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# taz.de -- Die Jugendherberge im Rügener Koloss: "Wir wundern uns wirklich"
> Im nördlichen Teil von Prora entsteht "die längste Jugendherberge der
> Welt". Ein Gespräch über Nazi- und DDR-Geschichte und über die
> touristische Zukunft des Gebäudes am Rügener Strand.
Bild: Rund 4,5 Kilometer lang ist der Gebäudeblock Prora auf Rügen.
taz: 8,1 Millionen Fördergeld für den Ausbau der Jugendherberge im Haus V
des Kolosses von Prora. Wann wird das Projekt fertiggestellt sein?
Karen Löhnert: Im nächsten Juni. Wir sind sozusagen die Initialzündung zur
Wiederbelebung des Blocks. Der Block wurde in mehrere Teile geteilt und
verkauft. Eigentlich ist es bisher nur für diesen Block V gelungen, einen
Bebauungsplan zu entwickeln. Er gehört dem Landkreis Rügen, aber das
Projekt wird nur deshalb umgesetzt, weil viele Jugendliche nicht nur die
Idee hatten, sondern auch dafür gekämpft haben, dass sie Wirklichkeit wird.
Was entsteht in Block V?
Es entstehen insgesamt 96 Zimmer. Es sind 400 Betten mit der Möglichkeit,
auf 500 Betten aufzustocken. Ungefähr 60 Prozent der Zimmer werden eigene
Dusche und WC haben. Es gibt viele Tagungsräume, was eine Ganzjahresnutzung
erlaubt.
Der Verein Denk-MAL-Prora wirft unter anderem dem Jugendherbergswerk vor,
Prora als "Kraft durch Freude"-Bad zu vermarkten und die DDR-Geschichte des
Baus zu unterschlagen. Was sagen Sie dazu?
Wir wundern uns wirklich. Nur in diesem Jahr ist im Prora-Zentrum eine
dreimonatige Sonderausstellung zum Thema Bausoldaten der DDR gelaufen. Dann
gab es die Ausstellung "Prora mehr als nur ein schöner Strand",wo auch die
Geschichte der Bausoldaten, aber auch andere DDR-Themen angesprochen
wurden. Es ist nicht so, dass die DDR Zeit totgeschwiegen wird. Auch in
unserer Verkaufsbroschüre steht drin, wie das Gebäude in der DDR genutzt
wurde. Auch über Bausoldaten wird offen geredet. Ich kann keinerlei
Negierung der DDR-Vergangenheit sehen.
Das Deutsche Jugendherbergswerk ist als gemeinnützig anerkannter Verband
Träger der Jugendhilfe. Worin besteht Ihr Engagement?
Wir sind Beherbergungsbetrieb mit einem Anspruch an inhaltliche Angebote.
Das unterscheidet uns von der normalen Hostelszene. Auch in anderen
Jugendherbergen wie Sachsenhausen oder Ravensbrück geht es uns auch darum,
die Geschichte des Orts, an dem wir uns aufhalten, zu beleuchten. Gegenüber
Kindern und Jugendlichen, die neben jungen Familien weiterhin unsere
Hauptzielgruppe sind, haben wir einen Bildungsauftrag.
Der nördlichste Teil von Prora wird nun vom Jugendherbergswerk genutzt. Was
passiert mit dem langen Rest?
Der andere Bereich des immerhin 4,5 Kilometer langen Kolosses steht im
Moment größtenteils leer. Teilweise wird er von einigen kleineren Anbietern
genutzt für Ausstellungen, Diskotheken und Ähnliches.
Es gibt kein Gesamtkonzept?
Nein, jeder Käufer entwickelt sein Konzept. So sollen Appartements in
Richtung Binz entstehen. Es gibt die Idee eines Sporthotels im mittleren
Teil. Was Genaues weiß man nicht.
Ist die Restaurierung aufwendig?
Es scheint sehr aufwendig zu sein. Interessanterweise rühren viele Probleme
daher, dass der Bau, der auf den ersten Blick völlig normiert und
langweilig aussieht, bei der Vermaßung alles andere als einheitlich ist.
Die Fensterrahmen sind nicht einheitlich, genauso wenig die Türen. So
braucht man in vielen Fällen Einzelanfertigungen.
Wie verortet sich die Jugendherberge Prora selbst im Ferienmarkt
Mecklenburg-Vorpommern?
Zum einen sehen wir uns als internationaler Treffpunkt der Jugend aller
Ostseeanrainerstaaten. Aufgrund der fantastischen Lage am Strand sind wir
aber auch eine ideale, kostengünstige Familiendestination. Familien kommen
sehr gern an die Ostsee. Unsere Familienzimmer sind in allen
Jugendherbergen des Landes - es gibt 550 in ganz Deutschland und 28 hier in
Mecklenburg-Vorpommern - größtenteils mit eigenem Bad ausgestattet
Was kostet ein entsprechendes Familienpauschalangebot?
Da gibt es Wochenendpauschalen mit Kindern und Ausflugsprogramm ab 150
Euro.
Preiswerter Urlaub kommt immer gut an. Welche anderen Qualitäten verkörpert
das Jugendherbergswerk?
Respekt, Toleranz aber auch Mut und Neugier. Am häufigsten verbinden unsere
Kinder und Jugendlichen mit dem Jugendherbergswerk "Gemeinschaft erleben,
Freundschaften schließen, neue Leute kennenlernen" - das ist unsere
Kernkompetenz, die wir auch ins Logo übernommen haben. Darin sind wir nicht
austauschbar.
27 Sep 2010
## AUTOREN
Edith Kresta
## TAGS
Reiseland Deutschland
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