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# taz.de -- Pirate-Bay-Berufungsprozess beginnt: Zweite Instanz in aller Stille
> Ab Dienstag prüft ein schwedisches Gericht, ob die Verurteilung der vier
> Pirate-Bay-Macher Bestand hat. Noch immer hat die Seite rund 20 Millionen
> regelmäßige UserInnen.
Bild: Mit dem Totenkopf auf die Straße: Demonstration für "Pirate Bay"-Betrei…
STOCKHOLM taz | Ab Dienstag geht der zähe Kampf um die Filesharing-Seite
[1][Pirate Bay] in die nächste Runde. ”Svea Hovrätt”, das Stockholmer
Landgericht, prüft als Berufungsinstanz die Verurteilung von vier
Pirate-Bay-Machern zu einem Jahr Haft und umgerechnet rund 3 Millionen Euro
Schadensersatz.
Am 17. April 2009 war dieses erstinstanzliche Urteil gegen Gottfrid
Svartholm Varg, Fredrik Neij, Peter Sunde und Carl Lundström ergangen.
Darin hatte das Schöffengericht die Frage, ob die Pirate-Bay-Macher sich
der Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung schuldig gemacht haben, bejaht:
Sie hätten es zumindest billigend in Kauf genommen hätten, dass eine
unbegrenzte Zahl von InternetuserInnen mit Hilfe der von ihnen zur
Verfügung gestellten Plattform unter Anwendung der BitTorrent-Technik
urheberrechtlich geschütztes Material auf ihre eigenen Rechner
herunterladen konnten.
Die Aktivitäten von Pirate Bay hätten – da durch Reklame finanziert - auch
einen kommerziellen Hintergrund gehabt. Für die Höhe des Schadensersatzes
hatte das Gericht anhand von 33 konkreten Fällen von
Urheberrechtsverletzungen – Musikstücke, Filme und Computerspiele – den
Schaden für die Konzerne der Unterhaltungsbranche durch diese illegalen
Downloads geschätzt.
Rechtskräftig wurde dieses Urteil aufgrund der von den Angeklagten
eingelegten Berufung zwischenzeitlich noch nicht. Und auch alle Versuche
der klagenden Konzerne, den Schadensersatz einzutreiben, scheiterten.
Pirate Bay ist zwar nicht mehr die Zentrale im globalen
Filesharing-Netzwerk wie noch vor zwei Jahren, hat nach eigenen Angaben
aber immer noch rund 20 Millionen regelmäßige UserInnen. Man habe Pirate
Bay nicht stoppen können, meint Henrik Pontén, Jurist beim
”Antipiratenbüro”, der Organisation, die das Verfahren für die schwedische
Film- und Computerspielbranche betreibt: Aber mehrere ”Mini-Pirate-Bays”
seien verschreckt worden und hätten ihren Betrieb eingestellt.
Filesharing ist allerdings zumindest in Schweden ein ”Volkssport”
geblieben. Bis heute gab es keine einzige Verurteilung von
Internet-UserInnen, die sich der Bit-Torrent-Technik bedient haben. Und ob
die Konzerne aufgrund eines im April 2009 in Kraft getretenen Gesetzes
überhaupt ein Recht haben, von Internet-Providern die IP-Adresse eines
Users erfahren zu dürfen ist eine Frage, die derzeit dem EU-Gerichtshof in
Luxemburg zur Entscheidung vorliegt.
Hatte das erstinstanzliche Verfahren noch weltweites Echo ausgelöst und
vermutlich dazu beigetragen dass die schwedische ”Piratenpartei” bei den
Europawahlen im Juni 2009 7,1 Prozent der Stimmen gewann uns ins
EU-Parlament einzog, rechnet Ulrika Ihrfelt, eine der drei RichterInnen im
Prozess vor dem ”Svea Hovrätt” nun mit keiner größeren medialen
Aufmerksamkeit: ”Das wird wohl wesentlich ruhiger werden.”
Was auch daran liegt, dass das erstinstanzliche Verfahren im Prinzip nur
wiederholt wird. Wobei die Zeugenaussagen von Band abgespielt und neue
ZeugInnen offenbar gar nicht gehört werden sollen. Bei dem zunächst bis zum
15. Oktober terminierten Verfahren geht es primär um die Frage, ob das
Berufungsgericht die rechtliche Bewertung der ersten Instanz teilt. Und
falls ja, auch dessen Massstäbe für die Berechnung des Schadensersatzes.
”Pirate Bay” wäre aufgrund einer solchen Messlatte eine teuere Webbseite
für die Betreiber, hat kürzlich ein Stockholmer Rechtssoziologe
ausgerechnet: Dann sei nämlich in den letzten Jahren urheberrechtlich
geschütztes Material im Wert von mindestens 70 Milliarden Dollar auf dem
Weg zu den Rechnern der UserInnen über diese Seite verlinkt worden.
Wer bei Pirate Bay nach einem gescheiterten Verkaufsversuch im Herbst
letzten Jahres derzeit eigentlich das Sagen hat, ist nicht so ganz klar.
Spielt aber für den Prozess, dessen Anklage bereits im Januar 2008 erhoben
wurde und die sich um Vorgänge aus dem Jahre 2006 dreht, auch keine Rolle.
Keiner der vier Angeklagten, die mittlerweile in Thailand, Kambodscha,
Deutschland und der Schweiz wohnhaft sind, wollte sich vor Beginn des
Berufungsverfahrens öffentlich zum Prozess äussern. Und das 2003 gegründete
”Piratbyrån”, das ”Piratenbüro” aus dem sich Pirate-Bay einst entwick…
hatte, ist seit Juni geschlossen. Es sei überflüssig geworden und der
Piratenbegriff behindere mehr als er helfe, sagt Rasmus Fleischer, einer
der Gründer. ”Wegen Nachdenkens geschlossen” erfährt man bei einem Klick
auf das [2][Piratenbüro].
26 Sep 2010
## LINKS
[1] http://thepiratebay.org
[2] http://www.piratbyran.org/
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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