# taz.de -- Ermittlungen gegen Vatikanbank: Dubiose Transaktionen | |
> Die Vatikanbank IOR steht wieder im Verdacht, gegen das | |
> Anti-Geldwäsche-Gesetz verstoßen zu haben. 23 Millionen Euro hat die | |
> Staatsanwaltschaft schon beschlagnahmt. | |
Bild: Fühlt sich gedemütigt: Vatikanbankchef Ettore Gotti Tedeschi. | |
ROM taz | Die Vatikanbank IOR ist ins Visier der italienischen Justiz | |
geraten. Am Dienstag beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Rom 23 Millionen | |
Euro auf einem Konto der IOR bei einer italienischen Bank. Zugleich wurde | |
ein Ermittlungsverfahren gegen den IOR-Präsidenten Ettore Gotti Tedeschi | |
sowie gegen den Generaldirektor Paolo Cipriani eingeleitet. Beide müssen | |
sich wegen Verstoßes gegen die Normen zur Verhinderung von Geldwäsche | |
verantworten. | |
Die 23 Millionen waren bei der Bank "Credito Artigiano" deponiert. Am 6. | |
September verlangte das Istituto per le Opere Religiose ("Institut für | |
religiöse Werke") per Fax dann die Weiterüberweisung; 20 Millionen sollten | |
auf ein Konto bei der Frankfurter Filiale von JP Morgan gehen, drei | |
Millionen dagegen auf ein Konto bei einem anderen italienischen | |
Kreditinstitut. | |
Wie es das in Italien seit 2007 gültige Anti-Geldwäsche-Gesetz vorschreibt, | |
wollten die Banker des "Credito Artigiano" vom IOR die Empfänger sowie den | |
Verwendungszweck der Überweisungen erfahren. Eine Antwort der traditionell | |
für höchste Diskretion bekannten Papst-Bankiers gab es jedoch nicht, worauf | |
die Finanzaufsicht der Banca d'Italia und die Staatsanwaltschaft | |
eingeschaltet wurden. | |
Die stellte gestern klar, dass der Vorwurf wenigstens in diesem Moment noch | |
nicht auf Geldwäsche lautet, sondern nur auf Verstoß gegen die | |
Transparenzvorschriften des Anti-Geldwäsche-Gesetzes. Dafür allein kann es | |
aber auch schon bis zu drei Jahre Haft und 50.000 Euro Geldstrafe geben. | |
IOR-Chef Gotti Tedeschi zeigte sich völlig überrascht von dem Zugriff; er | |
fühle sich "gedemütigt", erklärte er, während der Vatikan schlichtweg | |
"empört" sei. Schnell auch reichte er eine Erklärung für die | |
undurchsichtigen Operationen nach. "Überweisungen vom IOR ans IOR" seien | |
das gewesen, eine bloße Umschichtung eigenen Kapitals. Die 20 Millionen, | |
die nach Frankfurt abfließen sollten, seien "eine Investition in deutsche | |
Staatsanleihen gewesen". | |
Der Opus-Dei-nahe Banker steht dem IOR erst seit zehn Monaten vor. Er war | |
eigens gerufen worden, um endlich dafür zu sorgen, dass das IOR seinen | |
ziemlich zweifelhaften Ruf als Geheimbank mit besonderen Kompetenzen für | |
Geldwäsche los wird. Denn jahrzehntelang konnte die Vatikanbank mitten in | |
Rom ganz so agieren, als sei Italiens Hauptstadt ein Offshore-Paradies für | |
Geschäfte der diskreteren Art. Unter der Leitung des Kardinals Paul | |
Marcinkus verstrickte sich das IOR in ein Netz aus betrügerischen Bankiers, | |
Freimaurern der Geheimloge P2 und Mafiabossen. Als 1981 der "Bankier | |
Gottes" und enge Marcinkus-Freund Roberto Calvi mit seinem "Banco | |
Ambrosiano" Bankrott machte, standen mehr als 2 Milliarden minus in den | |
Büchern - eine gute Milliarde davon war jedoch durch Bürgschaften des IOR | |
abgesichert. | |
Seinen Zahlungspflichten aber kam das IOR nicht nach. Am Ende kaufte es | |
sich mit der "freiwilligen Zahlung" von 400 Millionen Dollar von allen | |
weiteren Verpflichtungen frei. Möglich war ihr ein solches Vorgehen nicht | |
zuletzt, weil Italiens Justiz erklärte, die Vatikanbank unterliege nicht | |
ihrem Zugriff. | |
Italiens Justiz macht jetzt aber erstmals deutlich, dass es nicht mehr im | |
Belieben des Vatikan steht, wie viel - oder wie wenig - Transparenz bei den | |
über italienische Banken abgewickelten Geschäften des IOR herrscht. | |
23 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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