemeinde immer mehr Leute, die Interesse
bekunden, die Villa zu kaufen. Ob Feingold weiter als Investor zur
Verfügung steht, ist nicht klar.
22 Sep 2010
## AUTOREN
Daniel Wiese
Daniel Wiese
## TAGS
Judentum
Rabbi
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